Nur für den traurigen Batman gibt’s ein lautes WAU!
Von Sidney ScheringWenige Monate nach dem finster-dramatischen Blockbuster „The Batman“ erinnert DC das Kinopublikum daran, dass seine populärsten Schöpfungen auch immer schon in der Kinderunterhaltung daheim sind. Den kindgerechten Interpretationen der DC-Figuren ist zwar unter Filmfans kaum Hype vergönnt, allerdings erwiesen sie sich ziemlich verlässlich als unterhaltsam: „Teen Titans GO! To The Movies“ etwa überzeugte mit einer wilden Mischung aus kindlichem Schnellfeuerhumor und bissigen Popkultur-Seitenhieben. Und „The LEGO Batman Movie“ meisterte einen Spagat zwischen Irrwitz und Herzlichkeit, bei dem man Bauklötze staunen durfte.
Das sind sehr große Fußstapfen, die der bereits als Drehbuchautor an „The LEGO Batman Movie“ beteiligte Jared Stern leider nicht ausfüllen kann: Seine computeranimierte Regiearbeit „DC League Of Super-Pets“ punktet in ihren lichten Momenten mit einer ausgelassenen Spaßigkeit, wie sie in realen DC-Filmen selten geworden ist. Allerdings gibt es dazwischen sehr lange Durststrecken...
Superhund Krypto will das Kino erobern.
Krypto (Stimme im Original: Dwayne Johnson / in Deutschland synchronisiert von seiner Stammstimme Ingo Albrecht) ist Supermans treuer Hund und bester Freund, doch neuerdings platzt der Vierbeiner vor Eifersucht auf die Geliebte seines Herrchens, Louis Lane (Olivia Wilde / Emilia Schüle). Das belastet die Beziehung zwischen Superheld und Superhund – und ausgerechnet jetzt gelangt ein manisches, nacktes Meerschweinchen namens Lulu (Kate McKinnon / Tahnee) an Superkräfte. Die quiekende Schurkin zwingt nicht bloß die gesamte Justice League in die Knie, sondern raubt Krypto auch noch seine Fähigkeiten.
Der muss zügig sein angekratztes Ego aufpäppeln und lernen, sich neuen Bekanntschaften zu öffnen. Denn nur mit Hilfe von vier ausgebüxten Tierheim-Insassen besteht eine Chance gegen Lulu: Hund Ace (Kevin Hart / Stammstimme: Leonhard Mahlich) und seine Wegbegleiter, die Schweinedame PB, die Schildkröte Merton und das Eichhörnchen Chip, haben kürzlich Superkräfte erhalten – und brauchen Anleitung, um zum Superteam zu werden...
Promisynchros spalten häufig die Gemüter, doch den Verantwortlichen hinter der deutschen „DC League Of Super-Pets“-Fassung gebührt ein Kompliment: Comedian und Film-Podcaster Torsten Sträter ist der wahrscheinlich größte Batman-Fan Deutschlands – und dank dieses Films ist er nun auch Batman. Dieser Besetzungscoup dürfte „DC League Of Super-Pets“ beim erwachsenen Publikum gesteigerte Aufmerksamkeit bescheren, ist aber auch weit über den Werbeeffekt hinaus gelungen, denn Sträter füllt den hier sehr betrübt auftretenden Helden stimmlich voll aus.
Jared Stern und sein Co-Autor John Whittington wiederholen bei der Figurenzeichnung zwar ein paar Ideen aus ihrem „LEGO Batman Movie“-Skript und karikieren erneut die grimmige, gequälte Art der DC-Ikone. Doch während Bauklötzchen-Batman pompös von seinen inneren Dämonen ablenkte, ist Bruce Waynes Superhelden-Ich hier ein Ritter von der traurigen Gestalt: Mit hängenden Mundwinkeln und kummervollen Augen murmelt Batman (im Original von Keanu Reeves gesprochen), dass er seine Eltern vermisst. Oder er beteuert seufzend, dass er stets allein arbeitet – obwohl er gerade mit dem Rest der Justice League das Böse bekämpft. Sträter überträgt das gekonnt ins Deutsche. Ihm gelingt es, dass der seufzende Batman als authentischer Bestandteil dieses Filmuniversums in Erscheinung tritt – gleichzeitig hat es pointierten Witz, wie mit diesen Dialogen der zumeist so abgebrüht dargestellte Held gegen den Coolness-Strich gebürstet wird.
Batman ist das Highlight des Films - auch in der deutschen Synchro.
Auch Komikerin Tahnee erweist sich als Glücksgriff, ihre Meerschweinchen-Schurkin reißt sogar den gesamten Film an sich. Affektiert und selbstverliebt zelebriert Lulu unverhohlen ihre Machtgier, was sie zu einer amüsanten Gegenspielerin macht – sowie zu einer gekonnten Persiflage auf Comicfilm-Superschurken frei von Subtilität. Dafür benötigt es eine entsprechende Stimm-Performance, und Tahnees schillernde Art, die gehässigen, schnippischen sowie pathetischen Monologe der Nagerdame zu granteln und zu lachen, ist großartig.
Abseits dieser Stärken flaut „DC League Of Super-Pets“ jedoch ab. Wenn Stern zwischendurch den Animationshit „Pets“ nach Metropolis überträgt, entstehen wenigstens ein paar abgenutzte, wohl aber zielgenau platzierte Schmunzler. Da offenbart Superhund Krypto typische Haushund-Angewohnheiten und es wird wiederholt aufgezeigt, dass Katzen aufgrund ihrer Niedlichkeit mit allerhand Gemeinheiten davon kommen – was in einen Synchro-Kurzauftritt von Enissa Amani als goldige Killermieze mündet.
Das liest sich kompakt nacherzählt nach einer größeren Trefferquote, als sie der Film letztlich bietet. Den Volltreffern und soliden Schmunzlern stehen nämlich viele Rohrkrepierer sowie längere Passagen ganz ohne nennenswerte humoristische Komponente gegenüber. Beispielsweise wird nicht jedes Justice-League-Mitglied derart zielgenau parodiert wie Batman. Während Aquaman eine skurrile Mischung aus seiner Jason-Momoa-Inkarnation und früheren Comics und Cartoons darstellt, werden Cyborg sowie Green Lantern mit lauen Sprüchen abgespeist. Superman sowie Wonder Woman sind derweil völlig blass geraten.
So entsteht allerhand Leerlauf, zumal „DC League Of Super-Pets“ für einen Film, dessen Kernzielgruppe sich trotz FSK 6 auch mit der des „Paw Patrol“-Kinofilms überschneidet, ziemlich lang geraten ist: Das tierische Superhelden-Abenteuer erstreckt sich auf rund 100 Minuten, womit er beispielsweise „The LEGO Batman Movie“ überbietet. Der weist allerdings eine mitreißende Energie auf, wohingegen „DC League Of Super-Pets“ viel zähen Expositionstalk bietet. Der ist weder lustig, noch gelingt es ihm, die Story in dieselben emotionalen Sphären zu manövrieren, in denen der vorhergegangene DC-Film von Stern und Whittington residiert.
Emotional wird es (zu) selten.
Kryptos Problem, niemanden außer Superman ins Herz schließen zu können, ist inkonsequent skizziert und selbst für eine primär an Kinder gerichtete Animationskomödie arm an Fallhöhe: Er vollzieht einen ruckeligen Wandel vom hilfsbereiten, freundlichen Hund mit Territorialverhalten zum hilfsbereiten, freundlichen Teamplayer. Bei Co-Hauptfigur Ace sind die ruhigeren Momente rarer gesät, zünden jedoch öfter – eine Rückblende, die erklärt, weshalb der gutmütige Hund mit Rabauken-Image im Tierheim landete, drückt in ihrer kurzen, prägnanten Erzählweise die richtigen Knöpfe. Beim Rest der tierischen Heldengruppe bleiben sämtliche charakterlichen Tiefen derweil reine, die Dialogpassagen ausbremsende Behauptung ohne storytechnische Relevanz. Da wäre es erzählerisch effizienter und kurzweiliger, diese Mitglieder der Rasselbande konsequent als Comic Relief in Szene zu setzen.
Auch auf visueller Ebene ist „DC League Of Super-Pets“ weder Fisch noch Fleisch: Stellenweise erinnert Metropolis an eine blank geputzte Geisterstadt. Diese Reduzierung geht aber nicht mit einer eindrucksvollen Stilisierung einher, weshalb wiederholt der Eindruck entsteht, einen Produktions-Zwischenschritt zu sehen, statt eines fertigen Hollywood-Animationsfilms. Ähnlich unausgegoren verhält es sich mit der Animation der tierischen Hauptfiguren: Während Merton eine zugespitzt ruhige Mimik hat und Chip ein cartoonhaftes Energiebündel ist, ist die Mimik von Ace steifer als seine Charakterisierung. Der einseitige Krypto auf der anderen Hand bekommt die feinere Mimik und Gestik zugesprochen, die aufgrund seiner Charakterisierung aber wenig Wau-Effekt erzielt.
Fazit: Die Nebenfiguren stehlen Supermans treuem Vierbeiner Krypto die Show – allen voran ein nacktes Schurken-Meerschweinchen und ein gewitzt geschriebener, toll synchronisierter Trauerkloß-Batman. Das macht zwar Lust auf ein Spin-Off, zeigt aber auch auf, dass die „DC League Of Super-Pets“ noch ein paar Tricks lernen muss, bevor es heißt: „Guter Hund!“