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    Eiffel In Love
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Eiffel In Love

    Ein hübsch anzusehendes Schnarchkonzert

    Von Nikolas Masin

    Wenn es darum geht, eine fiktive Drama-Romanze in ein reales historisches Ereignis einzubetten, hat James Cameron 1997 mit „Titanic“ ein Jahrhundertwerk vorgelegt. Aber auch Guillermo del Toros „Shape Of Water“, in dem die Liebe zwischen einer stummen Reinigungskraft und einem Fischmenschen während des Kalten Krieges erzählt wurde, wusste 2017 nicht nur die Oscar-Wähler*innen zu beeindrucken.

    Der Vergleich ist ein wenig unfair, aber kaum zu umgehen: Auch „Eiffel In Love“ von Martin Bourboulon sehnt sich einen großen Liebes-Mythos um die Entstehung des namensgebenden berühmten Pariser Turms herbei – zwischen dem Eiffelturm-Schöpfer Gustave Eiffel und dessen Jugendliebe. Leider sind weder die zu Teilen tatsächlich wahren, noch die größtenteils hinzugedichteten Anteile besonders interessant, was nur einmal mehr zeigt: Nicht hinter jeder großen Schöpfung steht auch zwangsweise eine faszinierende Persönlichkeit.

    Im Film ist die wiederentdeckte Liebe von Gustave Eiffel (Romain Duris) und Adrienne Bourgès (Emma Mackey) zentral für den Bau des Eiffelturms.

    Der geschätzte Ingenieur Gustave Eiffel (Romain Duris) soll für die Pariser Weltausstellung im Jahr 1889 ein spektakuläres Bauwerk entwerfen – ein Symbol für Frankreich, ähnlich der amerikanischen Freiheitsstatue in New York. Zunächst überfordert findet er neue Inspiration, als er seine vor 20 Jahren verflossene Liebe Adrienne Bourgès (Emma Mackey) wiedertrifft: Er möchte mit über 300 Metern den größten Turm der Welt bauen. Obwohl Adrienne mittlerweile mit einem anderen Mann namens Antoine (Pierre Deladonchamps) verheiratetet ist, entbrennt ein neues Feuer zwischen ihr und Gustave. Rückblenden klären uns unterdessen darüber auf, wie die einstige Liebschaft der damals jungen Erwachsenen verlief – und zeichnet Parallelen zur Gegenwart der beiden...

    Paris, die (cinematisch ausgelutschte) Stadt der Liebe. Der Eiffelturm, das romantisierte Symbol Frankreichs. Ein leidenschaftliches Techtelmechtel mit Klassenunterschied. Diese Kombination verspricht zumindest einen nett überdrehten Kitsch-Overkill. Aber dieser Herr Eiffel ist nicht wirklich Romantiker. Vielmehr ist der Selfmade-Zylinderhutträger ein (immerhin überdurchschnittlich motivierter) Allerweltstyp, der sich auf einer Ebene mit seinen schuftenden Baustellenarbeitern sieht, in der nächsten Szene dann aber der Bourgeoisie seine (falsche) Bescheidenheit mit Sätzen wie „Ich bin nur ein Mann mit einer Idee, die größer ist als er selbst“ vorträgt. Es ist eine seltsame Ironie, welche der Film nicht zu beabsichtigen scheint – als hätten die Drehbuchautoren ihre persönliche Faszination für den Menschen (und „dessen“ Bauwerk) in den Mund der zentralen Figur selbst gelegt.

    Was nicht passt, wird passend gemacht

    In diesem Zuge wird Eiffel auch noch zum theatralen und größenwahnsinnigen Wahrsager, wenn er die Konstruktion des Turms als „Kampfansage an die Schwerkraft“ versteht und noch vor Baubeginn bereits die millionenstarken Touristenschaaren zum Turm pilgern sieht. Eiffels Sätze wirken narzisstisch, obwohl Schauspiel und sonstiges Verhalten einen fast überzogenen Sympathieträger vermitteln wollen. Damit wird auch verständlich, warum der Film die geringe Selbstbeteiligung von Gustave Eiffel an der Konzeption des Turms so ziemlich verschweigt. Die zahlreichen Entwürfe und Überarbeitungen stammen in Wahrheit aus der Feder anderer Ingenieure und Architekten – und wurden vom titelgebenden Helden gerade einmal in Auftrag gegeben. „Eiffel in Love“ möchte aber lieber das Bild eines liebenswerten Universalgenies zeichnen – inspiriert durch die Liebe seines Lebens.

    Adrienne Bourgès heißt die hochgeborene Dame des Herzens – erstaunlicherweise gespielt von Emma Mackey, die als sarkastisches Punkgirl in der quietschbunt-unanständigen Netflix-Serie „Sex Education“ berühmt wurde. Die 25-Jährige spielt dann aber doch auch hier eine Rebellin – zumindest als 18-jährige Adrienne in den Flashbacks, wenn sie gegen den Willen ihrer Eltern mit dem (noch sich selbst die Hände schmutzig machenden) 28-jährigen Gustave anbandelt. Beeindruckend ist dabei, wie glaubwürdig beide Darsteller die 20 Jahre auseinander liegenden Versionen ihrer Figuren meistern. Die Mittzwanzigerin Mackey ist als distanziert-gesittete 40-Jährige ebenso überzeugend wie der 47-jährige Romain Duris als energetischer Endzwanziger. Auch das tolle Maskenbild trägt seinen nicht unbedeutenden Teil dazu bei.

    Die Szenen vom Bau des Eiffelturms sind zumindest visuell herausragend: Hoffentlich habt ihr keine Höhenangst!

    Generell holen die beiden Stars aus dem Skript heraus, was geht. Aber es lässt sich eben nur schwer darüber hinwegtäuschen, dass die gezeigte Liebesgeschichte richtig schnöde ist. Ob nun die vage wirklichkeitsgetreuen Rückblenden in ihre „Jugend“ oder das frei erfundene spätere Wiedertreffen während des Baus des Eiffelturms – es ist eine formelhafte Aneinanderreihung von anfänglichem Zögern, stürmischem Geknutsche und dem zu erwartenden Ende einer Romanze mit Klassendivergenz. Nur müssen wir dieses Klischee ohne Ecken und Kanten eben zweimal durchlaufen.

    Die Liebkosungen laden zudem auch nicht gerade zum Schmachten ein, sondern sind eher unbeholfen bis dämlich: Nachdem beispielsweise Gustave ausschweifend von seinem Ingenieursberuf erzählt hat, lautet Adriennes „raffinierter“ Flirteinwurf: „Sie sind also Ingenieur? Sie können also alles bauen?“ In einer späteren Szene erwidert Gustave die Einfalt: Die Verliebten lehnen an einen Baum, als Adrienne fragt, ob sie nicht für immer hier im Gras sitzen bleiben könnten. Dazu meint Gustave: „Es gibt Ameisen.“ Das ist ein Moment, der unschöne Erinnerungen an eine gewisse Sternenkriegssaga mit Anakin Skywalkers legendärem „Ich mag Sand nicht!“-Monolog weckt.

    Öde Seligkeit ohne dramatischen Reiz

    Gustave und Adrienne haben keine wirklichen Makel – keine fatalen Charakterschwächen, welche sie in die Miseren zwängen. Die unterschiedliche Kinderstube sorgt für keinen eigentlich allzu menschlichen Streit. Schwere Dilemmata-Entscheidungen haben sie nicht zu treffen. Sie sind ein perfekt langweiliges Traumpaar, dem unumgänglich Böses durch äußere Umstände aufgezwungen wird. Herzzerreißend ist das eher nicht – Tränen werden nur ganz spärlich, und wenn auch nur von Adrienne, verdrückt. Gustave haut einmal kurz wo drauf, schreit seine Arbeiter zusammen und baut dann halt an seiner großen Schöpfung weiter.

    Auch die anderen Figuren, für welche ohnehin kaum noch Screen Time übrig ist, sind ähnlich glatt gezeichnet – die meiste Zeit über ist unverdient vollblütiger Optimismus angesagt. Am interessantesten muten da noch Gustaves flapsige Tochter und ihr hyperaktiver Verlobter an, welche direkt zu Anfang eingeführt werden – dann aber kaum noch vorkommen: Sie dienten eben lediglich dazu, Gustave in Nostalgie über seine eigene Schmetterlingsbauchzeit schwelgen zu lassen. Erwähnenswert ist noch Adriennes Ehemann Antoine, welcher der wiederentdeckten Jugendliebe im Wege steht. Besonders in Erinnerung bleibt eine Szene, in welcher die beiden Männer alleine einen Waldweg entlangtuckern, der Motor aber plötzlich „ausfällt“ und Antoine mit falschem Grinsen Gustave darum bittet, an der Haube nachzuhelfen. „Worauf läuft das hinaus – wird er ihn überfahren?“, grübelt man angespannt. Dass dies bereits einen erzählerischen Höhepunkt darstellt, sagt wiederum einiges über den Rest des Films aus.

    Visuelle Augenweiden statt langfristige Plot-Konsequenzen

    Nebenbei wird der Eiffelturm erbaut. Große Probleme scheint es auch dort kaum zu geben. Einmal ist zu viel Wasser im Gerüst-Unterbau, einmal will ein Bolzen nicht auf Anhieb passen. Der Rest wird dann fix durch die Ansprache einer Figur überschlagen: Der Vatikan und Pariser Künstler fühlen sich vom Projekt gekränkt. In einer Zeitung landet eine fiese Karikatur des Turms – mit Eiffels Kopf samt Schlangenzunge. Das alles sind Probleme, die in der jeweils nächsten Szene bereits keine Rolle mehr spielen. Die Arbeiter streiken? Eine fixe pathetische Ansprache regelt das schon. Sogar das Geld wird Gustave schließlich von der Stadt gekappt. Noch beim Verlassen des Gebäudes meint er, es dann eben selbst zu finanzieren. Zum Mitfiebern bleibt keine Zeit.

    Immerhin kann sich der digitale Turm sehen lassen: Wenn die Kamera in schwindelerregender Höhe auf das verzweigte Stahlgerüst herabblickt, während Arbeiter ungesichert balancieren, oder von dort oben der wunderschöne Sonnenuntergang eingefangen wird, dann gibt es nichts zu meckern. Die Sets und deren ergänzende Animationen sind echte Hingucker geworden und lassen das späte 19. Jahrhundert zumindest visuell wieder aufleben.

    Fazit: „Eiffel In Love“ hat keine spannende Geschichte zu erzählen. Weder die teilweise wahre Lovestory noch der Bau des berühmten Pariser Stahlbauwerks waren, wenn es nach diesem Film geht, irgendwie außergewöhnlich. Der Ingenieur des Eiffelturms hatte eine zerbrochene Liebesbeziehung. Dann ließ er irgendwann einen Turm bauen. Der Zusammenhang scheint mehr als willkürlich. Dass die unterforderten Schauspieler ihr Bestes geben und das Ganze visuell ordentlich was hermacht, rettet auch nicht über die grundlegende Reizlosigkeit des Werkes hinweg. Dann doch lieber noch eine Fahrt mit Jack und Rose auf der „Titanic“.

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