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    Seoul Station
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Seoul Station
    Von Michael Meyns

    Das gibt es auch nicht oft: Gleich mit zwei Zombie-Filmen ist der südkoreanische Regisseur Yeon Sang-ho 2016 auf dem Fantasy Filmfest vertreten. Als Abschlussfilm ist der geradlinige Realfilm „Train To Busan“ zu sehen, noch sehenswerter ist allerdings sein Animationsfilm „Seoul Station“, der praktisch zeitgleich entstand, aber als Prequel zu „Busan“ angekündigt wird. Allzu ernst sollte man die Verbindung zwischen den beiden Filmen allerdings nicht nehmen, vor allem sind es nämlich zwei Werke, die auf ganz unterschiedliche Weise den typischen Mustern des Zombie-Genres folgen: „Train To Busan“ ist der actionlastigere Film, während man „Seoul Station“ auch als außergewöhnliches Sozialdrama vor dem Hintergrund einer Zombie-Invasion bezeichnen könnte.

    Rund um den Hauptbahnhof von Seoul machen sich heruntergekommene Gestalten bereit für die Nacht, Obdachlose schlagen im Bahnhofsgebäude ihr Lager auf. Ein Mann sucht verzweifelt Hilfe für seinen Bruder, der zunehmend schwächelt und schließlich scheinbar tot zusammenbricht. Währenddessen hält die ehemalige Prostituierte Hye-sun Ausschau nach ihrem weinerlichen Freund Ki-woong, der sie aus Geldnot auf einem Online-Datingportal anbietet. Was wiederum Suk-kyu auf den Plan ruft, den Vater von Hye-sun. Doch bevor sich das Trio in den zunehmend menschenleeren Straßen von Downtown Seoul finden kann, beginnen Zombies die Straßen zu bevölkern.

    Nach seinem erfolgreichen Drama „The Fake“ begann Regisseur Yeon Sang-ho schon im Jahr 2013 mit der Arbeit an „Seoul Station“. Während der langwierigen Drehzeit wurde ihm angeboten, die Zombiegeschichte als Realfilm weiterzuspinnen, das Ergebnis war „Train To Busan“. Abgesehen von den Untoten, einem entsprechend apokalyptischen Grundton und einem zentralen Schauplatz mit dem Bahnhof von Seoul haben die beiden Filme allerdings wenig gemeinsam. Selbst die „Regeln“, nach denen getötet, gestorben oder verwandelt wird, unterscheiden sich. Eine „logische“ erzählerische Verbindung lässt sich nur mit Mühe herstellen und man wird den Filmen eher gerecht, wenn man sie als eigenständige Werke betrachtet.

    „Seoul Station“ hat zwar auch durchaus wirkungsvolle und originelle Zombie-Action zu bieten, aber noch viel mehr als das Durchspielen der Horror-Genremuster interessiert Regisseur Yeon der Blick auf die soziale Realität der gezeigten Welt. Schon in seinen vorigen Animationsfilmen „The King of Pigs“ und „The Fake“ erwies sich der Filmemacher als skeptischer, oft zynischer Beobachter koreanischer Befindlichkeiten - und diesen Weg setzt er hier fort. Die noch relativ junge Demokratie Koreas (erst Ende der 80er Jahre wurde der Ausnahmezustand beendet und der Reformprozess begonnen) steht vor einer Zerreißprobe, die Wirtschaft boomt nicht mehr so wie einst, die Arbeitslosigkeit nimmt zu und mit ihr die öffentlichen Anzeichen von Armut: Und so stehen genau die Ausgestoßenen, Obdachlosen, Prostituierten und andere Gestalten der Nacht im Mittelpunkt dieses Films.

    Von der Polizei werden die Obdachlosen selbst während der Zombieinvasion noch als die größere Gefahr eingestuft und auch für die junge Hye-sun erweisen sich nicht die Untoten als größte Bedrohung, sondern ihre männlichen, mehr oder weniger noch menschlichen Begleiter. Das Weltuntergangsszenario der tödlichen Zombiebedrohung findet seine fast noch unheimlichere Entsprechung in den angespannten Beziehungen zwischen den einzelnen Menschen und den verschiedenen sozialen Gruppen. Auch der roh-realistische Animationsstil mit seinen klaren Linien und den monochromen Bildkompositionen trägt entscheidend zur ungeschönten Atmosphäre bei: Hier sind wir nicht nur inhaltlich ganz weit weg von jeder weichen, bunten, heilen Zeichentrickwelt.

    Fazit: Yeon Sang-hos Animationsfilm „Seoul Station“ hat als starkes Porträt von Menschen am Rande der koreanischen Gesellschaft weit mehr zu bieten als nur eine weitere Zombie-Apocalypse.

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