Metallica besingen in „Devil’s Dance“ die Verführungskünste des Teufels, Iron Maiden verarbeiten in „The Number Of The Beast“ kreischend einen höllischen Albtraum, der in die Realität überzuschwappen droht und Judas Priest haben in den Lyrics von „Deal With The Devil“ den Seelenhandel mit dem Beelzebub längst abgeschlossen. Die Metal-Szene mit den Fans, die gern schwarze Kleidung mit silbernem Nietenschmuck tragen und ihren Lieblingsbands mit dem Mano cornuta („Satansgruß“) ihre Ehrerbietung erweisen, steht längst in Verdacht, mit dem Teufel im Bunde zu sein. Das bietet natürlich reichlich Potenzial für einen Film wie den düsteren Horrorthriller „American Satan“, in dem Regisseur Ash Avildsen („What Now“) über weite Strecken pointiert mit Milieu-Klischees spielt. Doch leider gehen ihm im letzten Drittel des Films spürbar die Ideen aus, das kann auch der stimmungsvolle Soundtrack nicht vollständig übertünchen.
Kurz nach der Gründung der Metal-Band The Relentless ist die Euphorie bei Frontmann Johnny Faust (Andy Biersack) und seinen musikalischen Mitstreitern aus den USA und Großbritannien groß: Als sie zufällig die Bekanntschaft des Plattenproduzenten Elias (Mark Boone Junior) machen, hofft das Quintett auf den großen Durchbruch in Kalifornien. Doch dann verdirbt ihnen eine Konkurrenzveranstaltung einen großen Gig und die Karriereträume drohen zu platzen. Schließlich macht ihnen der dubiose Mr. Capricorn (Malcolm McDowell) ein unmoralisches Angebot: Er verspricht The Relentless den erwünschten Ruhm, wenn die Band ein Menschenleben opfert. Johnny Faust und seine Kollegen erfüllen die Bedingung und prompt stellt sich der Erfolg ein. Fortan besteht ihr Leben nur noch aus einer lasterhaften Abfolge von Partys, Drogen- und Sex-Exzessen – mit fatalen Folgen.
Die große Inspirationsquelle von Regisseur und Drehbuchautor Ash Avildsen (übrigens der Sohn des 2017 verstorbenen „Rocky“-Regisseurs John G. Avildsen) ist offensichtlich: Goethes „Faust“. Vom gleichnamigen Protagonisten über eine Freundin mit Namen Gretchen bis hin zu einer mephistophelischen Figur sind mit kleinen Abwandlungen alle wesentlichen Akteure der berühmten Tragödie vertreten. Trotz dieser Gemeinsamkeiten geht „American Satan“ beim Handlungsverlauf eigene Wege – und lässt dabei die bissige Konsequenz des literarischen Originals in der Zurschaustellung des Niedergangs der Faustfigur vermissen. Eine orgiastische Szene in einem Etablissement mit roten Samtvorhängen markiert dabei etwas plump den Wendepunkt von „unschuldigen“, augenzwinkernd eingebundenen Klischees von Rocker-Eskapaden (Sex auf dem Hotelzimmer, Kneipenschlägerei) hin zum Leben in Sünde. Getaucht in dunkel-warme Bilder in sattem Orange sammeln die Bandmitglieder untermalt vom Crosses-Song „Bitches Brew“ ihre ersten Erfahrungen mit Drogen und den barbusigen, verführerischen Sirenen des Satans. Im weiteren Verlauf folgt vorhersehbar Exzess auf Exzess, ohne dass dabei die Handlung vorankommt. Im letzten Drittel plätschert „American Satan“ etwas beliebig dahin, hebt sich mit der geschmackssicheren Zurückhaltung bei der Inszenierung zugleich aber auch sowohl vom Brutalo-Horror „Devil’s Candy“ als auch vom Splatstick „Deathgasm“ ab, die ebenfalls im Metal-Milieu angesiedelt sind.
Die Stärken von „American Satan“ liegen weniger in seinem simpel gestrickten Plot mit einigen zynischen Seitenhieben auf die Mechanismen des Musikgeschäfts als vielmehr in seinem stilisierten Look und seinen atmosphärischen Soundtrack. Die knallig-intensiven Bilder von Kameramann Andrew Strahorn („Hostel 3“) weisen eine hohe Farbsättigung auf und sind bei den zahlreichen Konzertszenen geradezu rauschhaft montiert, wenn The Relentless mit eigens für den Film geschriebenen, kraftvollen Songs die Bühne rocken. Dabei ist nicht die Stimme von Hauptdarsteller Andy Biersack (selbst in der Rock-Band „Black Veil Brides“ aktiv) zu hören, sondern das kratzige Organ von Palaye-Royale-Sänger Remington Leith, dessen Band neben den Metal-Ikonen von Skid Row und Deftones ebenfalls auf dem Film-Soundtrack vertreten ist. Während Hauptdarsteller Biersack und Ex-Bond-Girl Denise Richards („Die Welt ist nicht genug“) in einer Nebenrolle als Johnny Fausts Mutter blass bleiben, setzt der vielbeschäftigte Malcolm McDowell („Uhrwerk Orange“) die stärksten schauspielerischen Akzente. Herrlich fies zelebriert die spielfreudige Horror-Ikone den diabolischen Dialogwitz und gibt den hinterhältig-satanischen Verführer.
Fazit: Auch wenn in „American Satan“ letztlich der Stil über den Inhalt siegt, ist dies ein solider und temporeicher Horrorthriller. Die Originalsongs haben Power, das düstere Setting ist beeindruckend und Malcolm McDowell glänzt in einer teuflischen Paraderolle.