Vielen Kinoerfolgen ging ein Kurzfilm voraus: So basiert etwa James Wans „Saw“ auf dessen eigenem gleichnamigen Neun-Minüter, Neill Blomkamp adaptierte mit „District 9“ seinen Kurzfilm „Alive in Joburg“ und Damien Chazelle machte aus seinem 18-minütigen „Whiplash“ einen Oscar-Kandidaten in abendfüllender Länge. Auch die Brüder Trevor und Tim Ryan erweitern nun mit ihrem Langfilmdebüt eine eigene Kurzfilmvorlage. Was in „Welcome to Willits: After Sundown“ über 14 Minuten Laufzeit leidlich gut funktioniert, zündet im mit Kifferhumor und SciFi-Elementen angereicherten, auf 80 Minuten verlängerten Backwood-Slasher „Alien Hunter“ einfach nicht.
Die fünf Teenager Jeremiah (Chris Zylka), Zack (Garrett Clayton), Cassie (Keelin Woodell), Klaus (Thomas Dekker) und Besh (Karrueche Tran) fahren in eine abgelegene Waldregion Nordkaliforniens, um zu campen, Joints zu rauchen und Party zu machen. Bei einem Zwischenstopp im Supermarkt lernen sie den phlegmatischen Kiffer Possum (Rory Culkin) kennen und nehmen ihn spontan mit. Nachdem sie auf dem Grundstück des paranoiden Hinterwäldlers Brock (Bill Sage) ihre Zelte errichtet haben, entdeckt Zack ganz in der Nähe eine Cannabis-Plantage. Brock sieht sich und seine Pflanzen bedroht – und setzt sich gegen die Eindringlinge zur Wehr.
Selbstironische Abrechnungen mit dem Slasher-Subgenre sind nach „Scream“ und „Hatchet“ längst ein alter Hut. Aber die Kombination mit einer Kifferkomödie wie in „Alien Hunter“ ist zumindest auf dem Papier ein recht origineller Dreh. Am Ende klingt das allerdings witziger als es tatsächlich ist. Brocks verpeilte Frau Peggy (Sabina Gadecki) will ihre geflohene Nichte Courtney (Anastasia Baranova) mit widerlichen Keksen aus ihrem Versteck locken und Meth-Koch Brock sieht sich in seiner Vermutung einer Alien-Invasion bestätigt, weil der zugedröhnte Possum mit vorgehaltener Waffe nur unverständliches Gemurmel von sich geben kann: Das sind schon die besten Gags in der Low-Budget-Produktion, in der die guten Ideen zu rar sind, um den Sprung zum Langfilm zu rechtfertigen.
Wie bei so manch anderem Kifferfilm auch, mag man sich beim Hören der hohlen Dialoge von Tim Ryan fragen, was der Drehbuchautor wohl beim Schreiben geraucht hat. Auch die vergleichsweise amüsante Idee, dass der verwirrte Brock schleimige Aliens halluziniert, wo eigentlich notgeile und partywütige Teenager sind, ist womöglich lustiger, wenn man entsprechend benebelt ist. Wer die Sache etwas nüchterner betrachtet, wird in „Alien Hunter“ vor allem einen notdürftig in die Länge gezogenen 08/15-Slasher-Plot erkennen.
Apropos Brock: Am Beispiel dieser Figur wird das Scheitern der Filmemacher besonders augenfällig. Seine Verschwörungstheorien um Chemtrails und manipulative Strahlen aus dem All erinnern stark an gewisse verblendete reale Vorbilder, aber hier gibt es keinen satirischen Biss und nur ein kaum wahrnehmbares parodistisches Augenzwinkern, sodass man dem paranoiden Blödsinn nur mit Kopfschütteln statt mit Lachen begegnen kann, ein ernüchternder Effekt, den „Orange Is The New Black“-Darsteller Bill Sage mit seiner biederen Performance und stets verbissenen Miene noch verstärkt.
Etwas wirr, aber ungleich witziger sind die wiederkehrenden Flashbacks, die Brock immer wieder unverhofft heimsuchen und ihn sein vermeintliches Trauma nach einer Entführung durch Aliens an Bord eines Raumschiffes durchleben lassen. Für das geringe Budget ganz ansehnliche Gore-Einlagen mit einigen „Alien“-Referenzen sind dabei ebenso zu sehen wie die zu Brock sprechenden Polizisten aus der fiktiven Fernsehserie „Fists Of Justice“ – und einer von den Gesetzeshütern wird in diesen kurzen Schnipseln verkörpert von Dolph Lundgren.
Der in die Jahre gekommene B-Actionstar, der einst Rocky als sowjetische Kampfmaschine Ivan Drago das Fürchten lehrte, darf in diesen Einschüben auch ein paar Tritte und Schläge austeilen, wirkt dabei aber so hüftlahm, dass es langsam Zeit wird für die Action-Rente. Die trotz allem immerhin leidlich unterhaltsamen Tagtraum- und die blutigen Splatterszenen sind allerdings so spärlich gesät, dass ber weite Strecken schlicht Leerlauf herrscht. „Alien Hunter“ ist ein ziemlich enttäuschender Trip.
Fazit: Nur eine Handvoll gelungener Gags in 80 Minuten: Der Genremix „Alien Hunter“ scheitert trotz einiger guter Ansätze bei dem Versuch, Backwood-Slasher und Kifferkomödie unter einen Hut zu bringen.