Abenteuer für Einsteiger
Von Antje WesselsOb nun „Käpt’n Sharky“, „Die Dschungelhelden“, „Prinzessin Lillifee“ oder eben auch „Der kleine Drache Kokosnuss“: Allem, was sich in der Populärkultur der Kindergartenflure irgendwann mal als halbwegs erfolgreich erwiesen hat, wird über kurz oder lang die Ehre eines eigenen (Kino-)Films zuteil. Der von Ingo Siegner erfundene Feuerdrachenjunge war zunächst eine erfolgreiche Romanfigur, die bis heute 25 Buchabenteuer erlebt hat. Anschließend durchlief Kokosnuss dann die übliche Kinderunterhaltungsmaschinerie: Seine Geschichten wurden erst als CD und schließlich in einer TV-Serie weitererzählt. 2014 erschien dann der gleichnamige Animationsfilm in den deutschen Kinos und mauserte sich dort mit mehr als 800.000 Besuchern zu einem regelrechten Vorschul-Must-See-Megahit!
Bei der Fortsetzung „Der kleine Drache Kokosnuss 2 - Auf in den Dschungel!“ wurde das Regiezepter nun an Anthony Power weitergegeben. Der gebürtige Ire war bereits am Skript zum ersten „Kokosnuss“-Film beteiligt und inszenierte seither vorwiegend Trickserien fürs Fernsehen („Bibi Blocksberg“) sowie den „Ritter Trenk“-Film fürs Kino. Power trifft dabei auch im Sequel wieder den mehr als harmlosen Tonfall des Vorgängers, der mit wohldosierten Spitzen den Puls der jungen Zuschauerschaft (nicht zu sehr) in die Höhe treibt. Damit ist auch „Auf in den Dschungel!“ erneut ein idealer Einsteiger-Abenteuerfilm, selbst wenn die Spannung wohl nur bedingt auch auf die erwachsenen Begleiter überspringen wird.
Der kleine Drache Kokosnuss (Stimme: Max von der Groeben) ist schon ganz aufgeregt, denn die Abfahrt ins Ferienlager steht kurz bevor. Gemeinsam mit seinem besten Freund Oskar (Dustin Semmelrogge) freut sich Kokosnuss auf viele spannende Abenteuer. Doch seine Euphorie wird getrübt, als er erfährt, dass nur Drachen im Camp erlaubt sind. Seine Freundin Matilda (Carolin Kebekus), ein herzensgutes Stachelschwein, muss die Ferien also zuhause verbringen. Das gefällt Kokosnuss gar nicht! Kurzerhand schmuggelt er Matilda an Bord des Schiffes, das direkt Kurs auf das mitten im Dschungel gelegene Ferienlager nimmt. Zunächst geht alles gut, doch als die Fähre einen Felsen rammt, ist die Reisegruppe gezwungen, sich zu Fuß durch den Dschungel zu schlagen. Im Anbetracht der vielen Gefahren, die der Dschungel für die Gruppe bereithält, wird ihr Zusammenhalt auf eine harte Probe gestellt. Wobei vor allem die Frage im Mittelpunkt steht: Was hat es bloß mit den geheimnisvollen Wasserdrachen auf sich?
Zur großen Erfolgsgeschichte des ersten „Der kleine Drache Kokosnuss“-Films zählen nicht nur die vielen Besucher in Deutschland, er wurde zudem auch noch in so ziemlich jedes Land dieses Planeten verkauft. Verwunderlich ist das nicht, denn auch wenn das CGI-Abenteuer in Deutschland produziert wurde, sind die darin angesprochenen Themen um Freundschaft, Zusammenhalt und den Glauben an sich selbst länder-, ethnien- und altersübergreifend verständlich. In „Auf in den Dschungel!“ geht es nun sogar ganz konkret darum, dass man in Notsituationen selbst dann zusammenhalten sollte, wenn man nicht derselben Spezies angehört und in grundlegenden Dingen vielleicht sogar gänzlich anderer Meinung ist. Da sind auf der einen Seite die Feuer- und Fressdrachen rund um Kokosnuss und seine Sippschaft; und auf der anderen die Wasserdrachen, die auf die Neuankömmlinge in ihrem Dschungel erst einmal ganz schön feindselig reagieren.
Aber die Gründe für diese Skepsis erklären Regisseur Power und seine Co-Autoren Mark Slater und Gabriele M. Walther nicht bloß für jede Altersklasse nachvollziehbar, sie gehen bei der gegenseitigen Annäherung der Drachengattungen auch behutsam und leicht verständlich vor. Besonders charmant: Natürlich sind es am Ende die Kinder, die vollkommen vorurteilsfrei auf die Mitglieder des jeweils anderen Stammes zugehen und den zurückhaltenden Erwachsenen dadurch ein leuchtendes Beispiel sind.
Während die Verständigung zwischen den Feuer- und den Wasserdrachen im Zentrum steht, durchleben Kokosnuss und seine Freunde auf dem Weg durch den Dschungel immer wieder kleine und größere Abenteuer. Eine „gefährliche“ Tauchmission in ein gesunkenes Schiff bildet den Höhepunkt der (alles in allem vollkommen harmlosen) Stationen. Auch die Attacken der schlangenähnlichen fleischfressenden Pflanzen sorgen zwischendurch immer mal wieder für kurze Spannungsmomente. Als Ausgleich für die Aufregung bieten die Macher ihrem jungen Publikum anschließend allerlei niedliches Getier, darunter etwa einen riesigen Meeresdrachen namens Amadeus, der aussieht wie eine hochhaushohe Ente.
Neben diesen phantastischen Tierwesen gibt es auch noch jede Menge altersgerechten Slapstick. Positiv fällt dabei einmal mehr der Verzicht auf moderne Gadgets auf: Kokosnuss und seine Freunde besitzen keine Smartphones oder anderen technischen Schnickschnack und unterhalten sich ohne das Bemühen eines pseudocoolen Jugendslangs, wie er in den vergangenen Jahren in immer mehr Animationsfilmen aufgetaucht ist. Das macht „Auf in den Dschungel!“ zeitlos, ohne dass er deshalb gleich altbacken wirken würde. Etwas anders sieht das bei dem minimalistischen Animationsstil aus. Da wird nicht immer sofort deutlich, wo hier im Vergleich zu computeranimierten TV-Serien aufwandstechnisch noch mal einer draufgesattelt wurde.
Fazit: „Der kleine Drache Kokosnuss 2 - Auf in den Dschungel!“ ist ein weiterer aufregender, aber nicht zu aufregender Vorschul-Abenteuerfilm, der diesmal vor allem die Bedeutung von Toleranz und Zusammengehörigkeit in den Mittelpunkt stellt.