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    Brahms: The Boy II
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Brahms: The Boy II

    Die Mörderpuppe für Menschen mit Kultur

    Von Christoph Petersen

    Der Horror-Schocker „The Boy“ entwickelte sich 2016 zu einem beachtlichen Kinoerfolg: In den USA stand am Schluss ein Einspielergebnis von mehr als 35 Millionen Dollar einem Budget von nur zehn Millionen Dollar gegenüber – und in Deutschland landete „The Boy“ mit fast 300.000 Kinobesuchern exakt zwischen den beiden vorab sehr viel höher eingeschätzten Produktionen „Die Unfassbaren 2“ und „Tschiller: Off Duty“. Fast noch erstaunlicher aber: Obwohl „The Boy“ sich nicht auf eine bekannte Marke stützen konnte, war er sogar erfolgreicher als der im vergangenen Jahr gestartete „Child’s Play“-Reboot. Auch im direkten Vergleich der Mörderpuppen hat Brahms also gegen Kult-Killer Chucky einen beachtlichen Sieg davongetragen.

    Klar muss da ein zweiter Teil her. Aber erzählerisch hat Drehbuchautor und Brahms-Erfinder Stacey Menear sein Pulver offenbar schon in „The Boy“ nahezu vollständig verschossen: Der erste Teil konnte sich mit den strengen Hausregeln, die die Puppe für ihre „Besitzer“ aufstellt, sowie dem überraschenden Twist um einen in den Wänden des Anwesens hausenden Serienkiller noch eine gewisse Eigenständigkeit im proppenvollen Puppenhorror-Genre erarbeiten. Aber im erneut von William Brent Bell („The Devil Inside“) inszenierten „Brahms – The Boy 2“ wird die Mythologie nur gerade soweit erweitert, dass sich das Aufeinandertreffen einer neuen Familie mit der kultivierten Porzellanpuppe nicht wie eine bloße Eins-zu-Eins-Kopie des Vorgängers anfühlt.

    Manches sollte man lieber vergraben lassen - die Puppe Brahms gehört auf jeden Fall dazu!

    Nachdem maskierte Männer in ihr Haus eingedrungen sind, leidet Liza (Katie Holmes) unter den psychischen Folgen. Noch schwerer hat es allerdings ihren Sohn Jude (Christopher Convery) getroffen, der seit jener Nacht gar nicht mehr spricht, sondern alles nur noch mit einem Filzstift auf einen Notizblock schreibt. Irgendwann wird das alles zu viel – und die Familie um Vater und Ehemann Sean (Owain Yeoman) entscheidet sich, aufs Land zu ziehen. Und zwar genau in das Gasthaus von jenem Anwesen, in dem sich einige Jahre zuvor die Geschehnisse aus „The Boy“ abgespielt haben. Und tatsächlich: Es dauert nicht lange, bis Jude eine verbuddelte Porzellanpuppe im Wald findet, von der nur noch einer der Arme aus dem Boden hervorschaut. Der stumme Finder tauft sie auf den Namen Brahms...

    Im Gegensatz zum betont proletarischen, dauerfluchenden Chucky, der sich auch in seinem Reboot wieder durch eine Chicagoer Sozialbausiedlung schnetzelt, geht es bei Brahms auf seinem Anwesen (selbst wenn der Film diesmal überwiegend nicht im Herrenhaus, sondern nur in der Gästeunterkunft spielt) auch diesmal wieder sehr viel kultivierter und aristokratischer zu. Immerhin ist er nach einem berühmten Komponisten benannt, da darf man schon was auf sich halten – und jede Menge sehr spezifische Regeln aufstellen, an die sich dann alle anderen Hausbewohner sklavisch zu halten haben:

    Wer sich nicht an die Regeln hält, hat in der Regel dann auch nicht mehr lange zu leben...

    Auch sonst ist alles beim Alten: Während sich das Kind immer mehr mit der Puppe anfreundet, halten die Erwachsenen die aufgestellten Regeln für einen dummen Scherz, bis sie schließlich doch noch eines Besseren belehrt werden. Eine hinlänglich bekannte Konstellation, die sich im Fall von „Brahms – The Boy 2“ aber schon deshalb frischer als üblich anfühlt, weil mit Judes Sprachverweigerung auch ein paar neue Ideen und Variationen in das eigentlich ausgelutschte Szenario kommen. (Die Figur von Katie Holmes liest unterdessen ein Selbsthilfebuch, was insofern amüsant ist, dass der ehemalige „Dawson`s Creek“-Star bereits in wenigen Monaten auch noch in der Ratgeber-Verfilmung „The Secret – Das Geheimnis“ in einer Hauptrolle zu sehen sein wird.)

    An der Gruselfront sieht es unterdessen eher mau aus. Ein paar Jumpscares, einige atmosphärische Einstellungen des britischen Landsitzes – aber trotz einer sichtbaren handwerklichen Qualität und einem erneut gelungenen Puppendesign kaum mal etwas, woran man sich noch länger erinnern würde. Am ehesten bleiben da noch die schön schwarzhumorigen Momente hängen, etwa wenn ein echtes Arschlochkind zu Besuch kommt (laut Brahms Regeln strengstens verboten!) und man schon nach dem unheilverkündenden Abbrechen einer plötzlich ganz spitzen Krocket-Stange sehr genau weiß, was da gleich in den nächsten Minuten irgendwann passieren wird...

    Ein Twist lässt sich nicht einfach so wiederholen

    Nachdem der erste Teil mit einem großen Twist geendet ist, musste natürlich auch in der Fortsetzung wieder irgendeine Art von Überraschung her – aber der „Twist“, der zumindest eine gewisse tiefere Tragik in die Puppen-Mythologie hineinträgt, fühlt sich weder sonderlich clever noch sonderlich weltbewegend an. Man merkt, dass hier mit aller Kraft versucht wurde, die Geschichte hinter Brahms noch irgendwie größer zu machen, als sie es nach dem Originalfilm war. Aber das misslingt. Am Ende fühlt sich „Brahms – The Boy 2“ mit seinem beschränkten Personal und der weitgehenden Beschränkung auf einen Schauplatz (das Herrenhaus hat im ersten Teil einfach mehr hergemacht) sogar kleiner an.

    Fazit: Es gibt abgesehen vom überraschenden Erfolg des Vorgängers eigentlich keinen guten Grund, warum „Brahms – The Boy 2“ überhaupt existiert – trotzdem ist das Ergebnis ein zumindest handwerklich weitgehend solider Puppen-Schocker mit dem einen oder anderen gelungenen Einfall.

     

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