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    Arsenal
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Arsenal
    Von Gregor Torinus

    Es gab einmal eine Zeit Mitte der 1990er, da wurde Nicolas Cage nicht nur als Charakterdarsteller mit dem Oscar gekrönt (für das Alkoholikerdrama „Leaving Las Vegas“), sondern stieg mit Hauptrollen in Blockbustern wie „The Rock“ und „Im Körper des Feindes“ außerdem zu einem der größten Actionstars Hollywoods auf. Doch gut zwei Jahrzehnte später ist von dem alten Glanz nicht mehr allzu viel übrig. Inzwischen verdingt sich der einstige Superstar immer häufiger bei zweit- bis drittklassigen Direct-to-Video-Produktionen und der in allen Belangen billig wirkende Crimethriller „Arsenal“ von Vielfilmer Steven C. Miller markiert einen neuen Tiefpunkt in Cages Karriere. Dabei ist durchaus zu erkennen, was den eigenwilligen Mimen an seiner Rolle als grotesker Gangsterboss gereizt haben mag. Auf dem Papier ist die verkleidungsfreudige Figur immerhin fast so etwas wie das Thriller-Pendant zum Titelhelden aus Maren Ades Meisterwerk „Toni Erdmann“, aber das Endergebnis sieht ganz anders aus: Beim Betrachten von „Arsenal“ wird das Publikum immer wieder daran erinnert, dass es zwischen „komisch“ und „lächerlich“ einen ganz erheblichen Unterschied gibt.

    Die Brüder Mikey (Zachary Legendre) und JP (Kelton DuMont) müssen nach dem Selbstmord des Onkels schon als Kinder auf sich selbst aufpassen. Als Erwachsener gerät Mikey (nun: Johnathon Schaech) auf die schiefe Bahn und wird ein kleiner Handlanger des skrupellosen Gangsterbosses Eddie King (Nicolas Cage), während der jüngere Bruder JP (nun: Adrian Grenier) das Rasenmäher-Business übernimmt und im Lauf der Jahre eine florierende kleine Baufirma aufbaut. Dann wird Mikey eine größere Menge Kokain geklaut, das er mit von JP geliehenem Geld gekauft hatte. Und schließlich entführt Eddie King auch noch seinen einstigen Schützling samt dessen Teenager-Tochter Alexis (Abbie Gayle), um Lösegeld zu erpressen. In dieser schweren Stunde wendet sich JP an den verdeckten Ermittler Sal (John Cusack): Er ist entschlossen, bis ans Äußerste zu gehen, um seinen Mikey und Alexis aus den Klauen des skrupellosen Gangsters zu befreien …

    Bereits die in zehn Minuten abgerissene Vorgeschichte der beiden Brüder wirkt wie lieblos aus dem Story-Baukasten zusammengeklatscht. Ein tieferes Verständnis für Mikey und JP oder ein Interesse an den Figuren kommt dabei nicht auf. Während die Handlung ihren schematischen Gang nimmt, irritiert von Anfang an die seltsam uneinheitliche visuelle Gestaltung des Films. Auf der einen Seite strebt Steven C. Miller offenbar eine möglichst dreckige und schonungslose Darstellung des absoluten Abschaums der US-Bevölkerung an: Um zu zeigen, wie es in dessen Welt zugeht, gibt es gleich einmal eine fiese Szene in einem merkwürdigen Raum aus Plastikplanen. Dort ist ein Kerl an einen Stuhl gefesselt, der einen Baseballschläger in den Mund gesteckt bekommt, welcher ihm wiederum mit einem zweiten Schläger in den Schädel hinein geknüppelt wird. All dies ist abstoßend brutal und in rauen Bildern voller Unschärfen gefilmt, die fast von einer Handykamera stammen könnten. Diesem betonten Ultra-Realismus stehen aber die von Miller von Beginn an eingesetzten stark übersättigten, extrem künstlich wirkenden Farben entgegen.

    Der Regisseur zeigt Stilwillen, aber weiß anscheinend nicht, was er mit dem Stil erreichen will. So verbinden sich all die unterschiedlichen Elemente nie zu einem stimmigen Ganzen. Auch inhaltlich ist „Arsenal“ ein Potpourri meist unausgegorener Ideen, die Nachvollziehbarkeit der Handlung leidet darunter und die Protagonisten bleiben einem so fremd, dass selbst dann keinerlei Spannung aufkommt, als im Prinzip hochdramatische Konflikte eskalieren. Als wollte er diesen Mangel zu kaschieren, greift Miller immer wieder tief in die Gore-Kiste: Da zerplatzen in Nahaufnahme Schädel und Blutfontänen spritzen wild herum. Doch selbst dies schockiert nur sehr bedingt, dafür stammen die Effekte allzu klar erkennbar aus dem Computer. So ist der irrlichternde Nicolas Cage als Gangsterboss Eddie King letztlich der einzige Lichtblick im Film: Mit billigem Toupet, noch billigerer falscher Nase, lächerlichem Walrossschnauzer und übergroßer Sonnenbrille wirkt dieser Mafioso schon rein äußerlich als sei er direkt aus einer Blödelkomödie entsprungen - und der Schauspieler liefert die dazu passende Performance. Cages Auftritt ist eine grandios-größenwahnsinnige Over-the-Top-One-Man-Show ohne Rücksicht auf seine Partner vor und hinter der Kamera. Dabei bringt er das gesamte Spektrum unerfreulicher Gefühlsregungen zum Vorschein und es bleibt kein Auge trocken. Aber so eindrucksvoll dieser schauspielerische Höllenritt für sich genommen auch ist, er läuft in diesem Film letztlich ins Leere.

    Fazit: Der Crimethriller „Arsenal“ gehört zum Bodensatz der Direct-to-Video-Produktionen. Einzig Nicolas Cage als völlig grotesker Gangsterboss macht das Ansehen punktuell erträglich.

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