Erfreulich viel Fanservice, erschreckend öde Action
Von Lutz Granert„Doom“ gilt zu Recht als ein Meilenstein der Computerspielgeschichte. Der 1993 veröffentlichte Ego-Shooter war kommerziell derart erfolgreich, dass Entwickler id Software alsbald zwei Fortsetzungen nachschoss. Parallel zum Release von „Doom 3“ im Jahr 2004 begannen auch die Planungen für eine Verfilmung, die dann ein Jahr später in den Kinos anlief. Diese enttäuschte jedoch (nicht nur) Gaming-Fans auf der ganzen Linie: Viele Szenen im „Doom“-Kinofilm sind derart stark abgedunkelt, dass kaum noch etwas von den an sich atmosphärischen Sets und dem prominenten Cast um Dwayne Johnson und Karl Urban zu erkennen ist. Auch die Prämisse wurde abgeändert: So sind plötzlich Experimente mit einem 24. Chromosomenpaar und nicht durch Teleportations-Portale aus einer anderen Dimension eingefallene Höllenkreaturen Ursache der Mutationen. Und zu guter Letzt kamen aus dem riesigen Waffenarsenal des Shooters auf der Leinwand nur (ganz kurz) die Kettensäge und die durchschlagskräftige Monsterwumme BFG zum Einsatz.
Wenig überraschend floppte „Doom“ damals an den Kinokassen (und in der FILMSTARTS-Kritik, wo es am Ende nur zu einem kümmerlichen Stern reichte). Denkbar ungünstige Voraussetzungen also für Tony Giglio, dem Autor von gleich drei Direct-to-DVD-„Death Race“-Fortsetzungen, der Universal 2015 ein Konzept für eine weitere Filmadaption vorlegte – die dann auch prompt abgelehnt wurde. Erst im Zuge eines Reboots des Ego-Shooters, das 2016 von id Software unter dem schlichten Titel „DOOM“ veröffentlicht wurde, gab das Studio für Giglios Pläne doch noch grünes Licht – für eine schmal budgetierte Verfilmung zur Auswertung auf dem Heimkinomarkt. Giglio bezeichnet sich selbst als großen Fan der Ego-Shooter-Reihe und das ist seinem „Doom: Annihilation“ nun auch deutlich anzumerken. Der SciFi-Actioner hält sich in Sachen Story viel enger an die Gaming-Vorlage, auf die er immer wieder referenziert. Doch die grobschlächtige Inszenierung macht solche vielversprechenden Ansätze schnell wieder zunichte.
Inspiriert von Jeanne D'Arc: "Doom: Annihalation"-Badass-Soldatin Joan Dark.
Die Weltraumorganisation Union Aerospace Corporation (UAC) betreibt auf dem Marsmond Phobos ein geheimes Forschungszentrum, um eine bei Ausgrabungen gefundene Technologie zur Teleportation zu untersuchen. Nachdem bei einem ersten Testlauf eine Versuchsperson durchs Portal geschickt wurde, die mutiert und gewalttätig zurückkam, wagt der führende Wissenschaftler Dr. Malcolm Betruger (Dominic Mafham) einen Selbstversuch, woraufhin die Stromversorgung zusammenbricht. Eine Handvoll strafversetzter Soldaten um Lieutenant Joan Dark (Amy Manson) sowie den Wissenschaftler Bennett Stone (Luke Allen-Gale) wird daraufhin zur Forschungsstation geschickt, um nach dem Rechten zu sehen. Doch die Truppe erwartet vor Ort das Grauen: Fast alle Wissenschaftler haben sich in mordlüsterne Zombies verwandelt – und außerirdische Dämonen trachten ihnen ebenfalls nach dem Leben...
Das kantige Design von Medikits an den Wänden sowie von Kontrolleinheiten und Terminals, schmucklose Metallwände in den langen Korridoren, die glorifizierte Entdeckung der BFG 9000 im hellerleuchteten Waffenraum oder eine Kettensäge, die wie selbstverständlich an einem Gitter neben Tonnen mit leicht entzündlichen Substanzen im Labor hängt: Es sind diese feinen Details des an sich preisgünstigen Set-Designs, die Fans der „Doom“-Spielreihe wiedererkennen und goutieren werden. Auch einige Namen dürften eingefleischten Gaming-Fans bekannt vorkommen: Dr. Betruger war bereits der Bösewicht in „Doom 3“; das erste Todesopfer, auf das die die Söldnertruppe stößt, trägt den Namen Blazkowicz, Protagonist der ebenfalls von id Software entwickelten „Wolfenstein“-Serie. Tony Giglio ist in „Doom: Annihilation“ also redlich darum bemüht, jenen Fan-Service zu bieten, den die erste Verfilmung noch weitestgehend aussparte.
Darüber hinaus kommen die Actionszenen in „Doom: Annihilation“, die öde nach einem immer gleichen, sich nur wiederholenden Schema ablaufen, aber erschreckend uninspiriert daher: Die Söldnertruppe um Joan Dark – ja, tatsächlich eine Anspielung auf die französische Heilige Jeanne D'Arc – betritt einen abgedunkelten Raum, zu Zombies mutierte Wissenschaftler oder lächerliche Höllenkreaturen (Schauspieler im dicken Gummianzug) stürmen auf sie zu und es kommt zu simpel choreografierten, blutigen Ballereien mit unterschiedlichen Kalibern, die dem Waffenarsenal aus dem Computerspiel ähneln.
Auch Universal war das etwas zu wenig, weshalb die ursprünglich für März 2019 angedachte Veröffentlichung von „Doom: Annihilation“ für eine Nachbearbeitung der Spezialeffekte noch mal kurzfristig um ein halbes Jahr verschoben wurde. Diese Zeit wurde vor allem in eine fünfminütige Sequenz investiert, in der es Protagonistin Joan Dark in eine andere Dimension verschlägt, wo sie es mit zahlreichen Imp-Kreaturen zu tun bekommt. Dieses Set Piece kann der legendären viereinhalbminütigen First-Person-Perspektive aus „Doom“ anno 2005, in der tatsächlich sowas wie Gaming-Feeling aufkam, allerdings nicht mal annähernd das Wasser reichen. Der mit massig CGI angereicherte Ausflug in die Hölle in „Doom: Annihilation“ erinnert in seiner grau-schwarzen Optik an Frodos Ausflug nach Mordor und gerät durch die pathetische Musikuntermalung und Extremzeitlupen gar unfreiwillig komisch.
Diesmal geht es nicht mehr nur gegen mutierte Zombies, sondern auch gegen außerirdische Dämonen...
Dieser enttäuschende Eindruck setzt sich auch bei den hölzernen, phrasenhaften Dialogen fort, die die an sich zumindest leidlich spannende Mission immer wieder unnötig ausbremsen: „Zu warten, heißt sterben. Nichtstun wäre der Untergang. Wenn ich schon ende, dann lieber in einem Gefecht“, proklamiert Joan Dark etwa martialisch bei einer Lagebesprechung. Regisseur und Drehbuchautor Tony Giglio hat in „Doom: Annihilation“ zwar eine ganze Menge anders gemacht als die erste Filmadaption von 2005 – zuvorderst die Entscheidung, die Spielvorlage tatsächlich ernst zu nehmen. Aber das macht seine Neuinterpretation leider auch nicht unbedingt besser, dafür sind seine inszenatorischen Fähigkeiten letztendlich dann doch zu limitiert.
Fazit: „Doom: Annihilation“ reiht sich nahtlos in die Reihe der zahlreichen misslungenen Computerspiel-Verfilmungen der letzten Jahre ein. Die trashige SciFi-Action bietet zwar jede Menge Fan-Service, wirkt aber ausgerechnet in den Actionszenen reichlich uninspiriert.
P.S.: Wir haben übrigens einen ganzen Podcast nur dazu aufgenommen, warum der erste „Doom“-Film beim besten Willen einfach nicht funktioniert – wenn ihr mal reinhören wollt, könnt ihr das hier gerne tun.