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    Hedis Hochzeit
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Hedis Hochzeit
    Von Christoph Petersen

    Es ist nur noch eine melancholische Erinnerung, wenn Hedi von den Tagen nach der Revolution von 2010/2011 schwärmt, als es für eine kurze Zeit überall im Land dieses Gefühl von Liebe und Zusammengehörigkeit gab… Der tunesische Drehbuchautor und Regisseur Mohamed Ben Attia erzählt in seinem Berlinale-Wettbewerbsbeitrag „Hedis Hochzeit“ von enttäuschten Hoffnungen – und von letzten Chancen, sie sich vielleicht doch noch zu erfüllen: Hedi (Majd Mastoura) ist 25 Jahre alt, Sales-Manager für Peugeot und soll in wenigen Tagen heiraten – trotzdem bekommt er noch immer „Taschengeld“ von seiner Mutter Baya (Sabah Bouzouti). Auch sonst scheint sein Leben vollkommen fremdbestimmt: Seine Braut Khedija (Omnia Ben Ghali) wurde für ihn ausgesucht und sein Chef besteht auf eine Geschäftsreise, die mit den bereits geplanten Flitterwochen kollidiert. Doch dann verliebt sich Hedi in einem Strandhotel in die Animateurin Rim (Rym Ben Messaoud)…

    „Hedis Hochzeit“ ist eine vermeintlich simple Liebe-auf-den-ersten-Blick-Geschichte – die aber in Wahrheit stellvertretend für das Lebensgefühl, die Erwartungen und die Enttäuschungen einer ganzen Generation junger Tunesier steht: Die Revolution ließ für einen kurzen Moment alles möglich erscheinen – aber viele der einengenden alten Traditionen bestehen auch heute noch fort, zudem wurde nach dem Wegfall der politischen Propaganda des alten Systems mit einem Mal offensichtlich, wie schlecht es der Wirtschaft des Landes wirklich geht. Das sind gewichtige Themen, die sich gerade für einen „kleinen“ Film wie „Hedi“ auch als zu groß erweisen können. Aber Ben Attia beweist nicht nur ein feines Gespür für ausdrucksstarke Kinobilder (vor allem die melancholischen Aufnahmen der fast leeren Touristenhotels ragen heraus), sondern auch eine für einen Langfilmdebütanten nicht gerade alltägliche Selbstsicherheit: Die Bezüge und Parallelen von Hedis Situation zur politischen und gesellschaftlichen Lage in Tunesien allgemein sind alle ganz klar und deutlich zu erkennen - ohne dass der Regisseur jemals der Versuchung erliegt, sie seinem Publikum unter die Nase zu reiben. Und dieses Maßhalten macht „Hedi“ - als Liebesfilm genauso wie als Gesellschaftsbeschreibung – letztlich noch viel kraftvoller.

    Fazit: Mohamed Ben Attias „Hedis Hochzeit“ ist feinfühliges Liebes- und Gesellschaftsdrama aus dem heutigen Tunesien – und ein sehr vielversprechender Auftakt für den Wettbewerb der Berlinale 2016.

    Dieser Film läuft im Programm der Berlinale 2016. Eine Übersicht über alle FILMSTARTS-Kritiken von den 66. Internationalen Filmfestspielen in Berlin gibt es HIER.

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