Anfang der 2010er-Jahre hauchte Horrorexperte James Wan mit handwerklicher Finesse und einem nahezu perfekten Gespür dafür, was seinem Publikum Angst macht, dem seinerzeit so gut wie toten Haunted-House-Horrorgenre neues Leben ein: Seine beiden Filme „Conjuring – Die Heimsuchung“ und „Insidious“ zogen aufgrund ihres Kassenerfolgs bald mehrere Sequels und im Falle von „Conjuring“ sogar Spin-offs nach sich. Die ersten beiden Fortsetzungen der mittlerweile auf vier Filme angewachsenen „Insidious“-Reihe konnten das im Original vorgelegte Niveau zwar nicht ganz halten, boten aber solide Horrorkost und machten sich als kurzweilige filmische Geisterbahnfahrten immer noch ziemlich gut. Der vierte Teil „Insidious: The Last Key“ hat nun allerdings auch auf dieser Ebene nicht mehr allzu viel zu bieten. Einige effektvoll inszenierte jump scares können kaum davon ablenken, dass Regisseur Adam Robitel („The Taking“) die ewig gleiche Franchise-Formel hier deutlich überreizt.
Schon als kleines Mädchen konnte die spätere Parapsychologin Elise Rainier (Lin Shaye) Kontakt mit Geistern aufnehmen. Ihr Vater (Josh Stewart) ist damit gar nicht zurechtgekommen und hat seine Tochter für ihre vermeintlichen Fantasien regelmäßig verprügelt. Als Teenagerin ist Elise schließlich geflüchtet und hat ihren Bruder Christian (als Erwachsener: Bruce Davison) beim gewalttätigen Vater zurückgelassen. Später hat sie aus ihrer Not eine Tugend gemacht und nutzt ihre paranormalen Fähigkeiten, um anderen von Erscheinungen heimgesuchten Menschen zu helfen. Dazu zieht sie mit den zwei sympathischen Geisterjägern Specs (Leigh Whannell) und Tucker (Angus Sampson) im ganzen Land umher. Als eines Tages ein Mann aus New Mexico aufgrund unheimlicher Vorfälle bei sich daheim um Hilfe bittet, stellt sich heraus, dass er im Haus von Elises Kindheit lebt. Für die wird dieser Auftrag nicht bloß zum gefährlichsten ihrer beruflichen Laufbahn, sondern auch zum persönlichsten…
Nicht nur erzählerisch funktionierten sämtliche „Insidious“-Filme bislang nach dem gleichen Muster (eine Familie wird von einem übernatürlichen Wesen heimgesucht, dem Elise Rainier und ihre beiden Kollegen mächtig auf den Zahn fühlen), auch inszenatorisch ging es über eine mehr oder weniger geschickte Anordnung unheimlicher jump scares nicht allzu oft hinaus. Der ständige Wechsel von vorbereitenden Dialogen, schnellem Schock, vorübergehender Entspannung und erneutem Schreckensmoment wird auch in „Insidious – The Last Key“ nicht groß abgewandelt, doch die Wirkung reicht hier allerdings generell nicht mehr an die Vorgänger heran. Dafür bieten die ersten 20 Minuten auf der Storyebene einen erfrischenden neuen Ansatz: Wir erleben das von Gewalt geprägte Familienleben der jungen Elise und wie diese schon in Kinderjahren ihre Gabe entdeckt, mit Toten Kontakt aufzunehmen und dabei ist schon das Setting ungewöhnlich, denn die die Rainiers wohnen unter dem Todestrakt einer Justizvollzugsanstalt… Auch die naheliegenden Schockmomente werden zunächst noch nicht alle und nicht allzu vordergründig ausgespielt, stattdessen konzentriert sich Drehbuchautorin Leigh Whannell (schrieb diverse Teile von „Saw“ und war bislang an jedem Skript von „Insidious“ beteiligt) zunächst ganz auf das dysfunktionale Familiengefüge, das mit einem Todesfall und der Flucht der Teenagerin Elise endet.
Im Anschluss daran springt die Geschichte ins Hier und Jetzt – vom Auftakt bleibt einzig der wichtigste Handlungsort namens Fivekeys, New Mexico. Fortan wird „Insidious 4“ zu einem typischen Haunted-House-Horrorfilm: Elise und ihre beiden hier nur noch auf ihre Spleens reduzierten Kompagnons versehen das Haus mit Kameras und gehen mit Taschenlampen und Richtmikrofonen unheimlichen Geräuschen auf den Grund. Dazu werden vereinzelt akustische Rückverweise eingestreut, in denen gebetsmühlenartig prägnante Sätze von Elises bösem Vater wiederholt werden, um eine Verbindung zu ihrem persönlichen Schicksal herzustellen. Auch das im Prolog bereits angedeutete Monster, ein mit diversen Funken sprühenden Schlüsseln versehenes Wesen, das im Abspann später als KeyFace identifiziert wird, taucht nun immer wieder auf. Abgesehen von dem smarten Kniff des Monsters, seinen Opfern mithilfe eines Schlüssels die Stimme zu rauben, der als Effekt imposant, aber inhaltlich nicht relevant ist, bleiben die ganzen Schlüssel-Motive etwas unterbelichtet und so ergibt sich aus dem Gezeigten auch die Bedeutung des titelgebenden „letzten Schlüssels“ nicht.
Nach etwa einer Stunde Laufzeit sorgen die Filmemacher doch noch einmal für eine echte Überraschung sorgen (zu der wir hier nichts weiter verraten wollen), im letzten Drittel geht „Insidious: The Last Key“ jedoch vollends die Puste aus. Das Wiedersehen zwischen Elise und ihrem Bruder Christian ist hanebüchen herbeikonstruiert, während das Finale in der bereits aus den anderen „Insidious“-Filmen bekannten Parallelwelt sich als mit CGI-Effekten überladenes Polter-Spektakel erweist, das dem ruhig-atmosphärischen Beginn nicht gerecht wird. Regisseur Adam Robitel scheint auf Nummer sicher gehen zu wollen, lässt plötzlich Fratzen auf der Leinwand erscheinen und dreht den Lautstärkeregler bis zum Anschlag auf – mit diesem Oberkill raubt er dem Film die letzte Genre-Glaubhaftigkeit.
Fazit: Beim vierten Teil des erfolgreichen „Insidious“-Franchise geht den Machern die Puste aus. Der ermüdenden Berechenbarkeit von Handlung und Inszenierung stehen nach einem durchaus vielversprechenden Beginn nur noch vereinzelte gelungene Momente gegenüber.