Der innovativste Beitrag des Berlinale-Wettbewerbs 2016 stammt aus dem Iran! Mani Haghighi verbindet in „A Dragon Arrives!“ einen Film noir mit Horrorelementen, Found-Footage-Passagen und (realen?) Dokumentarfilmaufnahmen: „Chinatown“ trifft „Der Exorzist“ trifft „Blair Witch Project“, gewürzt mit einer gehörigen Portion politischer Paranoia: Am 23. Januar 1965, also einen Tag nach der Ermordung des iranischen Premierministers, wird Polizist Hafizi (Amir Jadidi) auf die abgelegene Insel Qeschm im Persischen Golf geschickt, um dort den Tod eines politischen Exilanten zu untersuchen, der sich in einem Schiffswrack mitten in der Wüste erhängt hat. Hafizi erkennt anhand der Würgemale sofort, dass es Mord gewesen sein muss, trotzdem lässt er die Leiche auf dem um das Schiff herum gelegenen Friedhof vergraben, weil er seinen Vorgesetzten nicht auf die Füße treten will. In der folgenden Nacht gibt es ein Erdbeben, das sich gegen alle Naturgesetze nur auf die Grabanlage beschränkt – laut einer lokalen Sage beginnt die Erde jedes Mal zu beben, wenn dort jemand begraben wird. Hafizis Neugier ist geweckt – gemeinsam mit einem Geologen und einem Soundingenieur kehrt er kurze Zeit später auf die Insel zurück…
Wenn der extrem attraktive Hafizi zu Beginn mit Schlapphut und Sonnenbrille in seinem orangenen Chevy Impala durch die Wüste fährt, wird sofort klar: In Sachen Coolness und Stilbewusstsein muss sich „A Dragon Arrives!“ auch vor den ganz großen Noir-Klassikern Hollywoods nicht verstecken! Aber dann folgt gleich der erste Bruch – der Regisseur spricht direkt in die Kamera und erzählt von seinen Schwierigkeiten, die weiteren Fakten der wahren Geschichte zu recherchieren. Denn Hafizi und seine Mitstreiter wurden damals zwar von der Geheimpolizei verhört, aber die Tonbänder brechen irgendwann mitten in der Story ab – was wir bis dahin gesehen haben, sind also womöglich nur Reenactments tatsächlicher historischer Ereignisse, fast wie in vielen Dokumentarfilmen. Dabei ist die Geschichte von „A Dragon Arrives!“ doch so unglaublich – aber es treten im Film zugleich auch einige sehr bekannte öffentliche Figuren der jüngeren iranischen Geschichte auf, die ihm trotz allem eine nicht zu leugnende Authentizität verleihen. Wir fühlen uns wieder wie 1999, als das Gerücht gestreut wurde, es würde sich bei „Blair Witch Project“ um reale Aufnahmen handeln – nur war damals nach fünf Minuten klar, dass das Quatsch ist, während wir bei „A Dragon Arrives!“ wohl noch Tage und Wochen über seinen Wahrheitsgehalt weiterrätseln werden. So faszinierend kann Kino sein!
Fazit: Sehr mysteriös, extrem stylisch und schlichtweg saucool - ein aufregend-abgefahrener Genre-Mix.