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    Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer?
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer?
    Von Michael Meyns

    Erst im vergangenen Jahr hat Maren Ade es mit einer ganz eigenen Mischung aus brüllend komischen Szenen und einer substantiell-tragischen Thematik bis zu einer Oscarnominierung für den Besten fremdsprachigen Film gebracht: Ihr „Toni Erdmann“ hat dem Rest der Welt gezeigt, dass Deutsche eben doch verdammt lustig sein können (auch hierzulande kam der 5-Sterne-Hit extrem gut an und hat es auf mehr als eine Million Besucher gebracht). Auf vergleichbare Weise versucht nun auch Lola Randl („Die Libelle und das Nashorn“, „Die Erfindung der Liebe“), in ihrer Verwechslungskomödie „Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer?“ tragische und komische Momente zusammenzubringen. Allerdings gleitet die Regisseurin dabei zu oft ins geradeheraus Burleske ab und geht ganz allgemein allzu grobschlächtig vor, um aus einem tatsächlich sehr spannenden Ansatz auch einen interessanten Film zu machen.

    Luisa (Lina Beckmann) ist eine Paartherapeutin, die eigentlich selbst schnellstmöglich in Therapie gehört. Mit ihrem Mann Richard (Charly Hübner) führt sie eine leidenschaftslose Ehe nach Vorschrift, während sie ihre sexuellen Bedürfnisse bei Leopold (Benno Fürmann) stillt, der nicht nur Luisas Lover, sondern auch Richards Boss in einer Makleragentur ist. Das zunehmende Gefühlschaos in Luisas Leben führt eines Morgens dazu, dass sie plötzlich neben einer Doppelgängerin aufwacht: Ann (Lisa Beckmann) sieht aus wie Luisa und agiert wie Luisa, nur ist sie eine ganze Spur naiver. Anfangs verständlicherweise irritiert, nutzt Luisa ihre Doppelgängerin schon bald aus, um selbst mehr Zeit mit Leopold verbringen zu können, während sie Ann zu Richard schickt. Der wiederum ist ganz überrascht von seiner auf einmal wieder funktionierend Ehe, aber die Erkenntnis, dass ihr Gatte die Doppelgängerin viel lieber mag als sie, ist nur der Beginn einer ganzen Kette neuer Probleme für Luisa…

    Der bonbonbunte Vorspann mit seinen laienhaften Grafikelementen macht direkt klar, was da kommen wird: Nämlich ein in wirklich jeder Hinsicht überdrehter Film, der eine betont künstliche Versuchsanordnung zunehmend auf die Spitze treibt, um so von modernen Beziehungen und ihren Problemen zu erzählen. Im Ansatz nichts Ungewöhnliches, es gibt schließlich schon etliche Beziehungskomödien, die sich eines vergleichbaren (Fantasy-)Ansatzes bedient haben – von Carl Reiners „Solo für zwei“ über Harold Ramis‘ „…und täglich grüßt das Murmeltier“ bis hin zu Nancy Meyers‘ „Was Frauen wollen“. Aber Regisseurin Randl strebt mit „Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer?“ offensichtlich nach mehr – sie will über die üblichen Kalenderweisheiten solcher Komödien hinaus, etwas Substanzielles über den Verlust der Spannung in einer Beziehung erzählen, über das Nebeneinanderherleben von Paaren, die sich und ihre Eigenarten schon seit Jahren heimlich verachten, über den alltäglichen Trott, aus dem kaum noch ein Ausbrechen denkbar ist. Die Idee einer plötzlich gedoppelten Persönlichkeit ist dabei sicher kein schlechter Ansatz: So treffen das (vielleicht schon zu) erfahrene und das junge, naive, vielleicht auch noch ein bisschen idealistische Ich in einer direkten Konfrontation aufeinander.

    Aber was Randl aus dieser Idee macht, die natürlich schon von Natur aus eine High-Concept-Kopfgeburt ist, die man sich auch gut als Prämisse einer Jerry-Lewis-Groteske vorstellen könnte, ist leider viel zu wenig. Das fängt schon mit der Hauptdarstellerin an: Die Theaterschauspielerin und Komikerin Lina Beckmann spielt Luisa und Ann auf sehr ähnliche überdrehte Weise, weshalb die Idee, zwei konträre Aspekte einer Persönlichkeit einander gegenüberzustellen, schon im Ansatz verpufft. Zudem ist ihr Spiel alles andere als subtil, was vielleicht zu einer simpel gestrickten Mainstream-Beziehungskomödie passen würde, aber sich hier mit den tiefergehenden Ambitionen beißt: Jede Regung, jede Geste wird bei ihr zum Extrem, das man auch in der letzten Reihe nicht übersehen könnte – so bleibt schlicht kein Raum für Ambivalenzen. Auch die Regie betont das Gemeinte im Zweifelsfall lieber doppelt und dreifach, die Fantasie des Publikums wird hier nicht beflügelt, sondern schon in den ersten Momenten geradezu abgetötet, etwa wenn Luisa im Supermarkt auf einmal Richard und Leopold begegnet und dann zusätzlich zu einem eh schon alles sagenden Mienenspiel auch noch verbal betont, wie aufregend die Situation ja jetzt gerade für sie ist. Eine Komödie mit der Brechstange, aber lustig ist das trotzdem nicht.

    Fazit: Aus dem spannenden Ansatz einer im wahrsten Sinne des Wortes gespaltenen Persönlichkeit macht Lola Randl in „Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer?“ eine Komödie, die zu plakativ und wenig subtil daherkommt, um wirklich komisch zu sein.

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