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    Patti Cake$ - Queen Of Rap
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Patti Cake$ - Queen Of Rap
    Von Antje Wessels

    Auf einer Ende 2015 vom US-Magazin Billboard veröffentlichten Liste zu den „zehn besten Rappern aller Zeiten“ findet sich neben neun Schwarzen mit Eminem nur ein einziger mit weißer Hautfarbe – und keine Frau. Der musikvideoerprobte Regisseur Geremy Jasper (inszenierte Clips für Selena Gomez und Florence + the Machine) macht nun ganz bewusst einen weißen weiblichen Rapstar zur Hauptfigur seines gefeierten Spielfilmdebüts „Patti Cake$ - Queen Of Rap“. Das ist eine geradezu provokante Entscheidung, zumal seine Underground-Musikerin auch nicht den gemeinhin als attraktiv geltenden Körpermaßen entspricht. Letztlich durchläuft auch sie zwar den sprichwörtlichen Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär-Erfolgsweg (ganz ähnlich wie etwa Eminem in „8 Mile“), aber schon alleine die herausragende Neuentdeckung Danielle Macdonald („The East“), die sich als wahre Naturgewalt entpuppt, macht aus dem tragikomischen Musik-Drama „Patti Cake$“ ein das ganze Spektrum menschlicher Emotionen abdeckendes Filmjuwel.

    Patricia Dombrowski (Danielle Macdonald) ist mit den Schattenseiten des Lebens bestens vertraut: Gemeinsam mit ihrer psychisch labilen Mutter Barb (Bridget Everett) lebt sie in einer winzigen Mietwohnung, das Geld ist knapp und ihre ebenfalls zur WG gehörende Großmutter (Cathy Moriarty) ist schwer krank. Halt und Trost findet Patricia lediglich in der Rap-Musik. Unter den Namen Killa P. und Patti Cake§ schreibt sie eigene Songs und tritt ihn Hip-Hop-Battles gegen ihre männlichen Kollegen an. Pattis bester Freund Jheri (Siddharth Dhananjay) erkennt ihr Talent und ermuntert sie zu einer gemeinsamen Session. Gemeinsam mit dem Außenseiter Basterd (Mamoudou Athie) und ihrer Oma nimmt die junge Frau ein Tape auf, auf dem sie sich all ihren Frust von der Seele rappt. Doch das Business ist hart und solange man kein großer Star ist, fließt auch kein Geld…

    „Patti Cake$“ beginnt mit einer Szene, in der das Publikum Zeuge eines von Klischees durchzogenen Rapvideos wird: In grellen Farben räkeln sich vollbusige Schönheiten unter den beobachtenden Augen der fiktiven Raplegende O-Z (Sahr Ngaujah), die in ihrem überheblichen Auftreten deutlich an die Attitüde eines Kanye West erinnert. Erst als klar wird, dass hier weder die drallen Frauen, noch der coole Gangsterrapper im Mittelpunkt stehen, entlarvt sich das Treiben als Traum der unscheinbaren Hauptfigur Patricia, die auf den ersten Blick eher in die Niederungen des Reality-TV passen würde als in die Bling-Bling-Welt des milliardenschweren Hip-Hop-Milieus. Obwohl es auf der einen Seite also extrem unwahrscheinlich erscheint, dass eine Frau wie sie im Rap-Business Fuß fassen könnte, hat die mittellose Killa P. die prollige Art und die derbe Ausdrucksweise (ihre Worte gehören definitiv nicht in Kinderohren) mit vielen Pionieren des Rap gemeinsam, die ebenfalls arg vom Schicksal gebeutelt wurden und in ihren Songs unverblümt vom knallharten Ghettoleben erzählen.

    Und diese Killa P. hat es dank der Australierin Danielle Macdonald in sich. Die Schauspielerin legt nicht bloß ein ungeheures Talent als Rapperin an den Tag (sämtliche für „Patti Cake$“ komponierten Songs erweisen sich schon nach einmaligem Hören als Ohrwürmer), sie haucht mit ihrer natürlichen Ausstrahlung auch der abgedroschenen Floskel „harte Schale, weicher Kern“ neues Leben ein und macht Patricia zu einer der stärksten (Frauen-)Figuren des Kinojahrs 2017. Die übrigen Mitglieder des aus international eher unbekannten Darstellern bestehenden Ensembles stehen meist klar im Schatten der ausdrucksstarken Blondine, aber besonders emotional wird es im Zusammenspiel zwischen Macdonald und Bridget Everett („Dating Queen“) als Patricias Mutter Barb. Die war einst selbst Sängerin, scheiterte aber letztlich und will ihre Tochter unbedingt vor einer ähnlichen Enttäuschung bewahren, zugleich wünscht sie sich aber auch nichts mehr als dass Patricia nun den Erfolg hat, der ihr verwehrt blieb. Zwischen Angst und Hoffnung, Rückschlägen und Teilerfolgen erlebt auch das Publikum den Werdegang von Killa P. als emotionale, wenn auch wenig überraschend verlaufende Achterbahnfahrt. Und selten hat man einer Figur dabei so sehr die Daumen gedrückt wie Danielle Macdonald Power-Rapperin.

    Fazit: Dramaturgisch verläuft „Patti Cake$“ zwar weitgehend in vertrauten Bahnen, aber dafür präsentieren uns Regisseur Geremy Jasper und seine unwiderstehliche Hauptdarstellerin Danielle Macdonald eine wahrhaft unvergessliche Titelfigur.

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