Hulk Hogan -> Dwayne Johnson -> Dave Bautista
Von Oliver KubeAls Dave Bautista zu Beginn des Jahrtausends seine Laufbahn als professioneller Wrestler begann, avancierter er nach einer relativ kurzen Zeit in der zweiten Reihe schnell zum Superstar: Unter anderem wurde er sechsmal WWE-Champion und machte sich nebenher auch als Mixed-Martial-Arts-Kämpfer einen Namen. Als er schließlich bemerkte, dass sein Körper sich nicht mehr so schnell wie gewohnt von den Blessuren der Ringauftritte erholte, beschloss er, es mit der Schauspielerei zu probieren. Zunächst noch hauptsächlich in Action-Rollen als Schläger und Bösewicht zu sehen, folgte sein Durchbruch zum Leinwandstar dann aber ausgerechnet mit einem eher komödiantischen Part als Mitglied der „Guardians Of The Galaxy“. Seither wird der 1969 geborene Amerikaner auch in zunehmend anspruchsvolleren und prestigeträchtigeren Projekten wie „Blade Runner 2049“, „James Bond: Spectre“ oder „Dune“ besetzt, während er sich nebenher auch immer wieder spaßige Parts in Filmen wie „The Boss“ oder „Stuber - 5 Sterne Undercover“ gönnt.
Diese neue Vielseitigkeit entspricht exakt den Plänen des Kino-Hünen. Denn er möchte laut einem Interview mit der Tampa Bay Times als vielseitiger, ernstzunehmender Charakterdarsteller wahrgenommen werden. Eine Karriere als reiner Popcorn- und Franchise-Star, wie sie der ebenfalls vom Wrestling gekommene „Jumanji“-Titan Dwayne Johnson aktuell mit riesigem Erfolg vorlebt, interessiere ihn nicht. Und trotzdem: Es scheint ein ungeschriebenes Gesetz zu sein, dass jeder Wrestling-Riese nach dem Sprung nach Hollywood zumindest einmal eine Komödie mit kleinen Kindern drehen muss – das liegt einfach zu nahe, um es nicht zu machen. Und so hat Dave Bautista nach Hulk Hogan und „Mr. Babysitter“ sowie Dwayne Johnson und „Daddy ohne Plan“ nun die ähnlich gelagert, harmlos-leichte Action-Komödie „Der Spion von nebenan“ gemacht.
Zwei der besten CIA-Agenten - nur gegen eine aufgeweckte Neunjähirge haben sie keine Chance!
CIA-Agent JJ (Dave Bautista) sorgt mit seiner hemdsärmeligen Art zwar durchaus für Ergebnisse, hinterlässt dabei allerdings regelmäßig eine Schneise der Zerstörung. Nach einem besonders kostenintensiven Einsatz wird er von seinem Boss (Ken Jeong) deshalb erst einmal für einen simplen Überwachungs-Job eingeteilt. Es geht darum, die unschuldige Witwe und die kleine Tochter eines ermordeten Verbrechers zu beobachten. Die Behörden hoffen, dass der Bruder des Toten, ein international gesuchter Gangsterboss (Greg Bryk), sich bei ihnen meldet. Während Mutter Kate (Parisa Fitz-Henley) nichts bemerkt, ist die kleine Sophie (Chloe Coleman) allerdings schlauer, als JJ und seine Kollegin Bobbi (Kristen Schaal) erwartet hätten. Die aufgeweckte Neunjährige entdeckt umgehend die Kameras sowie Mikrofone in ihrer Wohnung und bekommt zudem heraus, dass diese ins Apartment nebenan senden. Anstatt die Operation auffliegen zu lassen, hat Sophie einen Vorschlag für JJ: Sie hält den Mund. Im Gegenzug muss er sie allerdings zu einer Nachwuchsspionin ausbilden...
Regisseur Peter Segal („Manhattan Queen“) startet seinen Film in einer Tiefgarage mit einem illegalen Deal, der natürlich sofort schiefläuft. Beleuchtung, Score und Kameraeinstellungen lassen auf einen düsteren, potenziell schwer gewalttätigen Thriller der härteren Gangart schließen. Zu dem Zeitpunkt dürften manche Eltern, die mit ihrem Nachwuchs im Kinosaal sitzen, schon beginnen, panisch nach den Tickets zu suchen, um nachzuschauen, ob man sich vielleicht in den falschen Saal verlaufen hat. Doch bevor es richtig zur Sache geht, gibt es bereits erste Anzeichen, dass es sich hier wohl doch um eine Komödie handeln muss. Beispielsweise sind die osteuropäischen Akzente der Bösewichte völlig cheesy und überzogen. Dann baut sich der von Bautista gespielte Held breitschultrig vor dem Oberbösewicht auf – nur um mitten in der angespannten Situation erst mal eine Anspielung auf die Julia-Roberts-RomCom „Notting Hill“ abzulassen. Das folgende Action-Gewitter lässt mit seinen überdrehten Einstellungen und Effekten schließlich keinen Zweifel mehr: Trotz diverser Todesfälle darf nicht nur, es soll sogar gelacht werden.
Dieser Maßgabe wird der Rest des Films von „Die nackte Kanone 33 1/3“-Veteran Peter Segal leider nicht durchgehend gerecht. Dafür sind viele der Jokes viel zu absehbar. Andere laufen hingegen ins Leere, weil sie schlichtweg zu platt sind, etwa wenn JJ mit Sophie Schlittschuhlaufen geht und dabei einigen der Kids, die die Kleine hänseln, eine Lektion erteilt. Der Drax-Darsteller zeigt neben einem Talent für trockene Pointen dennoch auch jede Menge liebenswerten Teddybär-Charme. Der kommt sogar rüber, wenn er allein mit der Songauswahl seines Autoradios kämpft oder sich mit seinem Zierfisch unterhält. Am besten ist der fast zwei Meter große, locker über zwei Zentner schwere Muskelprotz allerdings, wenn er sich das Scheinwerferlicht mit der bisher hauptsächlich durch TV-Gastrollen („Big Little Lies“, „Transparent“) bekannten Jungmimin Chloe Coleman teilt.
Zwischen dem schon rein optisch so unterschiedlichen Gespann herrscht eine zauberhafte Chemie und man merkt dem Schauspielkoloss jederzeit an, wie viel Spaß es ihm macht, sich von der halben Portion zunächst herumkommandieren und intellektuell vorführen zu lassen, um dann später eine Art großen Bruder, Ersatzvater und Beschützer für sie zu geben. Trotz der handelsüblichen Überspitzungen wirken diese Momente im Kern immer authentisch. Und das nicht nur bei intimen, von Segal gut getimten Segmenten, in denen JJ seiner Schülerin lässige Oneliner beibringt. Ihr Zusammenspiel funktioniert selbst dann, wenn die Umstände gnadenlos konstruiert sind – etwa als das Mädchen darum bittet, ihr neuer Freund solle ihr doch einmal zeigen, wie man einen coolen Abgang à la Tom Cruise in „Mission: Impossible“ vor dem Hintergrund einer gigantischen Explosion hinlegt.
Das hätte selbst Tom Cruise nicht cooler hinbekommen!
Nach dem unvermeidlichen Auftauchen des Bösewichts gibt es einige solcher Action-Setpieces, die – aufgrund der schwankenden Effekt-Qualität – mal mehr, mal weniger überzeugen. Ähnlich sieht es bei den Nebenfiguren aus. Während Parisa Fitz-Henley als Sophies Mama wenig Gehaltvolles zu tun bekommt und auch das Talent von Ken Jeong aus der „Hangover“-Reihe als JJs Vorgesetzter bis auf zwei, drei Wortwitze verschenkt wird, sorgt die von Kristen Schaal („The Last Man On Earth“) gespielte Tech-Assistentin mit ihrer nerdigen Art für diverse Schmunzler und auch den einen oder anderen lauteren Lacher. Das Herz des Films bleibt derweil die Beziehung zwischen dem kess und forsch auftretenden, dabei im Grunde ganz schön verletzlichen Mädchen sowie dem mit rauer Schale plus butterweichem Kern ausgestatteten Agenten.
Wer Bautistas Auftritt in „Stuber - 5 Sterne Undercover“ mochte, wird ihn hier ähnlich klasse finden. Aufgrund der etwas breiteren Emotionspalette, mit der er seine Figur malen darf, vielleicht sogar noch besser. Allzu verschieden sind die Charaktere beider Filme allerdings nicht. Wobei es eindeutig das Zusammenspiel von Bautista und Coleman ist, das den nahezu komplett vorhersehbaren „Der Spion von nebenan“ zu einem halbwegs netten Zeitvertreib macht. Dank des toll harmonierenden Duos ist man als Zuschauer gar versucht zu verzeihen, dass das Drehbuch der Brüder Jon und Erich Hoeber („Meg“) sich über weite Strecken wie ein lauwarmer Aufguss von Situationen aus bekannten Vorbildern anfühlt, in denen taffe Action-Stars mit vorlauten Kids interagierten – von Vin Diesels „Der Babynator“ über Jackie Chans „Spy Daddy“ bis zu Arnold Schwarzeneggers „Kindergarten Cop“. Oder eben Dwayne Johnsons eingangs erwähnter „Daddy ohne Plan“ – aber da muss halt jeder Ex-Wrestler offenbar irgendwann mal durch...
Fazit: Dave Bautista als Ersatz-Dwayne-Johnson? Obwohl er das ja nach eigener Aussage gar nicht sein will, macht der sympathische MCU-Star in dieser harmlosen Action-Comedy mit Kiddie-Charme dennoch keine schlechte Figur.