Eine Hollywoodromanze verläuft in der Regel immer nach ein- und demselben Prinzip: Mann und Frau lernen sich kennen, entwickeln Sympathien füreinander, überwinden ein, zwei mehr oder minder große Hürden und schauen mit Einsetzen des Abspannes einer sonnigen Zukunft entgegen. Das Happy End suggeriert, dass das Paar glücklich und zufrieden zusammenbleiben wird, bis dass der Tod es scheidet. Mit dem nach der Verliebtheit einsetzenden Alltag müssen sich die Zuschauer da gar nicht mehr auseinandersetzen. Regisseurin Laura Lackmann („Mängelexemplar“) hingegen macht es in „Zwei im falschen Film“ ganz anders: Sie erzählt explizit von einem im alltäglichen Trott feststeckenden Pärchen und beginnt ihre Tragikomödie ausgerechnet mit der Happy-End-Szene aus einer Kitschschmonzette, die sich ihre Hauptfiguren im Kino ansehen. Die Realität spielt sich derweil vor der Leinwand ab, als Heinz (wunderbar verhuscht: Laura Tonke) und Hans (wie immer charismatisch: Marc Hosemann) beginnen, ihre Beziehung auf Hollywoodtauglichkeit zu testen. Daraus ergibt sich gleichermaßen ein süffisantes Spiel mit Klischees wie auch ein ehrlich zu Herzen gehendes Liebesdrama.
Heinz (Laura Tonke, „Hedi Schneider steckt fest“), die eigentlich Laura heißt, und ihr Freund Hans (Marc Hosemann, „Oh Boy“) sind seit acht Jahren ein Paar. Mittlerweile ist der Alltagstrott eingekehrt, doch die beiden genügen sich selbst. Anstatt abends auszugehen, spielen sie lieber gemeinsam Videospiele. Und wenn Heinz gerade menstruiert, wird das gemeinsame Schäferstündchen eben auf nächste Woche verschoben. Auch beruflich geht alles seinen Gang: Sie ist Synchronsprecherin in einer Zeichentrickserie, er ist Teilhaber eines Copyshops. Als sie von ihren Familien dazu genötigt werden, das achtjährige Beziehungsjubiläum groß zu zelebrieren, gehen die beiden chinesisch essen. Sie haben sich sogar kleine Geschenke gemacht. Doch als plötzlich Lauras Ex-Freund Max (Hans Longo) um die Ecke kommt und dreist nach ihrer Handynummer fragt, ist sie von Hans‘ fehlender Eifersucht gekränkt. In Tränen aufgelöst schlägt sie vor, ihrer Beziehung wieder mehr Leidenschaft zu verleihen. Wie in den Hollywoodromanzen, die die beiden eigentlich verabscheuen. Doch nach acht Jahren ist das schwerer als gedacht…
Es ist eine hübsche Idee, die antiromantische Reise der beiden Protagonisten ausgerechnet in einem Kino zu beginnen. Der erste Dialog zwischen Heinz und Hans ist sogar so etwas wie eine Filmkritik auf das, was sie zuvor gesehen haben (und dessen Finale Laura Lackmann genüsslich klischeehaft in Szene gesetzt hat). Als der Abspann rollt geht es los: eine vorhersehbare Handlung, schablonenhafte Figuren und eine unrealistische Lovestory – was sich die beiden da angeschaut haben, ist also genau das, was der Film, in dem sie selbst die Hauptfiguren sind, nicht sein soll und letztlich tatsächlich nicht ist. „Zwei im falschen Film“ ist keine Geschichte über zwei viel zu schöne Menschen mit Erste-Welt-Problemen, die ihrem eigenen Happy End im Wege stehen. Heinz und Hans sind ein ganz normales Paar, das ganz gewöhnliche Konflikte überwinden muss, die wohl jeder schon mal auszutragen hatte, der in einer längeren Beziehung gelebt hat. Da gibt man auch schon mal den letzten Rest an Privatsphäre auf, wenn man sich etwa das Bad teilt – und merkt nicht, wie dabei sukzessive die erotische Anziehungskraft verloren geht. All dies bringen Laura Lackmann und ihre Darsteller mit viel Feingefühl und Herz rüber: Selbst in den banalsten Alltagsmomenten finden sich bei aller Gewöhnung und Routine immer wieder auch subtile Liebesbekundungen, etwa wenn Heinz ihrem Freund beim Konsolenspiel anbietet, den Spielstand zu löschen, damit die beiden noch einmal den einen Abschnitt gemeinsam durchspielen können, den sie ohne zu fragen allein gemeistert hat.
Bei aller Warmherzigkeit trifft Regisseurin und Drehbuchautorin Lackmann aber auch dann genau den richtigen Ton, wenn es darum geht, zwischen den Zeilen auch die Probleme des Pärchens aufzuzeigen. Aus absolutem Vertrauen (und entsprechend ausbleibender Eifersucht) ergibt sich eben schon mal der Eindruck, der andere würde sich nicht (mehr) für einen interessieren. Und aus dieser Situation heraus gelangen plötzlich unausgesprochene Sehnsüchte an die Oberfläche der Beziehung, die beiden zuvor nicht bewusst waren. Neben der kitschigen Romanze im Kino sind da nämlich auch noch die vermeintlich dauerglücklichen Pärchen im Freundeskreis, die Hans und Heinz permanent vor Augen führen, dass nur wer 24 Stunden rund um die Uhr verliebt ist, wirklich glücklich ist. Die Fassaden der vermeintlich dauerzufriedenen Vorzeigepärchen reißt Lackmann in der Folge ein, aber sie zeigt eben auch die Last der fremden und eigenen Erwartungen, die ein Paarleben prägen. Behutsam erkundet sie die verborgenen Leidenschaften ihrer beiden Protagonisten und die Schwierigkeit, überhaupt zu erkennen, was man sich wirklich wünscht.
Die Filmemacherin schickt ihre Protagonisten auf eine regelrechte Odyssee der Selbstfindung, lässt sie den Abend ihres ersten Kennenlernens nachstellen oder vor dem Alltagsstress in einen Wellnesstempel fliehen. Doch Entspannung lässt sich nicht programmieren: Je verkrampfter das Paar aufeinander zuzugehen versucht, desto weiter entfernen sich voneinander. Das ist mal zum Brüllen komisch – etwa wenn Laura unbeholfen versucht, ihren Hans mit ihrem Ex-Freund eifersüchtig zu machen. Dann wiederum rührt es fast zu Tränen, wenn sich die beiden mehr und mehr eingestehen müssen, dass ihre Vorstellungen von einem Zusammenleben vielleicht doch seit jeher unterschiedlich waren. War man sich zu Beginn noch sicher, dass dieses Paar nur eine kurzzeitige Krise durchlebt, wird diese Zuversicht in der Folge zunehmend erschüttert. Im letzten Filmdrittel überschlagen sich die Ereignisse dann etwas zu sehr und die realitätsnahe Beziehungsanalyse, die vor keinem noch so intimen Thema Halt macht („Warum spritzt Du eigentlich jedes Mal auf meinem Bauch ab?“), weicht auf der Zielgeraden einem schicksalsschweren Familiendrama, das Hans und Heinz wieder zusammenrücken lässt. Vielleicht wird das Leben eben doch manchmal für einen kurzen Moment zur kitschigen Liebesschmonzette.
Fazit: Laura Lackmanns (anti)romantische Tragikomödie „Zwei im falschen Film“ ist eine intime Beziehungsanalyse zweier Menschen, die ihre Liebe zueinander neu entdecken wollen. Mal richtig komisch, mal ganz schön traurig – aber am Ende dürfte sich jeder mindestens einmal in den Figuren wiedererkennen.