Zombies im Zug. Das ist kurz gesagt die komplette Handlung von Yeon Sang-hos „Train To Busan“, der beim Festival in Cannes 2016 in einer Sondervorführung außer Konkurrenz gezeigt wurde. Dort ist er gut aufgehoben, denn das Realfilmdebüt des bislang durch Animationsfilme wie „The King Of Pigs“ und „The Fake“ bekannten Südkoreaners ist reine Oberfläche. Um in und zwischen den oft atemberaubend brillant gefilmten Horrorszenen tiefere Bedeutungen zu entdecken; um die Zombieinvasion, die Korea hier heimsucht als Metapher für dieses oder jenes zu interpretieren, müsste man erhebliche Projektionsanstrengungen unternehmen - der Hollywood-Untoten-Schocker „World War Z“ etwa ist in dieser Hinsicht deutlich substanzieller. Doch Yeong lässt seinen mit 118 Minuten etwas überlangen „Train To Busan“ überaus effektvoll durch eine zunehmend blutgetränkte Welt rasen und sorgt damit für sehenswerte Genreunterhaltung.
Widerwillig erklärt sich der egoistische Börsenmakler Seok-wu (Gong Yoo) bereit, seine kleine Tochter Su-an (Soo-an Kim) mit der Bahn von Seoul nach Busan zu bringen. Dort lebt die Mutter der Kleinen und dort möchte das Mädchen seinen Geburtstag verbringen. Doch dann wird der Zug von einer Horde Zombies überfallen, die bald nur noch wenigen überlebenden Passagiere müssen zusammenhalten, wenn sie die Attacke überstehen wollen: Zwei, drei kurze Szenen genügen Regisseur Yeon Sang-ho, um die Ausgangssituation mit der gespannten Beziehung zwischen Vater und Tochter zu etablieren, dazu skizziert er noch schnell ganz grob eine Handvoll Nebenfiguren und dann lässt er die Sau raus: Schon nach gut 20 Minuten ist der Zug kaum noch mehr als ein einziges, blutiges Schlachtfeld.
Was die Zombie-Invasion ausgelöst hat? Das ist nicht so wichtig, ein Bio-Konzern hat Mist gebaut, mehr brauchen wir nicht zu wissen. Yeon konzentriert sich lieber darauf, die Spannungsschraube immer weiter anzuziehen, wofür er ein paar clevere Spielregeln einstreut (im Dunkeln sind die Zombies praktisch blind und greifen ihre Opfer nicht an). Zielstrebig steuert der Regisseur seine Geschichte auf ein exzessiv-virtuoses und extrem blutiges Finale zu, wobei „Train To Busan“ dennoch nicht so düster und nihilistisch ausfällt wie Yeons Animationsfilme. Statt einen zynischen Abgesang anzustimmen, gönnt er seinen gebeutelten Figuren am Ende sogar einen Funken Hoffnung - den haben sie sich nach diesem Inferno auch redlich verdient.
Fazit: Stringent, schnörkellos und überaus blutig: Yeon Sang-hos kommt bei seinem ersten Realfilm „Train To Busan“ fast ohne Handlung aus. Der Horrorschocker könnte auch einfach Zombies on a Train heißen.