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    Lotte und die verschwundenen Drachen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Lotte und die verschwundenen Drachen

    Der dritte Teil ist genauso toll wie seine Vorgänger!

    Von Michael Meyns

    Mit amerikanischen Großproduktionen können sich europäische Animationsfilme einfach nicht messen, zumindest was Aufwand und Qualität der Bilder angeht. Ganz anders sieht es hingegen bei den Inhalten aus, bei denen Hollywood durch die Erwartungen eines Massenpublikums oft eingeschränkt wirkt – wer mehr als 100 Millionen Dollar für einen einzigen Film ausgibt, der muss zwingend auch das breitestmögliche Publikum ansprechen. Wie ungewöhnlich, originell, immer wieder skurril und surreal Animationskino auch sein kann, zeigt da zum Beispiel der estnische Film „Lotte und die verschwundenen Drachen“. Zum dritten Mal begibt sich das Regieduo Janno Põldma und Heiki Ernits in die Welt des kleinen Hundemädchen Lotte, deren Abenteuer sie diesmal auf eine weite Reise ins Land der Drachen führt.

    Endlich bekommt das Hundemädchen Lotte eine Schwester. Roosi wird sie getauft und bekommt von Lotte fortan die Merkwürdigkeiten der Welt erklärt, in der sie aufwächst. Von Maulwürfen, Insekten und diversen anderen Tieren ist sie bevölkert, doch eines Tages kommt mit einem Floß ein besonders ungewöhnliches Tier angeschwemmt: Der Waschbär Karl, der in seiner Hemdtasche den Fisch Viktor mit sich rumträgt. Karl ist auf einer Reise um die Welt, um traditionelle Gesänge aufzunehmen. Besonders eine Spezies reizt ihn: feuerspeiende Drachen! Doch wo die sich versteckt halten, weiß leider niemand so genau. Kurzentschlossen beschließen Lotte und Roosi, Karl zu begleiten. Der Beginn einer aufregenden Reise...

    Seit den 80er Jahren arbeiten Janno Põldma und Heiki Ernits schon zusammen. Gemeinsam drehten sie etliche Kurzfilme, bevor ab Ende der 90er Jahre dann die ersten Langfilme entstanden. Im Jahr 2000 ersannen sie die Figur des Hundemädchens Lotte, die zunächst in einem nur auf Video veröffentlichten Film auftrat, aber nun schon ihr drittes Leinwandabenteuer erlebt: So wie „Lotte im Dorf der Erfinder“ (2007) und „Lotte und das Geheimnis der Mondsteine“ (2012) ist auch „Lotte und die verschwundenen Drachen“ ein Ausbund an Originalität und Phantasie.

    Will man beschreiben, was diese estnische Produktion so besonders macht, kommt man nicht umhin, sie mit den Erzählmustern von typischen Hollywood-Animationsfilmen zu vergleichen. Diese haben bei Disney und noch mehr bei Pixar in den vergangenen ein, zwei Jahrzehnten fraglos eine visuelle Qualität erreicht, die schlicht atemberaubend ist. Doch gerade die schier unbegrenzten Möglichkeiten der Computertechnik sorgen auch für einen gewissen visuellen Overkill, bei dem oft nur noch die schiere Überwältigung im Zentrum steht. Dass zudem gefühlt jeder zweite Hollywood-Animationsfilm mit einer ausufernden Verfolgungsjagd endet, ist inzwischen auch nur noch ein eher ermüdender Standard.

    Mit viel geringerem Budget entstandene europäische Animationsfilme gehen hingegen im Bewusstsein, visuell ohnehin nicht mit Hollywood mithalten zu können, einen, wenn nicht gar zwei Schritte zurück. Statt nach Fotorealismus zu streben, werden oft grob gezeichnete Figuren bevorzugt, die mit ihren klaren Formen gleich auch viel näher am klassischen Kinderbuch sind. Diesen Ansatz wählen auch Põldma und Ernits in ihren Lotte-Filmen, allerdings mit einem Dreh: So naturalistisch die meisten Figuren wirken, so skurril und oft fast schon surreal mutet die Welt an, in der sie ihre Abenteuer erleben.

    Nahtlos bewegen sich Lotte und Roosi hier etwa von ihrem Heimatdorf, in dem Maulwürfe unter dem Beet nicht in dunkle, feuchten Gängen hausen, sondern in einer exquisit ausgestatteten Wohnung, in eine Stadt der Wiesel, die mit gepackten Koffern unterwegs sind, in die Welt der Drachen, deren Familienstreit ungewollte Folgen hat. Nicht auf eine besonders zwingende Geschichte oder gar ein rasantes Finale kommt es hier an, sondern auf immer wieder überraschende, ungewöhnliche Momente. Dass die Geschichte zudem auch noch ohne besonders aufdringliche Moral erzählt wird, macht „Lotte und die verschwundenen Drachen“ erst recht zu einem kurzweiligen, sympathischen Animationsvergnügen.

    Fazit: In ihrem dritten Kinoabenteuer führt es das kleine Hundemädchen Lotte diesmal bis in die Welt der Drachen. Doch bis sie dort ankommt, erlebt sie erst einmal eine ganze Reihe ungewöhnlicher, skurriler und aufregender Abenteuer.

    Wir haben „Lotte und die verschwundenen Drachen“ im Rahmen der Berlinale 2019 gesehen, wo er in der Sektion Generations gezeigt wurde.

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