"Auf der Flucht" – aber im "Stirb langsam"-Stil!
Von Carsten BaumgardtAller guten Dinge sind drei? Genug ist genug? Gerard Butler hat jedenfalls erklärt, dass er hoffe, die „… Has Fallen“-Reihe mit dem dritten Teil „Angel Has Fallen“ zu einem stimmigen Abschluss zu bringen. Kommerziell liefen die groben Brutalo-Reißer um einen Super-Personenschützer, der regelmäßig den US-Präsidenten und mit ihm die ganze Welt retten muss, bislang immerhin erfolgreich genug, dass der ungeplante Trilogie-Ausbau des Überraschungshits (der erste Teil hat damals völlig überraschend den Konkurrenten „White House Down“ an den US-Kinokassen hinter sich gelassen) zumindest buchhalterisch offenbar lohnt. Und obwohl Ric Roman Waugh („Snitch“), der hier Antoine Fuqua (Regisseur von „Olympus Has Fallen“) und Babak Najafi (Regisseur von „London Has Fallen“) beerbt, ein spürbar variiertes dramaturgisches Konzept vorlegt („Stirb langsam“ trifft „Auf der Flucht“ statt „Stirb langsam“ im Weißen Haus), gefällt und enttäuscht „Angel Has Fallen“ mit denselben Kern-Attributen wie die Vorgänger: Es gibt wieder jede Menge satte, teils harte Action, einen hanebüchenen Plot und ab und an hat man bei der seicht-unterhaltsamen Actionsause sogar Spaß. Trotzdem: Die Weltenrettung dann langsam wirklich mal an den Nagel hängen? Sicherlich nicht eine von Gerard Butlers schlechtesten Ideen!
Sein ganzes Berufsleben hat der Secret-Service-Agent Mike Banning (Gerard Butler) dem Schutz verschiedener US-Präsidenten verschrieben. Als das amtierende Staatsoberhaupt Allan Trumbull (Morgan Freeman), in „Olympus Has Fallen“ noch Sprecher des Repräsentantenhauses, Banning das Angebot macht, der neue Leiter des Secret Service zu werden, kommt Banning schwer in Grübeln. Aber Gelegenheit, lange darüber nachzudenken, bekommt der Leibwächter nicht. Als Terroristen einen verheerenden Drohnenangriff auf Präsident Trumbull starten, sterben anderthalb Dutzend Secret-Service-Agenten – nur Banning überlebt angeschlagen, der Präsident liegt schwer verletzt im Koma. Alle Spuren und Indizien deuten darauf hin, dass der Agent selbst hinter der Attacke steckt. Während der Vize-Präsident Martin Kirby (Tim Blake Nelson) die Amtsgeschäfte der US-Regierung übernimmt, wird der flüchtige Banning landesweit als Sündenbock gebrandmarkt und gesucht …
Gerard Butler als Amerikas schlagkräftigster Personenschützer Mike Banning.
Das Mike-Banning-rettet-den-Präsidenten-und-die-Welt-Konzept nach „London Has Fallen“ noch ein zweites Mal quasi ohne Änderungen zu wiederholen, wäre der Einfallslosigkeit zu viel. Das war offensichtlich allen Beteiligten klar. Deshalb bringt Regisseur und Co-Drehbuchautor Ric Roman Waugh eine neue Struktur mit – die ist nicht unbedingt besser, aber zumindest anders. Sein „Auf der Flucht“-Plot sorgt allerdings kaum für Spannung, weil von Beginn an viel zu offensichtlich ist, wer als Bösewicht hinter den Angriffen der Super-Hacker steckt (dass der bis in den Tod loyale Mike Banning natürlich nichts damit zu tun hat, versteht sich von selbst und wird vom Film auch gar nicht erst als Möglichkeit angebracht). So ist das Publikum zwar schon irgendwie auf seiner Seite, wenn der Angeklagte in Dr.-Kimble-Manier den wahren Täter aufzuspüren versucht, während ihn der gesamte Sicherheitsapparat der USA verfolgt. Aber zugleich ist das auch alles superplump: Das Weiße Haus, CIA, FBI – die schnelle und medial ausgestellte Festlegung auf Banning als (Einzel-)Täter wirkt albern-simpel! Schnell bekommt man den Eindruck, dass hier sowieso nur altbekannte Versatzstück zusammengesetzt werden – und zwar ganz egal, ob sie an der Stelle gerade passen oder nicht.
Der Ansatz, dem Film ein wenig mehr charakterliche Tiefe zu verleihen, mag löblich sein, lässt die Handlung aber auch nicht weniger haarsträubend unglaubwürdig erscheinen. Was „Angel Has Fallen“ allerdings tatsächlich merklich aufwertet, ist der völlig durchgeknallte Auftritt von Nick Nolte („Head Full Of Honey“) als Mike Bannings verschollener Vater, eine Art herzensguter Una-Bomber, der wie Kai aus der Kiste in den Plot geschmissen wird. Der dreifach oscarnominierte Star macht einen Riesenspaß und ist komplett over the top. Schade nur, dass Waugh dem Wahnsinn noch ein halbgares Vater-Sohn-Drama beimischt, das an der Stelle natürlich eh niemanden ernsthaft interessiert. Zudem ist Gerard Butler („300“) beim Rumballern einfach besser als im Verhandeln von familiären Konflikten. Etwas griffiger ist da schon ein kurzer Diskussions-Exkurs, wenn Banning und sein Vater Clay über die Gleichheit der Kriege in Korea, Vietnam und dem Irak philosophieren – wobei das im selben Moment auch ein bisschen schizophren ist, weil „Angel Im Fallen“ trotz seiner Anti-Kriegs- und Anti-Söldner-Message im selben Moment eben auch eine Menge idiotischen Brüderschafts-Bullshit („Wir sind Löwen!“) und Michael-Bay-Gedächtnis-Zeitlupen von Militärgerätschaften zelebriert.
Zausel-Bomber mit Herz: Nick Nolte als Mike Banning lange verschollener Vater Clay.
Kernkompetenz von „Angel Has Fallen“ ist und bleibt aber die Gaga-Action um kernige Typen, die abends mit Bier in der Hand riesige Steaks auf den Grill schmeißen. Wurde die extreme Brutalität von „Olympus Has Fallen“ schon in „London Has Fallen“ etwas zurückgefahren, bleibt auch der dritte Film diesem neuen „sanfteren“ Kurs treu. Es geht schon zur Sache (FSK: ab 16 Jahren), aber allzu bestialisch fallen die Tötungen visuell nicht aus. Nach einem packenden Beginn in einem Trainings-Parcours, wo nebenbei kurz eine schicke Ego-Shooter-Perspektive präsentiert wird, ist die zentrale Drohnenattacke die eindeutig innovativste Action-Sequenz, selbst wenn sie in Sachen CGI-Technik nur mittelmäßig ausgeführt wird. Eine dynamische Truckverfolgungsjagd und weitere Explosionsfestivals sorgen neben dem donnernden Score von David Buckley („Jason Bourne“) für das nötige Krawall-Grundrauschen, das die Actionreihe seit jeher auszeichnet. Nichts, was ewig im Gedächtnis bleibt, aber alles mit ordentlich Schmackes. Passt schon und dann ist jetzt auch gut.
Fazit: „Angel Has Fallen“ ist ein klobiger Action-Thriller, der zwar ebenso hanebüchen wie vorhersehbar ist, aber dank kompetent-geradlinig inszenierter Action-Szenen und einem grandios über die Stränge schlagenden Nick Nolte streckenweise trotzdem ganz ansprechend unterhält.