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    Being Mario Götze - Eine deutsche Fußballgeschichte
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Being Mario Götze - Eine deutsche Fußballgeschichte
    Von Michael Meyns

    Wie geht man damit um, wenn man mit 22 Jahren bereits den Höhepunkt seines Lebens erreicht hat? Diese Frage ist der Dreh- und Angelpunkt im Leben von Fußballstar Mario Götze. Und sie steht damit auch im Zentrum der Dokumentation „Being Mario Götze - Eine deutsche Fußballgeschichte“, für die Aljoscha Pause („Trainer!“) den Fußballer sieben Monate lang begleitet hat. Dabei kommt vor allem Götze selbst zu Wort, der nicht immer die beste Figur macht. Am Ende des überlangen Films bleibt ein zwiespältiges Bild des Spielers zurück, der Deutschland 2014 zum Weltmeistertitel schoss und seitdem versucht, den Erwartungen der Öffentlichkeit gerecht zu werden.

    Kaum ein Fußballer stand in den vergangenen Jahren so sehr im Mittelpunkt der Öffentlichkeit wie Mario Götze. Und das soll etwas heißen, ist doch kaum etwas in Deutschland so wichtig wie Fußball und all die Geschichten, die um ihn herum geschrieben werden. Für viele ist Götze dabei die Reinform des modernen Spielers: Er kommt in jungen Jahren zu Erfolg und Ruhm, verdient viel zu viel Geld, sondert in den Medien nur Banales ab und denkt nur an sich selbst. Dass Götze seine Karriere auch noch zwischen den beiden deutschen Großvereinen Borussia Dortmund und Bayern München verbringt, die beide geliebt wie gehasst werden, setzt dem Ganzen dann nur noch die Krone auf.

    Götzes Geschichte ist untrennbar mit Jürgen Klopp verbunden, unter dem er als 17-Jähriger bei Borussia Dortmund debütiert, 2011 und 2012 Meister wird und den er vor allem als Trainer in Erinnerung hat, der ihn am besten behandelt hat. Doch 2013 trennen sich ihre Wege, als Götze in München von Pep Guardiola trainiert werden will. Diese Entscheidung wird in dem deutlich Dortmund-lastigen Film als Wendepunkt betrachtet. Denn während kein aktueller Vertreter Bayern Münchens zu Wort kommt (allein die ehemaligen Bayern-Angestellten Toni Kross und Matthias Sammer sind zu sehen), dürfen etliche Dortmund-Spieler, Präsident Hans-Joachim Watzke und Ex-Trainer Klopp unverhohlen andeuten, dass der Leistungsverein Bayern München für den sensiblen Götze nicht das richtige gewesen sei.

    Götze selbst nutzt die Gelegenheit, um zwar die Fachkompetenz seiner Trainer herauszustellen, aber auch zu betonen, dass ihnen in seinen Augen die menschliche Seite fehlte. So wirkt es durchaus ein wenig jammervoll und kaum selbstkritisch, wenn Götze immer wieder beklagt, nicht gut genug behandelt worden zu sein. Als jahrelang mediengeschulter Fußballer drückt er sich zwar gewählt aus, doch zur wirklichen Selbstreflektion, zu der etwa Thomas Broich, Protagonist von Pauses „Tom Meets Zizou“ in der Lage war, ist Götze nicht fähig. Dabei ist seine Geschichte durchaus symbolisch für den Umgang der Öffentlichkeit mit Idolen und Berühmtheiten zu verstehen.

    Die stärkste Passage der Dokumentation ist dann auch die, wenn Götzes Zeit nach dem entscheidenden WM-Tor thematisiert wird: Ein Erfolgsmoment, der nicht zu toppen ist und die Erwartungen an den Fußballer ins Unermessliche steigert. Selbst wenn er fortan sehr gut spielt (und seine Tore und Vorlagen belegen, dass er das tut), wird das nur achselzuckend hingenommen. Eine Einstellung, die noch dadurch gestärkt wird, dass alle beim FC Bayern in jedem Spiel einen Sieg erwarten, gute Leistungen also schon als enttäuschend gewertet werden. Dass diese Spirale aus übertriebenen Erwartungen, die schlichtweg nicht erfüllt werden können, an der Seele, vor allem der eines so jungen, sensiblen Spielers wie Götze, nagen muss, ist verständlich und verleiht seiner Geschichte eine tragische Größe.

    Eine Geschichte übrigens, die fast, aber eben auch nur fast, doch noch ein großes Happy End bekommen hätte, sowohl in der Realität als auch im Film. Die Dokumentation arbeitet sehr deutlich auf den Moment seiner Nominierung für die WM in Russland hin und hätte diese erhoffte Rückkehr auf die Fußballbühne wohl auch gern als Finale eingeplant. Doch es kommt anders, wie man weiß: Das lässt den Film ein wenig unsanft enden, ist für Götze aber wohl nicht nur von Nachteil: Angesichts der Reibungsfläche, die er immer noch bietet, war es für ihn Geschenk des Himmels, nicht am Ausscheidungs-Desaster in Russland beteiligt zu sein.

    Fazit: In seinem detailreichen, etwas ausufernden Film „Being Mario Götze“ versucht Aljoscha Pause der Seele eines der besten und umstrittensten Fußballer Deutschlands nahe zu kommen, was dank vieler Interviews mit Götze und anderen Prominenten des Fußballsports auch gelingt und zu interessanten Einsichten in den Medienzirkus rund um die Bundesliga führt.

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