„Nope“? More like „Yep“!
Jordan Peele hatte nach „Get Out“ den großen Durchbruch geschafft. Und auch wenn ich ich „Wir“ von ihm noch nicht gesehen habe, so war ich doch an seinem neusten Werk „Nope“ interessiert. Gleich vorweg: Wer so wenig wie möglich über den Film wissen will, bevor er ihn sieht, sollte ihn einfach schauen. Ich werde dennoch versuchen so wenig wie möglich auf die Story einzugehen.
„Nope“, ein Titel so mysteriös, wie der Trailer selbst für den Film. 2022 erschien der Horror-Mystery-Thriller mit Comedy-Elementen und wurde sehr gemischt aufgenommen. Einige lieben den Film, andere empfinden ihn als bizarr, dumm und sinnfrei. Man kann dem Film aber nicht absprechen, wie genial sein Marketing war. Auch wenn der Trailer den Film als klaren Horror verkaufen will, so ist „Nope“ doch viel mehr als nur das. Und das ist auch etwas, was ich sehr schade finde bei dem heutigen Publikum. Viele erwarten bei einem Trailer wie „Nope“ einen puren Horrorfilm und sobald der Film keinen „puren“ Horror liefert, wird das als negativ gewertet. Dabei ist es doch gerade spannend, wenn man verschiedene Genres vermischt und versucht etwas völlig Neues zu schaffen. Ähnlich wie beim Essen. Alles hat verschiedene Geschmäcker, aber wenn man sie mischt, entstehen noch viel mehr Arten des Geschmacks (danke „Ratatouille“ für diese Weisheit!). Und ich finde „Nope“ schafft das wie kaum ein anderer Film in 2022. Jordan Peele schenkt uns einen Film, der mit bekannten Elementen spielt, sie aber in völlig neue Richtungen rückt.
Nachdem sein Vater auf mysteriöse Art stirbt, lebt der Pferdezüchter OJ in Isolation auf seiner Ranch. Er sucht verzweifelt nach Jobs, denn das Geschäft seiner Familie wurde als Pferdeverleih für Hollywood bekannt. Doch das Business kommt langsam zum Erliegen. Doch für OJ ergeben sich neue Optionen als übernatürliche Dinge auf seiner Ranch passieren…
Aus dem Trailer wird schnell klar, dass der Film sich dem Thema UFOs annimmt. Auf Peeles eigene, humorvolle Art. Soweit so gut. Demnach erwartet man die klassischen Kniffe in so einem Film. Doch Jordan Peele überrascht den Zuschauer schon recht früh. Er zeigt recht schnell, dass „Nope“ etwas anderes probiert mit dem Genre, welches völlig überflutet wurde mit Filmen wie „Independence Day“. Dabei schafft er es eine Geschichte zu erzählen, die zwar stellenweise absurd wirkt, aber mich immer mehr in ihren Bann zog. Und das auf eine Art, wie nur der große Steven Spielberg es in den 70ern, 80ern und stellenweise in den 90ern schaffte. Die Ereignisse, die Wendungen, alles spitzt sich immer weiter auf brillante Art zu.
Dafür nutzt Peele aber nicht nur den Horror der Story. Der ist definitiv da und hat immens verstörende Momente, besonders wenn man sich mit Themen auseinandersetzt, die in „Nope“ aufgegriffen werden. Die Story mit dem Schimpansen Gordy oder die Twists bezüglich der außerirdischen Präsenz machen den Film wirklich gruselig. Dabei muss nicht viel Blut gezeigt werden, es reicht die Vorstellung.
Doch es sind auch die anderen Aspekte der Story, die mich begeistern. Das unterschwellige Drama zwischen OJ seiner Schwester und deren Zukunft hat einige berührende Momente und vor allem der typische Humor von Peele gibt dem Ganzen eine erfrischende Würze. Und dann sind da die Actionmomente, die wirklich mitreißend, spannend und kurios zugleich sind. Aber genau das hat mich auch schon in „Everything Everywhere All at Once“ so erfreut. Es ist dieser Mut zu frischen Ideen, die Filme wie „Nope“ besonders machen und vom Mainstream-Sumpf (gerade Disney!) abheben.
Alle Darsteller sind toll! Daniel Kaluuya erreicht mit wenig Worten große Emotionen. Keke Palmer als seine Schwester ist energetisch und charmant und Brandon Perea als nerviger, aber sympathischer Angel stiehlt hier und da sogar die Show. Auch Steven Yeun überzeugt mit einer spannenden Figur, die wohl die tragischste Backstory im Film hat. Aber genau diese Backstory ist eine perfekte Parallele zu den Dingen, wie OJ und seine Schwester erleben. Ich will nicht zu viel verraten, aber „Nope“ spielt vor allem mit der Idee des wilden Tiers, das sich nicht zähmen lässt. Und genau das wird mit Yeuns Figur wunderbar und auf grauenvolle Art umgesetzt.
„Nope“ überzeugt auch in den technischen Bereichen. Der Film ist atemberaubend gut gefilmt von Hoyte van Hoytema („Dunkirk“ und „Tenet“), der Score von Michael Abels hat einige Gänsehautmomente und auch die CGI-Effekte sind ordentlich. Der CGI-Schimpanse hätte etwas besser aussehen können, aber wirklich gestört hat es mich nicht, dafür war ich zu sehr in der Geschichte!
Fazit: „Nope“ war eine Überraschung! Ein mitreißender und extrem unterhaltsamer Film, der mehr als nur plumper Alien-Horror ist. Jordan Peele baut in sein Werk so viele interessante und spannende Themen (zum Beispiel die Macht des analogen Films oder auch unterschwelliger Rassismus), dass ein wiederholtes Anschauen fast schon Pflicht ist. Nicht jeder wird „Nope“ so feiern wie ich, aber entgehen lassen sollte man sich diesen Film auf keinen Fall. Einer meiner Lieblingsfilme von 2022!