Regisseur Ben Jagger („The Paddy Lincoln Gang“) versucht mit seinem zweiten Langfilm „Corbin Nash“ einen eigenen Superhelden-Mythos zu etablieren – ganz ohne Comic-Vorlage. Die Geschichte eines skrupellos aufrechten, muskulösen L.A.-Streifenpolizisten, der aus einer Erblinie von Dämonenjägern stammt und von weisen Mentoren dazu berufen wird, sich in der Kunst des Tötens ausbilden zu lassen, kommt wie eine Neuauflage der Reihe um den Vampirjäger Blade daher, zugleich wirkt der fast komplett bei Nacht spielende Fantasy-Horror mit seinem reichlich konfusen mythologischen Überbau zuweilen wie eine nicht jugendfreie „Harry Potter“-Parodie mit lachhaft bedeutungsschwangeren Dialogen, in der sich Engel, Teufel, Vampire und Menschen ohne viel Sinn die Hand reichen.
Der in den Nebenrollen mit prominenten Schauspielveteranen wie Rutger Hauer („Blade Runner“) und Malcolm McDowell („Uhrwerk Orange“) besetzte Film überrascht aber vor allem mit einem zur Unkenntlichkeit geschminkten Corey Feldman („Near Dark“) als grotesk bluthungriger Transvestiten-Bösewicht. Der schwach inszenierte Low-Budget-Noir-Thriller leidet stark darunter, dass der vom Bruder des Regisseurs und Co-Drehbuchautoren wenig überzeugend verkörperte Protagonist die meiste Zeit blutüberströmt im Bett liegt oder in einem Gefängnis sitzt, während er von anderen Figuren endlos die krude Mythologie des Films erzählt und erklärt bekommt.
„Corbin Nash“ beginnt wie eine holprige Kopie der „Sin City“-Filme. Über Aufnahmen von Los Angeles bei Nacht säuselt uns ein blinder Weiser (Malcolm McDowell) etwas über Engel und Dämonen und den ewig währenden Kampf zwischen Gut und Böse ins Ohr. Am Ende der Montage wird in einem Hinterhof ein fast totgeprügelter Mann aus einer ominösen dunklen Limousine geworfen – direkt vor die Füße der Striptease-Tänzerin Macy (Fernanda Romero), die in dem Geschundenen ihren guten Freund Corbin Nash (Dean S. Jagger) erkennt. Während sich dieser in ihrem Bett erholt, wird zu dem Moment zurückgeblendet, als der eigensinnige, für seine Selbstjustiz in der Kritik stehende L.A.-Cop Nash von einem mysteriösen Unbekannten (Rutger Hauer) aufgesucht wird, der ihm erzählt, dass er der Nachfahre von Dämonenjägern sei. Der Polizist müsse seinen Eltern folgen und die Familientradition fortführen, um eine neue Gefahr zu bannen...
Ben Jagger hatte gerade mal 15 Tage Zeit, um seinen Vampirfilm abzudrehen. Der Zeit- und Geldmangel ist dem Film anzusehen, der auf wenige Schauplätze konzentriert ist und für einen Fantasy-Actionfilm herzlich wenige Actionszenen zu bieten hat. In dieser Hinsicht erweist sich der actiongeladene Trailer nachgerade als Mogelpackung, denn hier wird deutlich mehr geredet als agiert. Endlose Dialogszenen, in denen die bekannten Gesichter von Rutger Hauer, Malcolm McDowell und Bruce Davison („X-Men“) Charaktertiefe und Bedeutung suggerieren sollen, wo nur rein funktionale Schablonen-Figuren zu finden sind, die zum Teil nicht mal einen eigenen Namen haben.
Statt archetypischer Kraft gibt es dünne Klischees: Ein blinder Mann, der mehr sieht als die Menschen um ihn herum. Ein mysteriöser Fremder, der von der Apokalypse kündet, sollte unser Held nicht eingreifen. Die „gefallene Frau“, deren Herz aus Gold sie dazu bewegt, den Helden zu beschützen und gesund zu pflegen. Und der erst skeptische, dann zielbewusste Held selbst, dessen Gesichtszüge so bleiern wirken, dass er außer einem spöttischen Grinsen keine andere Regung verkörpern zu können scheint. Sie alle sind so schwach gezeichnet und müssen sich meist mit so missratenen Dialogen voller mythischem Raunen herumplagen, dass der Fantasy-Weltentwurf des Films nie wirklich nachfühlbar Form annimmt.
Etwas Aufregung in dieses leblose Szenario bringt nur das perverse Liebespaar Vince (Richard Wagner) und Queeny (Corey Feldman), das die neue große Gefahr verkörpert, gegen die Corbin Nash antreten muss. Wenn der sadistische Vampir Queeny auftritt, der in Frauenkleidern und mit dick aufgetragenem Make-up Jagd auf Prostituierte macht, dann wird der Film zum trashigen Vergnügen. Angeblich soll sich der einstige Teenie-Star Feldman („Die Goonies“), der heute sonst nur noch mit diversen Eskapaden durch die Klatschblätter geistert, mit soviel Gusto in seine Rolle geschmissen haben, dass er auch abseits der Kamera mit „Queeny“ angesprochen werden wollte und bis zum Drehschluss nie aus der Rolle glitt.
Der Einsatz ist aller Ehren wert, aber Feldmans selbstverliebter Bösewicht irritiert mehr als dass er ängstigt. Immerhin hat er aber die unterhaltsamste Szene des Films: gleich bei seinem ersten Auftritt bringt er eine Prostituierte dazu, sich auf der Motorhaube seines Autos von ihm nehmen zu lassen. Beim Höhepunkt verteilt er mit seinem Vampirbiss ihr Blut über das Auto, in dem sein Liebhaber sitzt und sich an dem Schauspiel ergötzt. Solche skrupellose Unverfrorenheit gibt es danach kaum noch, die knappen Ressourcen erlauben auch keine großen Schauwerte und mit Feldmans Stilwillen um jeden Preis können die Jagger-Brüder sowieso nicht mithalten.
Fazit: „Corbin Nash“ ist ein düsterer, mit Neonlicht durchzogener Vampir-Horror-Actioner, der stark unter seinem mageren Budget sowie den erklärwütigen und dennoch meist unsinnigen Endlosdialogen leidet.