Kindergarten Cop mit Zombies und Zoten
Von Karin JirsakDer Filmhistoriker Thomas Schatz hat mal die These aufgestellt, dass die letzte Evolutionsstufe eines Film-Genres vor seinem Untergang, also wenn sich ihm eigentlich nichts Innovatives mehr hinzufügen lässt, die Selbstreflexion (oft in Form von Parodien) ist. Diese Phase der Dekadenz hält im Falle des Zombiefilms allerdings schon erstaunlich lange an – bestätigt wurde diese beständige Aktualität zuletzt ausgerechnet von Indie-Ikone Jim Jarmusch mit seinem tiefenentspannten „The Dead Don't Die“. Mit „Little Monsters“ liefert nun der Australier Abe Forsythe („Down Under“) eine als Zombie-Comedy getarnte, leider nicht sonderlich lustige romantische Komödie, die den für Untoten-Fans traurigen Schluss nahelegt, dass die Ära der Zombies dann jetzt auch wirklich mal zu Grabe getragen werden sollte.
David (Alexander England), ein erfolgloser Straßenmusiker, hält nicht viel von Verantwortung. Weil er keine Lust auf Kinder hat, kommt es zur Trennung von seiner Freundin (Nadia Townsend), woraufhin „Onkel Dave“ bei seiner Schwester (Kat Stewart) auf der Couch strandet. Als er seinen Neffen Felix (Diesel La Torraca) in den Kindergarten bringt, verknallt sich David in die Erzieherin Miss Caroline (Lupita Nyong'o) und drängt sich ihr auch sofort als Aushilfskindergärtner auf. Bei einem Ausflug in den riesigen Streichelzoo „Pleasant Valley Farm“ kriegt er es dann aber nicht nur mit einem Nebenbuhler in Gestalt des schmierigen Kinder-Entertainers Teddy McGiggle (Josh Gad) zu tun, sondern auch mit Horden von Zombies, die plötzlich in den Park einfallen ...
Die Zombie-Horden kommen.
Zugegeben, es gibt ein paar schön skurrile Details, darunter Davids prollige, sich angesichts der Zombie-Invasion als durchaus wertvolles Werkzeug erweisende Flying-V-Gitarre mit der Aufschrift „God's Sledgehammer“. Und auch ein paar andere Gags zünden in diesem gewagten Mix aus „Kindergarten Cop“ und „Shaun Of The Dead“. Daneben gibt es aber, und die sind leider in der Überzahl, auch die absoluten Rohrkrepierer, bei denen man vor lauter Fremdscham reflexartig die Facepalm-Hand ins Gesicht presst. Wenn etwa der „Held“ auf das Kindergarten-Gruppenfoto seines Neffen onaniert, weil auf diesem eben auch die heiße Kindergartentante Miss Caroline zu sehen ist, oder ihm im Streichelzoo fast einer abgeht, weil die Angebetete sich melkenderweise am Euter einer Kuh zu schaffen macht, ist das nicht nur nicht witzig, sondern auch derart geschmacklos, dass man Onkel Dave im Anschluss bei seinen Eroberungsversuchen ganz sicher nicht die Daumen drückt, sondern einfach nur hofft, dass Miss Caroline nicht nur den Untoten, sondern auch ihrem Verehrer entkommt.
Kern des Films ist nämlich keinesfalls die Zombie-Jagd, sondern die Wandlung dieses tumben Typen vom Bong kiffenden 3D-Porno-Fan zum zwangsweise doch irgendwie Verantwortung übernehmenden Mann, der so (vielleicht) nebenbei auch noch die ihm in jeder Hinsicht haushoch überlegene Kindergarten-Superheldin erobern kann. Ohne Bewerbung oder Kompetenznachweis bekommt der notorisch nichtsnutzige David den Job und dazu auch noch die Chance, beim Ausflug ins Streichelzoo-Paradies „Pleasant Valley Farm“ sein „wahres Potenzial“ unter Beweis zu stellen. Die spontan einfallenden Zombies bilden eigentlich nur die Kulisse für diese typische RomCom-Erzählung und hätten im Prinzip auch gegen jede andere Art von Bedrohung, die den Protagonisten über sein Slacker-Selbst hinauswachsen lässt, ausgetauscht werden können.
Gespielt wird der semi-sympathische Antiheld von dem Australier Alexander England („Alien: Covenant“) – gleich in seiner ersten Hauptrolle mit viel Mut zur Peinlichkeit, die ihm das Drehbuch natürlich auch abverlangt. Ob er mit voll aufgedrehtem Verstärker die Kinder im Bus traumatisiert oder mit falsch herum gehaltener Antiallergikum-Spritze beinahe seinen Neffen ins Jenseits befördert – was immer David auch abzieht, es tut weh. Und ja, manchmal muss man darüber lachen. Aber eben auch nur manchmal. Ähnliches gilt für Josh Gad („Die Schöne und das Biest“) als moralisch abgehalfterter Kinder-Entertainer Teddy McGiggle, der einen zusätzlichen Klotz am Bein der eigentlichen Heldin Miss Caroline darstellt. Verkörpert wird die zombieschlachtende Überpädagogin im sonnengelben Fünfziger-Jahre-Dress von Oscar-Gewinnerin Lupita Nyong'o („12 Years A Slave“), die als Einzige so etwas wie Charme und Würde einbringt.
Mit Kindern in Erwachsenenkomödien ist es ja auch immer so eine Sache: Sind sie zu gewollt niedlich, altklug oder laut, kriegt man als Zuschauer ja schnell mal die Krise, zumindest wenn man nicht sowieso bei jedem zuckersüßen Kinderlächeln dahinschmilzt. Im Fall von „Little Monsters“ ist es hingegen leider so, dass die kreuzbrave Kinderschar im Ganzen wie im Speziellen nicht gerade die Herzen der Zweifler erobert. Einzelne Charaktere werden – bis auf den an verschiedensten Trendallergien leidenden und nicht nur damit irgendwie nervenden Felix – aus der Gruppe kaum herausgearbeitet, was den Fokus fast vollständig auf die Figuren der Erwachsenen bündelt.
Miss Caroline beschützt die Kinder.
Die männlichen Exemplare werden dabei als reine Manifestationen von Inkompetenz und Neurose dargestellt, denen man im Grunde wünscht, von den (selbst für ihre Spezies) allerdings auch ziemlich unfähigen und langsamen Untoten erwischt zu werden, die schon bald den Souvenir-Shop des Streichelzoos belagern. Hier verschanzen sich David, Miss Caroline und McGiggle mit den Kids, bis ihnen etwas Besseres einfällt – und das dauert ganz schön lange. Während dieser sich wie Kaugummi ziehenden Minuten in der zweiten Hälfte des Films wird hauptsächlich geredet, vor allem darüber, wie jede/r so geworden ist, wie er/sie nun mal ist, und beruhigend mit der Ukulele auf die Kids eingewirkt, um die große Panik zu verhindern. Gegen die große Langeweile des Zuschauers hilft diese Wundermethode allerdings nicht.
Fazit: Entbehrlicher Beitrag zum Mix-Genre der Zombie-Komödie, der trotz einer gewohnt starken Lupita Nyong'o und ein paar netten Gags auch als Parodie nicht funktioniert. Die Untoten erweisen sich dabei als nicht viel mehr als Staffage für einen RomCom-Plot, dessen bekanntes Muster schon oft sehr viel sympathischer erzählt wurde.