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    Bao
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Bao
    Von Andreas Staben

    Es ist bei Pixar-Kinofilmen schon seit „Das große Krabbeln“ Tradition, dass vor dem Hauptfilm zusätzlich noch ein neuer Kurzfilm der Computeranimations-Vorreiter zu sehen ist. Die filmischen Appetithäppchen haben der Pixelschmiede seitdem drei Oscars und acht weitere Nominierungen eingebracht, zuletzt gewann 2017 „Piper“ (der vor „Findet Dorie“ gezeigt wurde) den begehrten Goldjungen. Weniger Glück hatten die Strategen aus dem Disney-Konzern, der Pixar bekanntlich 2006 übernommen hat, allerdings anschließend mit dem Vorprogramm zu „Coco“: Das „Die Eiskönigin“-Spin-off „Olaf taut auf“ war vielen Zuschauern mit seinen 22 Minuten nämlich einfach zu lang. Vor „Die Unglaublichen 2“ gibt es daher nun wieder ein Pixar-Original und es ist mit acht Minuten Länge auch für ungeduldige Kinder und gestresste Eltern leicht verdaulich – obwohl es in Domee Shis rührender Mini-Tragikomödie „Bao“ um nichts anderes geht als einen knuffigen Knödel…

    Es beginnt mit einer häuslichen Alltagsszene. Eine Frau mit asiatischen Gesichtszügen bereitet das Essen zu und deckt den Tisch. Ihr Mann verschlingt ein paar Happen und verlässt dann das Haus, während die Frau sitzenbleibt und die Mahlzeit fortsetzt – bis ihr plötzlich eine Teigtasche vom Teller springt. Der mit Fleisch gefüllte Leckerbissen wird mit einem Mal lebendig… Nun schlägt der wortlose Film (zu hören sind nur Musik und ein paar putzige Babygeräusche) erst ins Drollige und dann ins völlig Surreale um: Der Dim-Sum-Happen hat plötzlich Augen, dann stülpt sich eine Nase hervor und bald steht ein komplettes kleines knödeliges Wesen vor der verblüfften Köchin.

    Auf Chinesisch heißen die als Snack oder Vorspeise gereichten gedämpften Teigtaschen mit Fleisch- oder Gemüsefüllung baozi oder kurz bao. Zugleich kann die Titelsilbe aber auch „Schatz“ oder „Kostbarkeit“ bedeuten. Und so verwandelt sich im Film die Zwischenmahlzeit in einen kleinen Liebling, wenn Bao alle Attribute eines süßen Säuglings annimmt und in der Protagonistin Muttergefühle weckt. Das ist temporeich, witzig und vor allem unheimlich süß. Allerdings weicht die Niedlichkeit im Zeitraffer einer zunehmenden Merkwürdigkeit, denn der Knödel wird im Wahnsinnstempo älter und entwickelt sich ganz wie ein echter Junge vom goldigen Kleinkind zum aufmüpfigen Teenager – bis zur nicht unerwarteten, aber dennoch wenig überzeugenden Pointe.

    „Bao“ spricht vor allem jene Instinkte des Publikums an, die dafür sorgen, dass wir beim Anblick von Säuglingen oder Tierbabys gern in Verzückung geraten. Wenn das knuddelige Klößchen gefüttert wird oder durch das Haus düst, dann ist das einfach goldig. Wenn es später eine Brille trägt, bockig das Gesicht verzieht oder eine Blondine mit nach Hause bringt, sind die einzelnen Einstellungen meist immer noch sehr amüsant. Die Pixar-Animateure zeigen, dass sie Meister ihres Faches sind und kitzeln aus der Teigtasche einen unglaublichen Ausdrucksreichtum heraus. Genau darauf konzentriert sich die chinesisch-kanadische Regisseurin Domee Shi hier allerdings fast ausschließlich, der Erzählbogen über eine unter dem Empty-Nest-Syndrom leidende Mutter wird dem Ganzen in den letzten Minuten eher notdürftig übergestülpt und entwickelt dann auch nicht den aus den allerbesten Pixar-Kurzfilmen gewohnten emotionalen Punch.

    Fazit: In „Bao“ erwecken die Animationsmagier von Pixar eine Teigtasche zum Leben – weil sie es können. Das ergibt jede Menge drollige Bilder, hat aber nur wenig erzählerischen Nährwert.

    „Bao“ läuft im Vorprogramm von „Die Unglaublichen 2“ und hier geht es zu unserer Kritik des Superheldenabenteuers.

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