Toxische Maskulinität: Der Film
Von Oliver KubeMitte der Nullerjahre sah es für eine Weile so aus, als ob sich der mit der Daily-Soap „All My Children“ und der Primetime-Serie „Las Vegas“ zu TV-Prominenz gelangte Josh Duhamel auch als Kinoheld etablieren könnte. Doch nach der Liebeskomödie „Total verknallt in Tad Hamilton“, dem Dschungel-Horror „Turistas“ und seinen Zweite-Reihe-Auftritten als Captain Lennox in den ersten „Transformers“-Blockbustern war es für den Beau aus North Dakota bald auch schon wieder vorbei mit den großen Hauptrollen. In der Folge reihte sich ein Flop an den nächsten und Duhamel verschwand rasch wieder von der „A-Liste“ der kassenträchtigen Top-Namen in Hollywood.
Was soll ein Schauspieler also tun, der keine lohnenden Parts mehr bekommt? Genau, er schafft sich selbst die Gelegenheiten, den Studios, Regisseuren und Casting-Leuten zu zeigen, was sie verpassen, wenn sie ihn nicht besetzen. Das hat schließlich auch für den bis dahin nur mäßig erfolgreichen Sylvester Stallone funktioniert, der sich selbst „Rocky“ auf den Leib schrieb und mit der Titelrolle zum Instant-Superstar avancierte. Und Ben Affleck gelang es nach diversen Flops wie „Liebe mit Risiko - Gigli“ oder „Jersey Girl“, mit den von ihm geschriebenen und inszenierten „Gone Baby Gone“ und „The Town“ nochmal richtig durchzustarten. Es ist also völlig legitim, dass Duhamel es auf dieselbe Art probiert. Ob er mit „Buddy Games“, seinem Debüt als Regisseur und Drehbuchautor, ähnliche Ergebnisse wie die Kollegen erzielen wird, darf allerdings ganz stark bezweifelt werden.
Trotz Kriegsbemalung: Die Buddy Games erweisen sich leider als rundherum traurige Angelegenheit.
Bob (Josh Duhamel), Shelly (Dan Bakkedahl), Doc (Kevin Dillon), Durfy (Dax Shepard), Zane (James Roday Rodriguez) und Bender (Nick Swardson) sind seit ihrer Jugend beste Kumpels. Mittlerweile in den Vierzigern angekommen, veranstalten sie weiterhin jeden Sommer ihre mehrtägigen Buddy Games mit pubertären und oft alles andere als ungefährlichen Wettkämpfen. Als der bisherige Dauer-Champion Shelly dabei allerdings beide Hoden einbüßt, ist vorerst Schluss und die Männer verlieren sich für Jahre aus den Augen.
Doch dann meldet sich plötzlich Shellys Mutter mit einer Bitte bei Bob, dem einstigen Anführer des Haufens: Ihr Filius sei selbstmordgefährdet und nur die Wiederaufnahme der Buddy Games könne ihm noch neuen Lebensmut einhauchen. Zunächst widerwillig trommelt Bob die alte Gang noch einmal zusammen, um dem Freund zu helfen. Schnell realisieren aber auch die anderen, wie sehr ihnen der gemeinsam zelebrierte Schwachsinn in Wahrheit all die Jahre gefehlt hat…
Schon die etwas unbeholfene Einleitung – inklusive Vorstellung der Protagonisten – wirkt wie ein Derivat aus „Catch Me!“, „Jackass“ und den beiden „Kindsköpfe“-Filmen, die Adam Sandler ja ebenfalls mit seinen persönlichen Kumpels wie Kevin James gedreht hat. Sehr originell ist das Szenario also nicht, was aber natürlich nicht automatisch heißen muss, dass das Ergebnis nicht trotzdem halbwegs witzig hätte ausfallen können. Aber die Figuren haben keinerlei Tiefe und man verlässt sich von Seiten der Macher allein darauf, dass die möglichst krassen „Jackass“-Szenarien das Publikum schon irgendwie zum Lachen bringen werden. Wer das Sturzsaufen von Abführmittel, Piña Coladas mit Sperma als Geheimzutat, das wüste Beschimpfen vorpubertärer Kinder oder das Genitalienklatschen ins Gesicht eines Schlafenden als immanent witzig erachtet, mag hier zunächst tatsächlich noch auf seine Kosten kommen.
Da das alles aber von Kameramann Luke Bryant („Dead In A Week (oder Geld zurück)“) nicht gerade einfallsreich präsentiert wird und in Sachen Charakterentwicklung bis zum Finale nichts mehr passiert, dürften sich sogar ausgewiesene Fans von zotigem Toilettenhumor bald langweilen. Zumal die (aller)meisten dieser Stunts so beziehungsweise sehr ähnlich schon x-fach zu sehen waren. Ausgenommen vielleicht der Moment, in dem der von Dax Shepard („CHiPs“) verkörperte Möchtegern-Kinostar Durfy einen biestigen kleinen Marder zu Brei schlägt.
Die Disziplinen sind nicht nur ziemlich sinnlos - sie sind im Film auch nicht sonderlich spektakulär in Szene gesetzt.
Zum Glück dauert das Ganze nur gut anderthalb Stunden. Denn je länger sich die Typen wie infantile Vollidioten aufführen, desto mehr nerven sie. So wünscht sich das Gros des zu diesem Zeitpunkt noch anwesenden Publikums irgendwann, selbst das tun zu können, was die lediglich zum Anfang und zum Ende kurz mitmischende Figur von Olivia Munn („Office Christmas Party“) mit ihrem Boyfriend Bob macht, nachdem er ihr allen Ernstes erzählt, dass die Buddy-Games-Clownereien für ihn den eigentlichen Sinn seines Daseins ausmachen.
Sicher, Freundschaften unter einem bestimmten Schlag von Männern können auch in der Realität schon mal in höchst peinliches Macho-Gehabe und bescheuertes Konkurrenzverhalten ausarten. Zwischen den hier präsentierten Protagonisten ist dabei allerdings – anders als etwa in „Hangover“ oder „Catch Me!“ – keinerlei echte Wärme und schon gar kein gegenseitiger Respekt oder irgendeine Form von Unterstützung zu spüren. Warum diese Kerle ein unsichtbares, inzwischen schon Dekaden überdauerndes Band vereinen soll, bringen weder die vom Skript halbherzig eingebauten kurzen Flashbacks noch die platten Dialoge jemals glaubhaft rüber.
So ist „Buddy Games“ letztlich nicht mehr als die stumpfe Aneinanderreihung von nie zündenden Ekel-Jokes, abstoßend frauenverachtendem Verhalten und Darstellungen physischer Verletzungen oder psychischer Erniedrigung. Dann doch lieber alte Episoden von „Jackass“ – da hat der selbstzerstörerische Macho-Mumpitz zumindest noch Spaß gemacht…
Fazit: Jeder Besuch beim Kieferchirurgen ist spaßiger – und vor allem weniger schmerzhaft.