Die Rettung für die "Transformers"-Reihe!
Von Christoph Petersen„Transformers 5: The Last Knight“ hat mit einem Einspielergebnis von enttäuschenden 130 Millionen Dollar in den USA weniger als ein Drittel von dem reingeholt, was „Transformers 2 - Die Rache“ (der mit 402 Millionen in den Staaten erfolgreichste Teil) noch acht Jahre zuvor in die Kassen gespült hat. Und auch im Rest der Welt musste der fünfte „Transformers“-Film einen Rückgang des Zuschauerinteresses um mehr als 40 Prozent im Vergleich zu „Transformers 4: Ära des Untergangs“ verkraften. Es liegt also auf der Hand: Die Michael-Bay-Methode „Mehr Blechschäden! Mehr Produktplatzierungen! Mehr China!“ zieht einfach nicht mehr. Wir waren sehr großzügig, als wir „The Last Knight“ 3 Sterne gegeben haben – aber die gab es ausschließlich für die pure CGI-Action-Überwältigung. Die Nonsens-Storys, die aufgesetzte Ernsthaftigkeit und der nervige Sexismus der Reihe gehörten eigentlich schon seit Teil 2 in die Tonne.
Das Prequel-Spin-off „Bumblebee” ist deshalb ein in vielerlei Hinsicht dringend nötiger Neustart für das „Transformers“-Franchise: Mit einem im Vergleich zum Vorgänger deutlich reduzierten Budget (von 217 auf 102 Millionen Dollar) muss „Kubo - Der tapfere Samurai“-Regisseur Travis Knight nämlich nicht zum sechsten Mal in Folge die größte Leinwand-Materialschlacht aller Zeiten abliefern, sondern kann sich stattdessen auf die Wurzeln des Franchises in den 1980er Jahren zurückbesinnen: „Bumblebee“ ist kein weiterer CGI-Blockbuster, der mit den „Avengers“- und „Star Wars“-Filmen konkurriert, sondern ein humorvolles, berührendes (Retro-)Action-Abenteuer in der Tradition solcher 80er-Amblin-Klassiker von „Die Goonies“ bis „Das Wunder in der 8. Straße“. Oder auf den Punkt gebracht: „E.T. - Der Außerirdische“ trifft „Ein toller Käfer“ mit dem Wunder-VW Herbie!
Als der Kampf um Cybertron endgültig verloren scheint, schickt Optimus Prime (Stimme im Original: Peter Cullen) seinen Soldaten B-127 (Dylan O'Brien) auf die Erde, um dort schon mal eine Basis aufzubauen, solange er selbst noch die übrigen Transformers im Universum einsammeln und dann nachkommen will. Allerdings wird B-127 auf der Erde nicht nur von dem US-Militär Burns (John Cena) und seinen Männern, sondern auch von dem Decepticon Blitzwing (David Sobolov) empfangen. So landet der schwer beschädigte B-127 schließlich in Form eines verstaubten VW-Käfers auf einem Schrottplatz, wo ihn bald die gerade 18 gewordene Charlie Watson (Hailee Steinfeld) aufstöbert. Aber als die talentierte Hobby-Mechanikerin zu Hause in der Garage unter ihr neues Auto rollt, fängt der von ihr auf den Namen Bumblebee getaufte Käfer plötzlich an, lebendig zu werden...
„Transformers“ ist auch deshalb der klar beste Film der Reihe, weil im ersten Teil neben der handwerklichen Krachbumm-Brillanz von Michael Bay noch am deutlichsten die Einflüsse von Produzent Steven Spielberg zu spüren sind. In „Bumblebee“ steckt nun sogar deutlich mehr Spielberg als Bay: Nach einem doppelten Action-Auftakt erst auf Cybertron und dann auf der Erde entpuppt sich der Film nämlich erst mal als Quasi-„E.T.“-Neuauflage mit schick-gelbem VW-Käfer statt dicklich-braunem Leuchtfinger. Mit Ausnahme des finalen Schlussgags ist „Bumblebee“ marketingtechnisch wahrscheinlich das Beste, was dem gebeutelten Volkswagen-Konzern in den vergangenen Jahren passiert ist. Schließlich erweist sich der zunächst erinnerungs- und sprachlose Bumblebee, der sich wie ein ängstliches Tier in der Ecke der Garage zusammenkauert, diesmal als noch größerer Sympathieträger als er es in den vorherigen „Transformers“-Filmen ohnehin schon war. Da verzeiht man ihm sogar, dass er eine Kassette von The Smiths sofort wieder ausspuckt – zumal er immerhin den John-Hughes-Kultfilm „Breakfast Club“ genauso mag wie wir.
An seiner Seite wurde mit Hailee Steinfeld (oscarnominiert für „True Grit“) zum ersten Mal in der Geschichte der Reihe eine junge Frau nicht nur deshalb besetzt, damit – und man muss das leider so deutlich sagen – die Kamera möglichst oft und möglichst nah an ihrem Allerwertesten vorbeifahren kann. Travis Knight kann sich da einen kleinen Seitenhieb in Richtung seines Regie-Vorgängers nicht verkneifen, wenn er bei einer Klippenfahrt nicht Charlie, sondern ihren Love-Interest-Nachbarn Memo (Jorge Lendeborg Jr.) sein Hemd ausziehen und seinen Waschbrettbauch präsentieren lässt. Aber Metal-Superfan Charlie ist nicht einfach nur die bisher spannendste weibliche Figur im „Transformers“-Franchise, das wäre schließlich auch keine sonderlich nennenswerte Leistung. Stattdessen gibt Steinfeld eine hemdsärmelige Heldin mit Ecken, Kanten und Schwächen, wie sie jedem Action-Blockbuster im Jahr 2018 gut zu Gesicht stehen würde - nur Charlies Turmspring-Vergangenheit ist etwas arg holprig in den Plot integriert.
Charlie ist es auch, die Bumblebee nicht nur seinen Namen, sondern dank ihres Automechaniker-Hobbys zudem eine neue (Radio-)Stimme gibt. Es ist ja schließlich nur logisch, dass ein Prequel solche offenen Franchise-Fragen beantwortet. Aber zum Glück hält sich dieser Fanservice nicht nur im Rahmen, es sind auch alle Ideen in sich schlüssig und nicht ansatzweise so seltendämlich wie die Begründung für Han Solos Nachnamen in „Solo: A Star Wars Story“. Überhaupt nicht zurück hält sich Knight hingegen mit 80er-Jahre-Reminiszenzen. Wer die Musik, die Filme oder die Mode dieses Jahrzehnts nicht mag, sollte lieber einen weiten Bogen um „Bumblebee“ machen. Für alle anderen bietet der Film ein keinerlei Rücksicht auf den asiatischen Markt nehmendes Retro-Fest. Gerade bei den Teilen 4 und 5 hatte man ja schon das Gefühl, dass jeder einzelne Gag zugunsten der weltweiten Vermarktbarkeit auf den kleinsten gemeinsamen Nenner heruntergebrochen wurde. „Bumblebee“ ist im Gegensatz dazu nun mit jeder Menge sehr spezifischer Anspielungen vollgestopft.
Der Action-Höhepunkt ist eine Sequenz, in der der alleingelassene Bumblebee aus Versehen die gesamte Inneneinrichtung des Hauses von Charlies Familie auseinandernimmt – eine im „Transformers“-Maßstab verhältnismäßig kleine, komödiantische Trümmerorgie, die vor allem deshalb überzeugt, weil sie trotz des außerirdischen CGI-Roboter-Protagonisten erstaunlich handgemacht wirkt. Das hatte die Filmreihe einfach mal nötig. Die größeren Action-Momente zu Beginn und im Finale sind hingegen nicht mehr als zweckdienlich und schnell wieder vergessen. Dasselbe gilt auch für John Cena („Der Sex Pakt“), der aus seiner Nicht-Rolle als Militär-Agent mit seinem natürlich-augenzwinkerndem Charme wirklich das absolute Maximum herausholt. Aber sonderlich viel ist das trotzdem nicht.
Fazit: Ein Familien-Action-Abenteuer mit einem omnipräsenten 80er-Jahre-Vibe, das dem zuletzt einfach nur noch zynischen Bombast-Franchise endlich wieder Herz, Seele und eine gewisse Bodenständigkeit verleiht.