Simon hat eigentlich alles. Gute Freunde, eine liebende Familie und jede Menge Spaß am Leben. Dennoch gibt es eine Sache, die Simon trotz seines starken positiven Umfeldes noch nicht getan hat: Er hat sich noch nicht geoutet. In den USA war der Film bereits ein voller Erfolg und kam bei den Kritikern, wie auch beim Publikum hervorragend an. Persönlich fällt es mir schwer diesen Film neutral zu bewerten, denn dafür finde ich den Film persönlich einfach viel zu ansprechend und persönlich.
Der Film handelt von Simon, der noch zur High-School geht und dort ein ziemlich normales leben führt. Allerdings ist Simon schwul hat bis jetzt noch nicht den richtigen Moment gefunden um sich zu outen. Als er auf einem Schulblog den mysteriösen "Blue" kennenlernt, beginnt ein Austausch der beiden Jungen, in dem Simon seine wahren Gefühle zum Ausdruck bringt. Doch kommt ein Mitschüler in den Besitz dieser Nachrichten und beginnt Simon zu erpressen.
Zunächst einmal habe ich das Buch nicht gelesen. Zum Anderen möchte ich gleich im Vorfeld schon einmal anmerken, dass man "Love, Simon" absolut nicht mit Filmen wie "Call Me By Your Name", "Blau ist eine warme Farbe" oder "Brokeback Mountain" vergleichen kann, auch wenn sie thematisch auf das gleiche Thema hinauslaufen. "Love,Simon" ist der erste große Hollywood Film eines großen Verleihs, der eine schwule Hauptfigur hat und ist bewusst auf eine leichtere Kost aus und auf das "normale" Kinovolk ausgelegt und kann rein von seiner Herangehensweise nicht mit den zuvor genannten Filmen verglichen werden. Dennoch ist der Film nicht schlecht. Im Gegenteil ! In den letzten Jahren hat das Teene oder "Young Adult" Kino wieder einen wahrhaft positiven Trend an den Tag gelegt, nicht zuletzt durch den großartigen "Das Schicksal ist ein mieser Verräter". Weshalb mir "Love, Simon" aber persönlich selbst am Herzen liegt und ich ihn nicht wirklich neutral bewerten kann ist die Tatsache, das der Film mich selbst zu jenem Schritt inspiriert hat. Weshalb der Film wohl ein Leben lang diese besondere Note für mich haben wird. Dennoch versuche ich den Film mal zusammen zu fassen.
Inhaltlich macht "Love, Simon" nämlich schon mal alles richtig. Der Film macht sehr viel Spaß und schafft von Beginn an eine absolut wohlwollende Atmosphäre. Dies liegt zum Teil an den sehr warmen Farben und den liebevoll gestalteten Sets, die dazu einen großen Teil beitragen. Gleichzeitig schafft es der Film aber auch unglaublich berührend zu sein, mitzureisen und das Publikum sogar etwas zu Tränen zu rühren. Der Film schafft es auf eine ganz besonders charmante Art und Weise die Ängste eines Comming-Outs einzufangen und diese zu verpacken. Dies schafft er in dem er eine absolut positive Grundstimmung schafft und ein positives Umfeld. Was von jedem Heterosexuellen als "du brauchst davor keine Angst zu haben" und "alles halb so wild" abgestempelt wird, ist in Wahrheit ein immer schwerer Prozess, der mit Ängsten verbunden ist. Homosexualität ist auch heute noch bei weitem nicht so toleriert wie man es denkt und gerade im engeren Feld, Menschen die man schon ewig kennt, genau bei jeden ist es wo das Outing am schwersten fällt, weshalb Simons Verhalten in jeder Sekunde erklärbar und nachvollziehbar ist. Natürlich macht Simon dabei auch einige Fehler. Wenn er quasi das Glück seiner Freunde gefährdet nur um sich selbst zu schützen, dann spiegelt dies eigentlich ziemlich stark wieder, wie stark solche Ängste werden können. Natürlich könnte man hier noch so viel mehr in die Tiefe gehen und den Film analysieren, allerdings ist dies an dieser Stelle nicht meine Absicht. Schön ist es auf jeden Fall zu sehen wie offen damit umgegangen wird und das Simon im Laufe des Films nicht nur noch auf seine Sexualität reduziert wird, sondern weiterhin als Mensch angesehen wird, bei dem die Homosexualität ein Teil seiner Persönlichkeit ist. (Mit kleinen Ausnahmen, wie der etwas überzogene Lehrer). Auch das in gewissen Szenen die Intoleranz zu dem Thema aufgeführt wird ist interessant. Dies passiert zwar auf eine recht übertriebene Art und Weise aber so sind gerade die meisten Nebenfiguren stark überzeichnete Figuren, die schon fast etwas Comichaft wirken, aber so ihren Soll erfüllen und die Kontraste der verschiedenen Welten widerspiegelt. So entfernt man sich zwar immer etwas vom realen Bild, was dem Gesamten aber keinen Abbruch tut. Was "Love,Simon" aber besonders macht ist einfach das er der erste wirkliche Film aus einer großen Produktionsfirma ist, die gezielt auf Homosexuelle ausgelegt ist. Was man früher und auch heute noch meist nur im Art-House Bereich findet, hat nun auch endlich Einzug in die großen Lichtspielhäuser gefunden und macht den ersten richtigen Schritt in ein tolerantes und offenes Kino, das politische Korrektheit nicht einfach nur in einem übersehbaren Nebenblock verschließen, sondern die offen damit umgeht und sich als eigenständiges Kino etablieren kann. So etwas möchte ich mehr sehen und nicht in Filmen, in denen es letztlich einfach rein gewürgt wirkt und deplatziert "Love, Simon" hat auf jeden Fall das Zeug zu einem Teene-Kultfilm zu werden wie seinerzeit "Ferris macht blau" oder "American Pie". Und eigentlich bin da auch schon aus dem Alter raus.
Schauspielerisch gibt es nichts zu meckern. Nick Robinson macht seine Sache großartig und kann die Verletzlichkeit, aber auch das romantische und liebenswerte von Simon perfekt verkörpern. In seiner Mimik tut sich unglaublich viel und seine Performance reist mit. Gerade hier hat er erneut die Möglichkeit sich vielseitig zu zeigen verschiedene Fassetten aufzulegen. Zwar hat Robinson mit seinen Blockbustern wie "Jurassic World" oder "Die fünfte Welle" noch kein so richtig gutes Händchen bewiesen, da er doch in beiden ziemlich eindimensionale Figuren verkörpert hat er aber auch schon das genaue Gegenteil beweisen können. Gerade in seinem ersten Kinofilm "The Kings Of Summer", was eine wunderschöne Indie-Perle ist, hat er schon bewiesen, dass im gerade die ruhigeren und emotional kompromittierten Charaktere liegen. Oder auch in Rob Reiners "Being Charlie" wo er ebenfalls eine tolle Performance hingelegt hat und sogar schauspielerische Grenzen überschritten hat, die viele in seinem Alter noch nicht angetastet haben. Und auch in "Du neben mir" hat er gezeigt, das er Mainstream Kino für das junge Publikum beherrscht. Aus ihm könnte ein großer werden, wenn er weiterhin so gute Indierollen ergattert. Auch im Nebencast wurden vor allem mit Katherine Langford ("Tote Mädchen lügen nicht") und Alexandra Shipp ("X-MEN Apocalypse") tolle Schauspielerinnen gefunden. Und auch die Erwachsenen sind mit Jennifer Garner und Josh Duhamel wunderbar besetzt.
Technisch gibt es nicht zu meckern. Wie zuvor bereits gesagt setzt der Film auf einen sehr warmen Lock und hat eine sehr ruhige Kameraarbeit. Die Schnitte sind gut und die Musik passend. Emotional, spaßig aber nie zu aufgesetzt oder schnulzig.
"Love,Simon" ist eine kleine Revolution was das "Young-Adult" Kino angeht und ist erfrischend anders und neu. Mutig und berührend und erreicht sogar Klassiker, zu denen er sich selbst später einmal gesellen könnte. Inspirierend und Ansprechend, hat der Film für mich eine ganz persönliche Note, die es bewirkt hat einen Schritt weiter zu gehen. Der Film macht Spaß, ist aber auch zu gleichen Teilen emotional bewegend, was ihn abheben lässt. Die Thematik ist Top und wunderschön verarbeitet. Man hätte am Ende auch kein Problem, wenn der Film noch zwei Stunden länger gedauert hätte. Und gerade Nick Robinson macht seine Sache großartig und könnte schon bald aus Simon einen Kultcharakter machen, der viele Menschen bewegt hat. Sein Spiel ist wirklich klasse. So bleibt abschließend nur zu sagen: I Love "Love, Simon".