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    Mission: Impossible 7 - Dead Reckoning
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    5,0
    Meisterwerk
    Mission: Impossible 7 - Dead Reckoning

    160 Minuten pures Gänsehaut-Kino!

    Von Christoph Petersen

    Im siebten Teil der „Mission: Impossible“-Kinoreihe bekommt es Top-Agent Ethan Hunt mit seinem bislang mächtigsten Gegner zu tun: Die einfach nur Entität genannte Künstliche Intelligenz kann jeden und alles manipulieren, nachdem sie sich über Monate hinweg unentdeckt in jedes (Geheimdienst-)Netzwerk des Planeten eingehackt hat. Es gibt kein Telefongespräch, keinen Videocall und kein Datenpaket mehr, dem man noch trauen kann – das Prinzip von Wahrheit an sich scheint sich endgültig aufzulösen. Die CIA ist schon hektisch dabei, alles auf Papier auszudrucken, um so zumindest noch ein paar Erkenntnisse zu sichern: Analoge Technik als letzter Rettungsanker in einer zunehmend durchdigitalisierten Welt – und genau so könnte man auch „Mission: Impossible 7 - Dead Reckoning Teil Eins“ selbst beschreiben:

    Natürlich ist der Film wie jeder Blockbuster dieser Größenordnung vollgestopft mit digitalen Effekten, aber im Gegensatz zur Konkurrenz von MARVEL, DC und „Fast & Furious“ sind die Pixel hier nie selbst die Attraktion! Stattdessen dienen sie lediglich dazu, dem Berufs-Hasardeur Tom Cruise die passende Bühne zu bereiten: Es macht nicht nur einen, es macht sogar DEN Unterschied, dass sich der „Top Gun“-Star gleich am ersten Tag der Dreharbeiten tatsächlich auf einem Motorrad über einen Bergvorhang gestürzt hat. Und dann kommen in diesem Fall auch noch ein grandios-verdichtetes Skript, fantastisch aufgelegte Co-Stars und eine makellose Inszenierung von Christopher McQuarrie dazu: Einen durchgehend dermaßen spannenden und spaßigen Action-Thriller haben wir seit Jahren nicht gesehen!

    Es macht einfach DEN Unterschied aus, dass Tom Cruise wirklich mit seinem Motorrad über die Bergklippe gesprungen ist!

    Eine sich verselbstständigte KI hat sich in den globalen Netzwerken eingenistet – noch ist allerdings nicht klar, mit welchem Ziel. Gestoppt oder zumindest unter Kontrolle gebracht werden kann sie nur mit Hilfe eines zweiteiligen Schlüssels – und so wird der Impossible-Mission-Force-Agent Ethan Hunt (Tom Cruise) mit dem Auftrag betraut, zumindest die eine Hälfte des Schlüssels wiederzubeschaffen. Diese befindet sich aktuell im Besitz einer alten Bekannten: Ilsa Faust (Rebecca Ferguson) muss sich und ihren wertvollen Besitz gerade mitten in einem Sandsturm in der Arabischen Wüste gegen eine kleine Armee von Kopfgeldjäger*innen verteidigen.

    Viel schwieriger ist allerdings, auch noch die andere Hälfte zu finden – und selbst dann wäre ja noch nicht mal klar, in welches Schloss der Schlüssel überhaupt passt. Nach einem Zusammenstoß in Abu Dhabi muss sich Hunt deshalb mit der Taschendiebin Grace (Hayley Atwell) zusammentun, um die nahezu allwissende und allsehende „Entität“ doch noch auszutricksen. Dabei trifft er in Venedig nicht nur auf die bereits aus „Mission: Impossible Fallout“ bekannte Waffenhändlerin The White Widow (Vanessa Kirby), sondern auch auf Gabriel (Esai Morales), der sich als williger Handlanger der KI erweist und dem Hunt einen der dunkelsten Momente seiner Vergangenheit „verdankt“…

    Qualität statt Überwältigung

    „Mission: Impossible 7 - Dead Reckoning Teil Eins“ hat zwar – auch wegen zahlreicher Covid-Komplikationen bei den Dreharbeiten – an die 300 Millionen Dollar gekostet. Aber Christopher McQuarrie, der auch schon für die beiden Vorgänger „Rogue Nation“ und „Fallout“ verantwortlich zeichnet, beteiligt sich trotzdem nicht am universellen Überwältigungs-Wettrüsten im Blockbuster-Geschäft, zumal dieses das Publikum ja in letzter Zeit ohnehin immer häufiger unterwältigt zurückgelassen hat. So kommt etwa die längere Sequenz am Flughafen in Abu Dhabi, in der es gleich mehrere Parteien auf die Schlüsselhälften abgesehen haben und auch die „Entität“ noch ihre perfiden „Finger“ mit im Spiel hat, gleich ganz ohne spektakulären Knalleffekt aus (abgesehen vom übers Dach laufenden Tom Cruise, der selbst jenseits der Sechzig so energetisch sprintet wie kein anderer Star in der Geschichte Hollywoods).

    Stattdessen entpuppt sich „Dead Reckoning Teil Eins“ immer wieder als Meisterklasse des Suspense-Kinos – statt laut und krachend und pixelig ist der siebte „Mission: Impossible“-Blockbuster von der ersten Szene an elegant, cool, immer überraschend und schlichtweg sauspannend! Natürlich sind die in der Überschrift dieser Kritik versprochenen „160 Minuten pures Gänsehaut-Kino“ eine gewisse Übertreibung – aber das liegt nicht etwa daran, dass der Film irgendwelche Längen hätte, sondern allein am treffsicher-charmanten Humor, der trotz der permanenten Anspannung für eine erfrischende Lockerheit sorgt: Dass Ethan Hunt bei ihren neckischen Schlagabtäuschen perfekt mit seinem Hacker-Duo Benji (Simon Pegg) und Luther (Ving Rhames) harmoniert, wissen wir längst – aber nun entpuppen sich Tom Cruise und Hayley Atwell („Agent Carter“) auch noch als wunderbar eingespieltes Screwball-Duo.

    Hayley Atwell ist als Neuzugang für die „Mission: Impossible“-Reihe ein absoluter Volltreffer!

    Dass Cruise und McQuarrie es mit der Action nicht zu sehr übertreiben (oder sich den ganz großen Knall vielleicht auch einfach bis zum zweiten Teil im nächsten Jahr aufsparen), ist definitiv kein Nachteil, ganz im Gegenteil: Eine Verfolgungsjagd durch Rom im bananengelben Fiat 500 braucht nicht wie in „Fast & Furious 10“ eine riesige Metallkugel-Bombe, um dem Publikum den Atem zu rauben, während die Handkanten-Action in Venedig eine ähnliche Energie entwickelt wie zuletzt das Finale von „John Wick 4“ (zumal McQuarrie hier auch mit erstaunlich verspielten, aber dennoch immens effektiven Kamerawinkeln arbeitet, um die Enge der kleinen Gassen der italienischen Lagunenstadt zu unterstreichen).

    Seit Monaten konzentriert sich das Marketing zum Film auf Tom Cruises spektakulären Motorradsprung, der im Making-of-Video auf YouTube wenig bescheiden sogar als „Biggest Stunt In Movie History“ bezeichnet wird. Aber im Film selbst ist der Sprung kaum mehr als der Auftakt zu einem pulstreibenden Showdown der Extraklasse: Nicht nur stellen die Szenen auf dem Orientexpress in Richtung Innsbruck die Zug-Sequenz am Anfang von „Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ aber mal sowas von in den Schatten, selbst der längst legendäre Zug-im-Tunnel-Moment aus dem allerersten „Mission: Impossible“-Blockbuster von Meisterregisseur Brian De Palma wird hier noch übertroffen. Und dann erst das Finale, dem der Titel „Action-Sequenz des Jahres“ kaum noch zu nehmen sein wird – wie eine vertikale Verkettung von Escape Rooms, schlichtweg atemberaubend…

    Sein bislang mächtigster Gegner

    Die Allmacht der „Entität“ sorgt dafür, dass man sich an einigen Stellen des Film schon fragt, warum sie nicht einfach selbst dem einen oder anderen Störenfried (wie z.B. eben Ethan Hunt) den Garaus macht – Chancen dazu hat sie ja schließlich genug. Aber bevor man die innere Logik des Films auseinandernimmt, sollte man eben erst noch „Dead Reckoning Teil Zwei“ abwarten – denn erst dann wird sich der ganze Plan der KI offenbaren. Schon in „Dead Reckoning Teil Eins“ verdammt wirkungsvoll ist hingegen die Verknüpfung der globalen Bedrohung mit der ganz konkreten Person Ethan Hunt (inklusive seiner nebulösen Vergangenheit und damit irgendwie auch der gesamten Filmreihe). Auch das könnte sich alles am Ende des nächsten Films noch als totaler Bullshit entpuppen – aber Stand jetzt ist es so viel besser gelungen als etwa in „James Bond – Spectre“, mit dem die 007-Reihe nur ihre eigene Mythologie beschädigt hat.

    Sollte sich Tom Cruise tatsächlich, wie ja schon öfter zu hören war, mit dem „Dead Reckoning“-Doppel von der Reihe verabschieden, tritt er definitiv auf einem Höhepunkt seiner Agenten-Karriere ab. Zumal die (vermeintliche) Allmacht des Widersachers bislang noch nicht dazu führt, dass sich die Unmengen an Twists irgendwie beliebig anfühlen – ganz im Gegenteil: „Dead Reckoning Teil Eins“ wirkt so sehr wie aus einem Guss wie schon lange kein Blockbuster mehr – man gleitet regelrecht durch die elegant komponierten zweieinhalb Stunden, ohne dabei so recht zu merken, wie die Zeit vergeht. Und dann plötzlich … 2024 geht’s mit „Dead Reckoning Teil Zwei“ weiter! Aber wenn ein Film so gnadenlos gut unterhält wie „Mission: Impossible 7“, dann nimmt man dafür doch selbst einen Cliffhanger samt einjähriger Wartezeit gern in Kauf…

    Fazit: Mit „Dead Reckoning Teil Eins“ zementiert die „Mission: Impossible“-Reihe endgültig ihren Status als absoluter Goldstandard des modernen Blockbuster-Kinos – wir fiebern „Dead Reckoning Teil Zwei“ (Start: Juni 2024) jetzt jedenfalls noch mehr entgegen als damals „Avengers: Endgame“ nach dem Fingerschnipser-Cliffhanger in „Infinity War“.

     

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