Vom Rehkitz („Bambi“) über den Anemonenfisch („Findet Nemo“) bis zum Stier („Ferdinand“) - das Tierreich wurde im Animationsgenre bereits nahezu vollständig abgegrast. Auch in die Lüfte begeben sich die Filmemacher immer wieder: Vergangenes Jahr erschien mit „Überflieger“ eine charmante Geschichte über einen von Störchen aufgezogenen Spatz und „Zambezia“ aus dem Jahr 2012 spielte im Vogelparadies Südafrika. Auch in „Gans im Glück“ geht es nun entgegen des unspektakulären Titels erstaunlich exotisch zu, denn das Produzententeam hinter „Der Prinz von Ägypten“ und „Shrek“ hat sich China als Kulisse für sein geflügeltes Roadmovie ausgesucht.
Die Moral und der Witz des Films funktionieren jedoch länderübergreifend. In „Gans im Glück“ steht vor allem der Appell an ein friedliches Miteinander im Fokus und dass man gemeinsam alles erreichen kann. Das sind gerade im in der Regel um simple und allgemeingültige Botschaften bemühten Familienfilmsektor natürlich keine allzu neuen Erkenntnisse, aber das Regiedebüt von „König der Wellen“-Autor Christopher Jenkins ist nicht bloß visuell wunderschön, sondern steckt auch voller kleiner liebevoller Weisheiten und Ideen, die den Film zu einer ebenso kurzweiligen wie amüsanten Angelegenheit machen.
Der Gänserich Peng (deutsche Stimme: Markus Pfeiffer) ist ein eingefleischter Junggeselle und davon überzeugt, alleine viel besser dran zu sein. Das ändert sich, als er sich kurz vor dem Abflug ins Winterquartier den Flügel verletzt und die anderen Gänse einfach ohne ihn abheben. Fest entschlossen, sich per Gänsemarsch bis ans Ziel durchzuschlagen, trifft er unterwegs auf die einsamen Entenküken Lissy (Marcia von Rebay) und Lucky (Norman Endres). Die Vogelbabys sind auf der Suche nach ihrer Familie. Gemeinsam tritt das ungleiche Trio eine beschwerliche Wanderung an und muss es dabei mit einem gemeingefährlichen Kater, einem lebensmüden Eichhörnchen und einem stolzen Hahn aufnehmen…
Christopher Jenkins ist zwar Regiedebütant, aber er blickt trotzdem auf eine lange Karriere in der Animationsbranche zurück – begonnen hat er schließlich bereits 1988 als Animator für „Falsches Spiel mit Roger Rabbit“. Dieser Erfahrungsschatz ist nun auch „Gans im Glück“ anzumerken, der zwar vollständig aus dem Computer stammt, dessen detailreichen Landschaften aber dennoch mitunter fotorealistische Züge annehmen, was – ähnlich wie schon vor einem Dreivierteljahrhundert in „Bambi“ – zu einem spannenden Kontrast zwischen den naturalistischen Hintergründen und den betont comichaften, mit ungewöhnlich großen Augen und Schnäbeln ausgestatteten Vögeln führt.
Auf dem Weg vom heimeligen Teich in Richtung Winterquartier durchläuft das Trio aus genervtem Gänserich und aufgeweckten Entenküken etliche abenteuerliche Stationen, die Christopher Jenkins und seine Co-Autoren mal actionreich, mal mit viel Slapstick umsetzen – nur auf die Pipikacka-Witze hätte wir gern verzichtet. Im Zentrum steht aber die unkonventionelle Familienzusammenführung: Wie sich Peng widerwillig mit seiner Vaterrolle anfreundet und nach und nach immer enger mit Lucky und Lissy zusammenwächst (schnell merkt er, dass er es mit der Hilfe anderer eben doch weiterbringt als allein), ist zwar ausgesprochen niedlich, wirkt aber dennoch nie zu konstruiert.
Das mag auch daran liegen, dass Jenkins beim Schreiben des Skripts auch auf seine Erfahrungen als unverhoffter Familienvater zurückgegriffen hat. Auf jeden Fall entsteht die Zuneigung zwischen Peng und den beiden Küken ganz behutsam aus der Situation selbst heraus und man bekommt nie das Gefühl, dass es hier nur darum geht, dem Publikum möglichst dick eine – eh nicht ernstgemeinte - Botschaft aufs Brot zu schmieren. Zwischendurch sorgen eine rasante Wildwasserfahrt, die stete Flucht vor dem furchteinflößenden Kater Banzou und die Rettung hunderter kleiner Entenküken aus einem China-Restaurant für mächtig Spannung.
Dabei ist es durchaus eine gewagte Szene, die Küken mitten in die hitzige Hölle eines Restaurants zu schicken. Eingetaucht in ein grelles Rot, sorgen vor allem die schnellen Schnitte zwischen den ach so süßen Babyvögeln und schmackhaft zubereiteten Pekingenten dafür, dass nicht nur den ganz kleinen Besuchern an dieser Stelle des Films ein wenig mulmig werden dürfte. Zwar geht ganz genrekonform am Ende alles gut aus, doch Jenkins inszeniert dieses Finale dennoch derart kompromisslos, dass es nicht verwunderlich wäre, sollten am Ende einige (junge) Zuschauer den Kinosaal plötzlich als Vegetarier verlassen. Im Vorschulalter sollte man also schon sein, für die ganz, ganz jungen Kinogänger könnten einige Szenen hingegen zu aufwühlend sein.
Fazit: „Gans im Glück“ ist eine herzerwärmende Geschichte über einen Vater wider Willen, der sich gemeinsam mit zwei tollpatschigen Entenküken in ein aufregendes Abenteuer stürzt, das dazu auch noch – gerade für eine Produktion ohne großes Hollywoodstudio im Rücken - ganz hervorragend animiert ist.