Man hat sich im ersten Moment natürlich schon gefragt, was das denn jetzt bitteschön soll. Jakob Lass ist seit seinem Mumblecore-Meisterstück „Love Steaks“ schließlich nicht nur Deutschlands Impro-Maestro, sondern eben auch ein ausgewiesener Berlin-Experte, wie er mit „Frontalwatte“ und „Tiger Girl“ bewiesen hat. Und da adaptiert er jetzt plötzlich nicht nur das Buch eines anderen, sondern mit Tino Hanekamps Kiez-Ode „So was von da“ auch noch einen waschechten Hamburg-Roman…
Dass die Verfilmung ihre Weltpremiere ausgerechnet auf dem Münchner Filmfest gefeiert hat, war da nur noch das Tüpfelchen auf dem i. Aber keine Sorge, Lass ist nicht etwa auf die dunkle Seite der Regie-Handwerker gewechselt, die immer schön abwechselnd Bestseller und Storys über den Zweiten Weltkrieg oder die DDR verfilmen. Ganz im Gegenteil: Lass hat mit seinen ganz eigenen Methoden weitestgehend die Hoheit über den Stoff übernommen und ihn anständig durch den Impro-Wolf gedreht.
Das betrifft vor allem das Setting. „So was von da“ spielt in einer Silvesternacht vorwiegend in einem Kiez-Club, der direkt im Anschluss geschlossen werden soll. Aber mit Partyszenen ist das eben so eine Sache. Egal wie gut man den Statisten auch einheizt, echte Club-Atmosphäre kann an so einem Filmset mit seinen Wiederholungen, Umbauten und zahlreichen umherstehenden Crew-Mitgliedern eigentlich gar nicht aufkommen.
Also haben es Lass und sein Team genau andersherum gemacht – statt eine Party an einem Filmset vorzutäuschen, haben sie eben eine echte Party veranstaltet und einfach um diese herumgedreht. An vier Abenden in einem Club in der Nähe der Reeperbahn hat Lass einige der angesagtesten Bands der Stadt aufspielen lassen – und inmitten der feiernden und trinkenden (und sonst was machenden) Gäste seinen Film improvisiert. Ein nicht geringes Risiko, das sich aber auf der Leinwand auszahlt: Die „echte“ Party ist hier definitiv mehr als nur ein Gimmick. Sie ist es, woraus der ganze Film einen Großteil seiner Energie zieht, mehr noch als aus den Geschichten der Protagonisten.
Während Club-Betreiber Oskar Wrobel (Niklas Bruhn) seinem Geschäftspartner Pablo (David Schütter) irgendwie beibringen muss, dass der Kredithai Kiezkalle (Kalle Schwensen) noch in dieser Nacht eine beträchtliche Summe von ihnen erwartet, taucht plötzlich auch noch seine Ex-Freundin Mathilda (Tinka Fürst) auf der Party auf. Oskars alter Kumpel Rocky (Mathias Bloech) ist den vergangenen Jahren versehentlich zu einem Rockstar geworden. In dieser Nacht spielt er mit seiner Band ein Konzert im Club und muss sich zudem auch noch um seinen Rocker-Vater Elvis (Bela B.) kümmern, der nach Jahren aus dem Koma erwacht ist und nun vor seiner Frau flieht, was gar nicht so einfach ist, weil seine Frau die Hamburger Innensenatorin ist (Corinna Harfouch). So wird gefeiert, getanzt und getrunken, als ob diese Silvesternacht die letzte Nacht überhaupt wäre. Und irgendwie ist sie das ja auch…
„So was von da“ von Tino Hanekamp, der übrigens selbst auch einen Club betreibt, ist ein ziemlich gutes Buch. Und trotzdem ist der Film immer dann am besten, wenn er sich gerade nicht an der Vorlage abarbeitet, sondern sich einfach von der Energie der Partymachenden mitreißen lässt. Wenn man „So was von da“ nüchtern anschaut, ist der Club erfüllt von einer tiefen, berührenden Melancholie. Vielleicht ist das immer so, wenn man Feiernde eine Nacht lang von außen beobachtet, aber wer macht das schon und deshalb fällt es nun in „So was von da“ eben ganz besonders auf. So geraten insgesamt auch all die Szenen am eindringlichsten, in denen die Atmosphäre im Club und die Stimmung der Erzählung ineinanderfallen – und das kommt zum Glück sehr oft vor, schließlich ist „So was von da“ nicht nur eine Hommage, sondern immer auch ein Totengesang für die aussterbende Clubszene.
Es gibt aber auch Momente, in denen sich Stimmung und Erzählung regelrecht beißen. Besonders auffällig ist das bei Oskars immer cleveren, immer trockenen Off-Kommentaren, die den postmodernen, mit Bezügen vollgepackten Too-Cool-For-School-Stil des Romans widerspiegeln. Aber auf der Tanzfläche des Films, wenn man sich auch als stillsitzender Kinobesucher ganz der Atmosphäre dieser Nacht hinzugeben versucht, ist „clever“ einfach fehl am Platz. Lass hat aus „So was von da“ sehr weitgehend sein ganz eigenes Ding gemacht – und das ist auch gut so. Nach diesem faszinierenden Experiment wären wir aber trotzdem nicht allzu traurig, wenn er das nächste Mal wieder ohne Vorlage arbeitet.
Fazit: Eine wunderbar ausgelassene und dabei doch auch zutiefst melancholische Abbruchparty, bei der man einfach dabei gewesen sein sollte, selbst wenn mitunter noch einige allzu clevere Überbleibsel des Romans den ganz eigenen Fluss dieser wahnwitzigen Clubnacht stören.