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    David Copperfield - Einmal Reichtum und zurück
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    David Copperfield - Einmal Reichtum und zurück

    Ein Reigen bunten Wahnsinns

    Von Christoph Petersen

    Der britische Regisseur, Autor und Serienschöpfer Armando Iannucci ist vor allem für seinen treffsicheren satirischen Biss berüchtigt. Schließlich hat er nicht nur mit der Polit-Sitcom „The Thick Of It“ sowie dem US-Remake „Veep“ so ziemlich jeden TV-Preis abgeräumt, sondern mit „The Death Of Stalin“ zuletzt auch dem sowjetischen Politbetrieb der Fünfzigerjahre mit dem denkbar schwärzesten Humor auf den Zahn gefühlt. Bei dieser Karriere erschien eine weitere Adaption von Charles Dickens' Meisterwerk „David Copperfield“ nicht unbedingt als die naheliegendste Wahl. Aber das ist nicht die einzige Überraschung:

    Denn wo Charles-Dickens-Verfilmungen von Roman Polanskis „Oliver Twist“ bis zur gefeierten Mini-Serie „Little Dorrit“ ja oft eher düster und beklemmend daherkommen, entpuppt sich Iannuccis „David Copperfield – Einmal Reichtum und zurück“ selbst in den potenziell tragischsten Szenen als hochtourige Revue des bunten Wahnsinns – als wäre er von einem besonders gut gelaunten Tim Burton inszeniert worden! Dev Patel, der hier aus dem durch die Bank hochkarätigen Ensemble noch einmal herausragt, trägt den Film, der mitunter aber auch derart erratisch durch die Story saust, dass zwar nie der Humor, aber mitunter die Emotionen etwas hintenanstehen.

    Hugh Laurie und Tilda Swinton bilden in "David Copperfield" eine ebenso exzentrische wie liebenswürdige WG.

    Obwohl sein Vater schon vor seiner Geburt gestorben ist, verlebt David Copperfield (Ranveer Jaiswal, Jairaj Varsani) eine glückliche Kindheit mit seiner Mutter Clara (Morfydd Clark), seiner Nanny Peggoty (Daisy May Cooper) sowie deren Familie. Die lebt in einem auf dem Kopf stehenden Boot in Yarmouth und besteht überwiegend aus adoptierten Kindern, deren Eltern im Meer ertrunken sind. Aber dann finden die schönen Tage ein jähes Ende, als Davids Mutter den grausamen Industriellen Mr. Murdstone (Darren Boyd) heiratet.

    Statt in die Schule zu gehen, muss David schon als kleiner Junge in einer Flaschenfabrik im viktorianischen London schuften und bei dem chronisch verschuldeten Mr. Micawber (Peter Capaldi) unterkommen. Nach dem früheren Tod seiner Mutter geht es für David zunächst wieder bergauf, weil er bei seiner wohlhabenden Tante Betsey Trotwood (Tilda Swinton) und ihrem exzentrischen Mitbewohner Mr. Dick (Hugh Laurie) unterkommt. Aber das ist längst nicht alles an Auf und Ab im Leben von David Copperfield (jetzt: Dev Patel) …

    Ein Leben wie ein Rausch

    Charles Dickens Erzählung trägt den tollen und sehr langen Originaltitel „The Personal History, Adventures, Experience And Observation Of David Copperfield The Younger Of Blunderstone Rookery (Which He Never Meant To Publish On Any Account)“. Der „Eine Weihnachtsgeschichte“-Autor hat sie zunächst in seriellen Kapiteln veröffentlicht, bevor sie dann 1850 auch als zusammenhängender Roman erschienen ist. Dieses Episodenhafte tritt in „David Copperfield – Einmal Reichtum und zurück“ nun durch das schiere Tempo des Films noch stärker zutage.

    Armando Iannucci arbeitet dabei viel mit inszenatorischen Spielereien, um rasant von einer Episode auf die nächste überzuleiten: Da werden etwa Bilder aus der nächsten Szene bereits im Hintergrund an eine Wand projiziert, bevor ganz zu diesen gewechselt wird – oder die Szenerie faltet sich einfach selbst zusammen, um dem nächsten Handlungsort Platz zu machen. Auf diese Weise entwickelt sich die Erzählung schnell zu einem mitreißenden farbenfrohen Rausch, wobei aber gerade in der ersten Hälfte mitunter auch dermaßen schnell über Begegnungen hinweggedüst wird, dass manchmal der emotionale Grundstein für spätere Ereignisse ungelegt bleibt.

    Dev Patel festigt mit "David Copperfield" seinen Status als veritabler Leinwandstar.

    Es liegt also nicht an den Schauspielern, wenn einige der Figuren womöglich etwas zu kurz kommen. Ganz im Gegenteil: Die durchweg grandios aufgelegten Darsteller machen keine halben Sachen, sobald es darum geht, die Skurrilität ihrer Rollen zu unterstreichen: Während Oscargewinnerin Tilda Swinton („Michael Clayton“) einen Kleinkrieg gegen Esel führt, glaubt Hugh Laurie („Dr. House“), dass die Gedanken von Karl I. nach dessen Enthauptung in seinen Kopf hinübergesprungen sind. Peter Capaldi („Doctor Who“) brilliert unterdessen als einnehmender Lebenskünstler, während Ben Whishaw („Little Joe“) als schmierig-buckliger Uriah Heep den ganzen Hass des Publikums auf sich zieht.

    Über allem thront aber die großartige Leistung von Dev Patel! Nach seinem Durchbruch mit „Slumdog Millionär“ war ja lange ein wenig unsicher, ob er sich als Filmstar durchsetzen wird – schließlich war er selbst in größeren Rollen wie in „Best Exotic Marigold Hotel“ oder „Chappie“ oft eher Strichwortgeber (für Altstars oder einen vorlauten Roboter). Aber nach dem Doppelschlag aus dem ungemein intensiven „Hotel Mumbai“ und dem ungemein unterhaltsamen „David Copperfield“ dürfte sich diese Frage in Zukunft eigentlich nicht mehr stellen.

    Fazit: Eine ebenso skurrile und gutgelaunte wie kurzweilige und farbenfrohe Charles-Dickens-Adaption. Der Cast glänzt strahlend, selbst wenn einige der Nebenfiguren zu kurz kommen.

     

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