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    Christopher Robin
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Christopher Robin
    Von Thomas Vorwerk

    Es gab schon lange keinen richtigen Winnie-Puuh-Blockbuster mehr, aber dennoch gehört der honigliebende Bär aus dem Hundert-Morgen-Wald mit zu den erfolgreichsten und langlebigsten Marken des Disney-Konzerns: Neben diversen Videospielen und Heimkinoveröffentlichungen, die auch gerne im konzerneigenen Disney-Channel gezeigt werden, gab es in den Nuller-Jahren immer wieder neue Zeichentrick-Spin-offs um Tigger (2000), Ferkelchen (2003) oder sogar den Heffalump (2005), die auch hierzulande allesamt in den Kinos liefen. 2011 folgte dann ein großartiger Zeichentrick-Reboot, der aber leider an den Kinokassen nicht erfolgreich genug war, um diesen 2D-Retro-Pfad weiter zu beschreiten. Stattdessen folgt nun eine Realfilm-Version, in dem der inzwischen erwachsen gewordene beste Freund von Winnie Puuh im Zentrum der Erzählung steht. Marc Forsters „Christopher Robin“ ist ein nostalgisch eingefärbtes Fantasie-Abenteuer um Christopher und die plüschigen Freunde seiner Kindheit, die ihm längst verlorengeglaubte Werte und Freuden wieder ins Gedächtnis rufen.

    Nachdem sich Christopher Robin (Ewan McGregor) von seinen Kindheitsfreunden im Hundert-Morgen-Wald verabschiedet hat, geht er aufs Internat, wird erwachsen, lernt seine zukünftige Frau Evelyn (Hayley Atwell) kennen, wird Vater der kleinen Madeleine (Bronte Carmichael) und ergattert nach dem Kriegsdienst einen öden Bürojob beim Kofferfabrikanten Winslow (Mark Gatiss). An einem Wochenende, an dem eigentlich ein Familienausflug zu seinem Elternhaus in Sussex geplant war, soll Christopher nun auf einen Schlag 25 Prozent der Firmenkosten einsparen, notfalls einfach durch Entlassungen. Winnie Puuh (Originalstimme: Jim Cummings, der seit 30 Jahren die Disney-Produktionen um Pu den Bären betreut) macht sich unterdessen große Sorgen um seinen Freund und findet durch ein Astloch in Sussex mithilfe eines magischen Portals den Weg nach London, wo Christopher angesichts seines „überaus wichtigen“ Jobs gerade keine Zeit für Kindheitserinnerungen und den sprechenden Teddybär hat…

    Die Ehe steht am Scheideweg, auf die Tochter, die zufällig die Zeichnungen ihres Vaters von den Bewohnern des Hundert-Morgen-Walds gefunden hat und diese sehr interessant findet, projiziert Christopher lediglich seine eigenen Karriereträume: Sie soll möglichst schnell auch auf eine „boarding school“, was für den Bären von geringem Verstand allerdings wie „boring school“ klingt. Genauso wenig kann Pu mit Christophers hochtrabendem Jobtitel als „efficiency specialist“ anfangen („a-fish-in-the-sea?“). Der Konflikt des Films, Job gegen Familie, kommt einem dabei nicht von ungefähr sehr bekannt vor – und zwar nicht nur aus zahllosen Familienfilmen, sondern eben auch aus Steven Spielbergs „Hook“, in der ebenfalls eine Figur aus der klassischen britischen Kinderliteratur plötzlich erwachsen geworden ist.

     Am Ende von „Hook“ stellt Robin Williams seine eigenen Karrierepläne im Kampf um seine Kinder hintenan. „Christopher Robin“ bietet nun praktisch genau dasselbe Programm, nur gibt es hier kein farbenfrohes Nimmerland und keine Schwertkämpfe mit dem Piraten Käpt'n Hook. Stattdessen landet man hier zunächst im sehr melancholisch angehauchten, herbstlich-nebligen Hundert-Morgen-Wald, um im letzten Drittel des Films mit einem Großteil der sprechenden Stofftier-Meute in London einzufallen, wo eine turbulente Verfolgung à la „Paddington“ endlich den lange vermissten Schwung in die Angelegenheit bringt und sich zudem zeigen muss, wie sich die Philosophie eines gern faulenzenden Stoffbären („Doing nothing often leads to the very best of something“) mit den Arbeitsprinzipien eines unsympathischen Fabrikanten („Nothing comes from nothing“) vereinbaren lassen. 

    Die Animation der Plüschtiere ist perfekt gelungen, der Tonfall der Milne-Geschichten ist gut getroffen. Wie in einem Best-Of finden sich im Film diverse bewährte Handlungselemente aus den Büchern wieder: Winnie versucht, zu einem Honigglas zu klettern, I-Aah verliert und findet seinen Schwanz, jemand bleibt in einem Astloch stecken, die eigenen Fußspuren werden verfolgt und ein roter Luftballon spielt natürlich ebenfalls wieder eine wichtige Rolle. Die Variation hält sich dabei allerdings sehr in Grenzen, wenn man mal davon absieht, dass man im Verlauf des Films dem Geheimnis der Woozles auf die Spur kommt und Fabrikant Winslow gegen Ende den immens gelungen Satz „Let's Adress The Heffalump In The Room“ ausspricht.

    Aber der Spagat zwischen erwachsener Melancholie und kindlichem Slapstick gelingt letztendlich zu selten. Was nützt der hübsch animierte Vorspann, der Christopher Robins Erwachsenwerden in kurzen Kapiteln weitererzählt, die bis hin zum Schrifttype und den Illustrationen (aus Realbildern werden Zeichnungen wie von E.H. Shepard) den Milne-Büchern nachempfunden sind, wenn die Geschichte trotz dieses „Schnellvorlaufs“ anschließend lange Zeit einfach nicht an Fahrt gewinnt. Gerade für Kinder sind Bürotrott, Eheprobleme und die vernachlässigte Madeleine jetzt sicher nicht die spannendsten Elemente eines Winnie-Puuh-Films. Und für ein erwachsenes Publikum ist die Geschichte einfach zu formelhaft und behäbig, man weiß ja eigentlich eh von Anfang an, was noch passieren wird - und die wenigen Überraschungen, etwa die Idee, wie man die Firma doch noch retten kann, entpuppen sich dann zum Teil auch noch als handfeste Enttäuschungen.

    Regietausendsassa Marc Forster („World War Z“, „Wenn Träume fliegen lernen“, „Ein Quantum Trost“) und seine Drehbuchautoren Alex Ross Perry („Golden Exits") und Tom McCarthy („Spotlight") scheinen einfach viel zu beschäftigt damit zu sein, den Tonfall der Vorlagen treffen zu wollen – und vergessen darüber mitunter völlig, ihre eigene Geschichte zu erzählen. Ewan McGregor („Die Schöne und das Biest“) gibt sich zwar sichtlich Mühe, aber auch er kann die Entwicklung seiner Figur nicht überzeugend rüberbringen. Zu Beginn ist Christopher abweisend und am Ende hat er sich halt so verändert, wie es für die Moral von der Geschicht‘ notwendig ist. Zusätzlich wirkt die grundsätzlich begrüßenswerte Disney-Politik, die über Jahrzehnte propagiert weiß-amerikanischen Heile-Welt-Vision mit bewusster Diversität langsam wieder auszugleichen, angesichts des historischen Settings unpassend anachronistisch. Auf den kleinen feministischen Wink und die zwei jungen Schwarzen inmitten einer überalterten weißen Büromannschaft hätte man gerne auch verzichten können, weil sie so eh nur eine Alibifunktion erfüllen.

    Fazit: Mit großen Ambitionen versucht Disney, aus einem weiteren seiner Animationsklassiker einen CGI-gestützten Realfilm zu machen. Aber auch wenn vor allem die vielen liebevollen visuellen Anspielungen auf die Milne-Bücher oder die alten Disney-Filme sehr gelungen sind, kann „Christopher Robin“ seinen Vorgängern erzählerisch einfach nicht den Honig reichen.

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