In einer der eindrücklichsten Szenenfolgen in Ralf Huettners „Burg Schreckenstein 2 – Küssen (nicht) verboten!“, macht die Protagonistenclique sich Sorgen: Ihr Schulschloss soll verkauft werden, die Jungs wissen nicht, wie es mit ihnen weitergeht. Anschließend sieht man die Kids in einer Bildmontage, wie sie in der Ungewissheit pausenlos am Smartphone hängen und sich Nachrichten schreiben. Auch ohne traurige Musik oder andere stilistische Überhöhungen verfehlt dieser Moment seine dramatische Wirkung nicht, denn das Verhalten der Jugendlichen ist hier ziemlich untypisch – die Schüler des Internats Schreckenstein sind normalerweise nämlich eben nicht ständig online oder checken ihre Handys. Die Burg erscheint trotz kleiner Gimmicks wie mit Mikrofon ausgestatteten Armbanduhren und anders als im noch ein wenig bemüht auf „modern“ getrimmten Vorgänger „Burg Schreckenstein“ wie ein regelrechtes „Offline-Paradies“. Diese Zurückhaltung unterstreicht noch, dass die Themen der Fortsetzung letztlich zeitlos sind: Die Teens im Film haben mit denselben Probleme zu kämpfen wie jeder andere Pubertierende auch. So geht es im sehenswerten Jugendabenteuer „Burg Schreckenstein 2“ nicht nur um eine spannende Schatzsuche, sondern einmal mehr auch um wahre Freundschaft und die erste Liebe.
Bei einem Wettkampf zwischen den Jungs von Burg Schreckenstein und dem konkurrierenden Mädcheninternat Schloss Rosenfels kommt es zu einem Zwischenfall, als Graf Schreckenstein (Harald Schmidt) mit einem Zeppelin abstürzt und schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht werden muss. Das Unglück hat bittere Konsequenzen, denn der kurz vor dem finanziellen Ruin stehende Graf sieht keine andere Möglichkeit als die Burg zu verkaufen. Zu diesem Schluss kommt auch sein Stellvertreter Kuno (Uwe Ochsenknecht), der erste Gespräche mit interessierten Geschäftsmännern aus China führt. Für die Schreckenstein-Clique rund um Stephan (Maurizio Magno), Ottokar (Benedict Glöckle), Mücke (Caspar Krzysch), Strehlau (Eloi Christ) und Dampfwalze (Chieloka Nwokolo) kommt das nicht infrage. Gemeinsam mit dem ebenfalls am Schloss hängenden Diener Jean (Alexander Beyer) wollen sie nach jenem Schatz suchen, der seit Jahrhunderten auf der Burg versteckt sein soll und der alle ihre Geldprobleme lösen könnte. Doch um herauszufinden, wo die Reichtümer versteckt liegen, brauchen die Jungen die Hilfe der Mädchen von Rosenfels…
Weshalb „Burg Schreckenstein 2“ den Untertitel „Küssen (nicht) verboten!“ trägt, wird schon ganz zu Beginn deutlich: Bei einem Ruderwettbewerb kentern die Boote der Schreckies und der Hühner von Schloss Rosenfels – und unter Wasser kommt es schließlich zum ersten Kuss, dem noch einige weitere folgen werden. Trotzdem stehen die amourösen Turbulenzen nicht im Mittelpunkt des Films, zuweilen bremsen sie sogar die Haupthandlung um den drohenden Verkauf der Burg aus. Natürlich sind die ersten romantischen Regungen für die jugendlichen Figuren wie für ihr gleichaltriges Publikum ein wichtiges Thema, aber wenn es hier um die Liebe geht, dann sind das oft nicht allzu überzeugend integrierte Einzelszenen, die entsprechend auch keine nachhaltige Wirkung entfalten. Für Aufregung und Spannung sorgt stattdessen die gemeinsame Schatzsuche, die mit Sprachrätseln, einer einfallsreichen Schnitzeljagd und viel Witz daherkommt, ähnlich wie die Bücher und Hörspiele ist „Burg Schreckenstein 2“ in erster Linie eine Abenteuergeschichte.
Drehte sich im ersten Film noch alles darum, wie sich Internatsneuling Stephan auf Burg Schreckenstein eingewöhnt und mit seinen Mitschülern anfreundet, müssen die wiederkehrenden Figuren in der kaum ein Jahr später folgenden Fortsetzung nicht mehr ausgiebig etabliert werden. Tatsächlich konnte für das Sequel dieselbe Riege an Darstellern und Filmemachern versammelt werden wie schon für „Burg Schreckenstein“. Neu dazu kommt diesmal noch Uwe Ochsenknecht („Willkommen bei den Hartmanns“), der als Aushilfsschlossher eine herrlich überdrehte Egoshow abzieht und es lange gekonnt offenlässt, ob in ihm nun ein weicher Kern schlummert oder ob er in Wirklichkeit nicht vielleicht sogar ein Bösewicht ist. Daneben gefällt Henning Baum („Der letzte Bulle“) erneut als ebenso sanftmütiger wie resoluter Internatsdirektor, während Sophie Rois („Drei“) als stocksteife Frau Dr. Horn wieder einmal allen die Show stiehlt. Das Herz und die Seele des Films sind aber die sympathischen Jungdarsteller, an vorderster Front überzeugt einmal mehr Maurizio Magno („Rubinrot“) als pfiffiger Anführer der Clique.
Fazit: Ralf Huettner liefert mit „Burg Schreckenstein 2 – Küssen (nicht) verboten!“ eine souveräne Jugendabenteuerfortsetzung und trifft den Tonfall der Reihe gut.