Genauso wie UFOs und Yetis gehört auch Bigfoot zu den legendären Erscheinungen, deren Existenz schon viele Leute beweisen wollten. Für Filmemacher sind solche Mythen ein Geschenk, sie lassen sich beliebig ausschmücken und für so ziemlich jedes Genre nutzen. So haben sich auch am sagenumwobenen Zottelmonster Bigfoot schon diverse Regisseure abgearbeitet, das Spektrum reicht von der Fantasy-Komödie „Bigfoot und die Hendersons“ bis zu diversen Horrorvarianten („Bigfoot – Die Legende lebt“, „Willow Creek“). Nun gibt der gebürtige Belgier Ben Stassen dem felligen Wesen eine Familie und lässt den Titelhelden seines Animationsabenteuers „Bigfoot Junior“ entdecken, dass er tatsächlich der Sohn des sagenhaften Großfußes höchstpersönlich ist. Der vornehmlich an die ganz kleinen Kinogänger gerichtete Film besticht mit gelungenen 3D-Animationen und bietet solide Unterhaltung mit einigen charmanten Einfällen.
Der junge Adam (deutsche Stimme: YouTuber Lukas Rieger, der hier einen sehr souveränen Job macht) hat es nicht leicht: In der Schule wird er gehänselt, seine Mutter verschweigt ihm die Existenz seines vermeintlich verstorbenen Vaters und sein Körper spielt immer wieder auf unerklärliche Weise verrückt. Als er eines Tages handgeschriebene Briefe von seinem Vater findet, stellt Adam seine Mutter zur Rede. Diese gesteht ihm, dass dieser alles andere als tot ist, verrät ihm jedoch nicht, weshalb sie seine Existenz so lange vor Adam verheimlicht hat. Mit der Absenderadresse im Gepäck, begibt sich Adam in der folgenden Nacht auf die Suche nach seinem Dad (deutsche Stimme: Tom Beck) und findet ihn in einem abgelegenen Waldstück. Das große Geheimnis: Adams Vater ist der legendäre Bigfoot, der seit vielen Jahren auf der Flucht vor einem Konzern ist, der sein Fell benötigt, um ein Haarwuchsmittel herzustellen…
Regisseur Ben Stassen war zuletzt an den ebenfalls computeranimierten Produktionen „Sammys Abenteuer 2“, „Das magische Haus“ und „Robinson Crusoe“ beteiligt, die allesamt durch ihren überragenden 3D-Einsatz auffielen. Diese Stärke bringt Stassen auch in „Bigfoot Junior“ wieder zum Tragen: Während die eher minimalistischen Animationen selbst es schon allein budgetbedingt nicht mit der virtuosen Detailverliebtheit eines durchschnittlichen Pixar-Films aufnehmen können und auch die überraschend trüben Farben nicht für einen echten Hingucker sorgen, sind die dreidimensionalen Spielereien einmal mehr staunenswert: amüsante Pop-Outs und plastische Tiefenwirkungen sorgen für einige Ahs und Ohs.
Der Außenseiter Adam, der einfach nur hinter die Existenz seines Vaters kommen möchte, wird sehr liebevoll porträtiert und auch für die ganz Kleinen verständlich. Und wenn der Teenie die durch die Bigfoot-Abstammung bedingten Veränderungen seines Körpers wahrnimmt (seine Haare wachsen überdurchschnittlich schnell, während seine Füße immer wieder unkontrolliert seine Schuhe sprengen), wird „Bigfoot Junior“ auch zu einer amüsanten Pubertätsparabel. Haben sich Adam und sein Vater jedoch erst einmal gefunden, büßt das Skript von Bob Barlen und Carl Brunker („Nix wie weg – Vom Planeten Erde“) etwas an Emotionalität ein. Das Kennenlernen selbst geht im Eiltempo über die Bühne (so gelangweilt hat vermutlich noch nie jemand seinem verlorenen Sohn mitgeteilt, sein Vater zu sein) und die darauf folgenden Verwicklungen mit einem großen Chemiekonzern passen nicht so recht zu der eigentlich so intimen „Sohn sucht Vater“-Geschichte. So wirkt es ein wenig aufgesetzt, wenn sich die vermeintliche Bestie am Ende wie in alten Monsterfilmen vor den Menschen in Acht nehmen muss und nicht etwa umgekehrt. Adam und einige tierische Freunde (mit denen er dank seiner Bigfoot-Gene übrigens sprechen kann!) springen dem missverstandenen Vater dann in einer Rettungsmission zur Seite, aber da ist dem Film schon etwas die Puste ausgegangen.
Fazit: „Bigfoot Junior“ ist ein solides Animationsabenteuer, das vor allem mit seinen furiosen 3D-Effekten Punkte sammelt.