Mein Konto
    The Darkest Minds - Die Überlebenden
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    The Darkest Minds - Die Überlebenden
    Von Antje Wessels

    Zumindest um potentiellen Nachschub an Vorlagen müssen sich Produzenten von Young-Adult-Fantasy-Verfilmungen keine Sorgen machen: Nach dem Erfolg von „Harry Potter“, „Twilight“, „Die Tribute von Panem“ & Co. haben Roman-Reihen dieses Genres die Buchhandlungen in den vergangenen 15 Jahren regelrecht überschwemmt. Aber während sich die Bücher weiter wie geschnitten Brot verkauften, gab es im Kino plötzlich immer mehr ausgewachsene Flops wie „Chroniken der Unterwelt“, „Beautiful Creatures“ oder „Fallen – Engelsnacht“, weshalb die geplanten Reihen auch gleich nach dem ersten Teil wieder eingestellt wurden (unseren Rant zu dem Thema könnt ihr hier nachlesen).

    Aber auch wenn es immer schwieriger wird, in diesem Genre keine Bruchlandung an den Kinokassen hinzulegen, ist Hollywood noch immer nicht bereit, die Hoffnung auf den nächsten Teenager-Megahit aufzugeben. Stattdessen gibt es immer wieder neue Versuche und so soll nun auch aus der Romantrilogie „Die Überlebenden“ von Alexandra Bracken, in der es um eine dystopische Zukunft geht, in der fast alle Kinder und Jugendlichen ausgelöscht wurden, während die wenigen Überlebenden plötzlich über Superkräfte verfügen, ein erfolgreiches Jugendfilmfranchise entstehen.

    Im Mittelpunkt von „The Darkest Minds – Die Überlebenden“, dem ersten Realfilmprojekt von Animationsfilm-Spezialistin Jennifer Yuh Nelson („Kung Fu Panda 2“), steht Shootingstar Amandla Stenberg, die nach ihrer vielbeachteten Rolle als Rue in „Die Tribute von Panem“ auch schon eine Hauptrolle in dem Romantik-Drama „Du neben mir“ gespielt hat. Aber ob es Stenberg tatsächlich gelingen wird, mit „The Darkest Minds“ in die Fußstapfen von Daniel Radcliffe und Jennifer Lawrence zu treten, erscheint dennoch fraglich – und zwar nicht wegen ihr selbst, sondern weil der Film wie ein einziger Flickenteppich aus allzu bekannten Genreversatzstücken wirkt und diesen – zumindest im ersten Teil – auch noch nichts Eigenes hinzuzufügen hat.

    Amerika in einer nicht allzu weit entfernten Zukunft: Fast alle Kinder und Jugendlichen des Landes sterben aus unbekannten Gründen, nur ein Bruchteil von ihnen überlebt und entwickelt außergewöhnliche Kräfte, mit denen sie ihre Mitmenschen manipulieren oder Dinge bewegen können. Manche von ihnen können sogar Gedanken lesen. Die Regierung handelt schnell und stuft die Überlebenden als Gefahr für die Allgemeinheit ein. Darunter auch das Mädchen Ruby. Sechs Jahre später befindet sich die inzwischen 16 Jahre alte Teenagerin (Amandla Stenberg) immer noch in Gefangenschaft. Unter ständiger Gewaltandrohung müssen sie und die anderen Inhaftierten in einem Arbeitslager schuften, bis ihr schließlich doch noch die Flucht gelingt. In Freiheit stößt sie auf eine Gruppe von Jugendlichen, die ebenfalls versuchen, sich vor den Erwachsenen in Sicherheit zu bringen…

    Junge Erwachsene mit übernatürlichen Fähigkeiten („X-Men“), eine fast vollständig zerstörtes Amerika am gesellschaftlichen Kollaps („Panem“), sich gegen die Obrigkeit zusammenschließende Teenies („Maze Runner“)… es ist egal, wo man bei „Darkest Minds“ ansetzt, nichts davon hat man so oder sehr ähnlich nicht schon in anderen Filmen gesehen. Nun sind sich wiederholende Themen gerade im hochbudgetierten Blockbusterkino erst einmal nichts Neues. Aber wo „The Darkest Minds“ die fehlende Innovation eigentlich mit Herz und Charakter ausgleichen müsste, klafft einfach nur ein großes Loch: Ruby ist einfach nur eine von vielen jungen, sich gegen die Regierung auflehnenden Protagonistinnen, über die man innerhalb der 105 Minuten Laufzeit so gut wie gar nichts erfährt. Eigentlich endet ihre Charakterisierung schon damit, dass die Trennung von ihrer Familie durchaus schmerzhaft war. Da waren die Hintergrundgeschichten rund um Katniss Everdeen, Harry Potter & Co. schon deshalb deutlich spannender, weil sie zumindest welche hatten.

    Immerhin hält sich das Skript von Serienexperte Chad Hodge („Wayward Pines“) nicht lange mit Exposition auf, sondern konfrontiert das Publikum direkt mit der Ausnahmesituation: In nur fünf Minuten erfahren wir alles nötige über das Kindersterben und den Umgang mit den Überlebenden – und dann befinden wir uns auch schon direkt in der großen Militäranlage, in der die überlebenden Kids ihren übernatürlichen Fähigkeiten entsprechend segregiert und anschließend zusammengesperrt werden. Dabei kratzen schon direkt zwei Details stark an der Glaubwürdigkeit der Prämisse: Zum einen werden die Ereignisse als plötzlich und unvorhergesehen beschrieben, gleichzeitig ist die Regierung mit medizinischen Erkennungssystemen, die die Gehirne der jungen Erwachsenen untersuchen, aber bestens auf die Vorfälle vorbereitet.

    Zum anderen setzen die gefangenen Kinder ihre Kräfte nie gegen ihre Aufpasser ein, obwohl es dazu diverse Male die Gelegenheit gäbe. Letzteres zieht sich wie ein roter Faden durch den Film: Immer erst dann, wenn es die Dramaturgie erfordert, kommen die Teens auf die eigentlich naheliegende Idee, von ihren Fähigkeiten Gebrauch zu machen, um sich im allerletzten Moment aus einer misslichen Lage zu befreien. Dieser inkonsistente Umgang mit den Superkräften der Teens hat zur Folge, dass diese trotz der immensen Sicherheitsmaßnahmen alles andere als bedrohlich wirken (das hat etwa bei den Kinder-Zombies in „The Girl With All The Gifts“ besser funktioniert).

    Da durch die düstere Bildsprache, die eintönige Gefängniskulisse und die allesamt grimmig dreinblickenden Figuren eine allgegenwärtige Tristesse entsteht, kommt Rubys Ausbruch auch für den Zuschauer einer regelrechten Erlösung gleich. Im Mittelteil von „The Darkest Minds“ wird dann nicht nur das Tempo verschärft, das erste Zusammentreffen von Ruby und den anderen Überlebenden ist gerade aufgrund der verschiedenen Typen durchaus unterhaltsam. Wer sich hier im weiteren Verlauf in wen verknallen wird, steht zwar von Anfang an fest und auch die Zusammenstellung aus coolem Dude (Harris Dickinson), pfiffigem Nerd (Skylan Brooks) und geheimnisvoll-schweigsamem Mädchen (Miya Cech) wirkt abgegriffen, aber die Chemie unter den allesamt engagiert aufspielenden Jungdarstellern stimmt.

    Aber selbst wenn es dank solider Computereffekte beeindruckend ausschaut, wenn hier Autos durch die Luft fliegen oder sich im finalen Drittel schließlich die alles entscheidende Schlacht zwischen Gut und Böse auf der Leinwand entfacht, reicht das bei weitem nicht aus, um trotz eines sehr clever platzierten Cliffhangers Lust auf mehr zu machen (wobei es ja eh ein großes Fragezeichen gibt, ob es dieses Mehr überhaupt je geben wird, dazu muss der Film ja erst mal angemessen an den Kinokassen performen). Die Protagonisten definieren sich lediglich über ihre Fähigkeiten, die Antagonisten darüber, dass sie vor eben diesen Fähigkeiten Angst haben und den Überlebenden deshalb ans Leder wollen. Dass dahinter womöglich noch sehr viel mehr steckt, lässt sich zwar schon daran erkennen, dass diverse offene Fragen einfach (noch) nicht beantwortet werden. Aber als für sich alleinstehender Fantasy-Actioner ist „The Darkest Minds“ zumindest erzählerisch schlicht missraten.

    Fazit: Nach den X-Men und der X-Force kommen jetzt die X-Kids – „The Darkest Minds – Die Überlebenden“ ist eine wenig inspirierte Ansammlung bekannter Motive und Themen, die so ganz ohne eigene Handschrift leider keinen Reiz oder gar Lust auf mehr entwickelt.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top