Wenn ein Filmtitel schon behauptet „Alles ist gut“, kann man ahnen, dass eigentlich gar nichts gut ist. Eva Trobischs Spielfilmdebüt zeigt, wie eine Frau beharrlich versucht, ihr Leben normal weiterzuführen, obwohl ihr etwas Unfassbares und Schreckliches zustößt: Sie wird vergewaltigt. Schnörkellos, fast unterkühlt inszeniert, zieht der Film feine Bahnen um etwas, das keine Lüge ist, sondern ein folgenreiches Verschweigen. Dadurch, dass sich die Hauptfigur Janne unter keinen Umständen als Opfer sehen will, zwingt sie sich zur Unehrlichkeit gegenüber den Menschen, die ihr am nächsten stehen, und setzt sogar die Beziehung zu ihrem Freund aufs Spiel.
Es geschieht nach einem Klassentreffen in ihrem alten Heimatort: Janne (Aenne Schwarz) hat viel getrunken und ein wenig geflirtet mit Martin (Hans Löw), dem Schwager eines alten Bekannten. Als er zudringlich wird, scheint das zunächst nur lästig zu sein. Doch bevor Janne merkt, dass die Situation bedrohlich ist, hat er sie auch schon vergewaltigt. Die junge Frau erzählt niemandem davon und tut alles, um das Erlebte zu vergessen. Doch ausgerechnet Jannes neuer Chef Robert (Tilo Nest) ist jener Bekannte, der sie ihrem Vergewaltiger vorgestellt hat, mit dem sie nun auch noch zusammenarbeiten muss. Martin hat ein furchtbar schlechtes Gewissen, doch Janne will weder Entschuldigungen noch Mitgefühl und blockt alles ab. Selbst als sie feststellen muss, dass sie schwanger ist, treibt sie lieber heimlich ab und bewahrt Stillschweigen…
Über weite Strecken wirkt dieser Film tatsächlich so, als habe jemand einfach die Kamera dazugestellt, während die Leute versuchen ihr Leben zu bewältigen. Diese Kamera drängt sich nie auf. Stets etwas von unten gefilmt, meist aus einer kleinen Distanz heraus, haben die Bilder beinahe halbdokumentarische Anmutung. Ebenso beiläufig agieren die Darsteller, die sich anscheinend weder der Anwesenheit eines Filmteams bewusst sind, noch sich besondere Mühe geben, sich deutlich zu artikulieren. Man kann nicht sagen, ob dies eine klare Regieanweisung ist oder es einfach am Naturell der Darsteller liegt, mehr oder minder zu nuscheln. Auf alle Fälle versteht man manche Dialoge nur halb.
Dennoch ist es Regisseurin Eva Trobisch, die auch das Drehbuch verfasst hat, spürbar ein Anliegen, das schwierige Thema so unaufgeregt wie möglich zu behandeln. So beiläufig, wie die Vergewaltigung geschieht, so beiläufig ist sie inszeniert und so schnell ist sie auch vorbei. Jannes Weigerung, sich als Opfer zu betrachten, erklärt sich nicht nur daraus, dass es eben sehr schwierig ist, im Schock nach einem erlittenen Übergriff das Erlebte für sich überhaupt zu begreifen. Die besondere psychische Situation der weiblichen Hauptfigur ist zudem eingebettet in einen aufwändig herausgearbeiteten Kontext aus sozialen und beruflichen Verpflichtungen. Janne will weder ihren neuen Job aufs Spiel setzen noch die Beziehung zu ihrem Freund belasten, die ohnehin angespannt ist, da ein gemeinsam geplanter Umzug nicht stattfinden kann.
Ein klein wenig steht das sehr sorgsam ausgearbeitete Drehbuch allerdings quer zu der eher nüchternen Erzählweise. Um auch ja alles richtig zu machen, erklärt Eva Trobisch nicht nur Jannes Situation überdeutlich, sondern erweitert den Opferdiskurs auch noch um eine männliche Gegenperspektive: Dass auch Männer von ihren Frauen verprügelt werden (wie Jannes Chef, dessen junge Frau sauer wird, als er keinen hochkriegt), kommt sicherlich vor, gehört aber nicht in diesen Film, dessen eigentliches Thema schon komplex genug ist. Und um begreiflich zu machen, dass eine Vergewaltigung im Nachhinein vielleicht nicht nur für das Opfer, sondern auch für den Täter schwer zu verarbeiten ist, wäre es nicht nötig gewesen, den Täter in letzter Konsequenz zum Opfer seiner eigenen Untat zu machen. Dadurch wird der Vergewaltiger nämlich zum Märtyrer. Und die Frau zur Schuldigen.
Fazit: Sensibel inszeniertes Drama um eine Frau, die kein Opfer sein will und eine Vergewaltigung verschweigt. Souverän und schnörkellos inszeniert, toll gespielt, nur am Ende etwas zu gut gemeint.