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    Fast & Furious 10
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Fast & Furious 10

    Jason Momoa macht einen auf Joker – und stiehlt allen die Show!

    Von Björn Becher

    Während in der „Fast & Furious“-Reihe vor der Kamera weiterhin die Familie gefeiert wird, sieht es dahinter schon längst nicht mehr ganz so rosig aus: Der Streit zwischen Vin Diesel und Dwayne Johnson wurde rund um „Fast & Furious 8“ sogar öffentlich ausgetragen. Der Drehbuchautor Chris Morgan, der mit seinen Vorlagen für die Teile 3 bis 8 aus dem einstigen Straßenrenn-Actioner ein globales Agenten-Blockbuster-Spektakel machte, musste angeblich gehen, weil er das von Vin Diesel mit einem Naserümpfen hingenommene Spin-off „Hobbs & Shaw“ gegenüber dem neunten Teil der Hauptreihe priorisierte. Zuletzt erwischte es dann noch Justin Lin. Der Regisseur der Teile 3 bis 6 sollte nach seiner Rückkehr für „Fast & Furious 9“ eigentlich auch gleich noch das mit „Fast & Furious 10“ beginnende, mehrteilige Finale komplett inszenieren. Aber dann warf er schon kurz nach Drehbeginn das Handtuch. „The Transporter“-Regisseur Louis Leterrier sprang kurzfristig ein …

    … und zelebriert nun erst mal wieder die Familie. Dass das obligatorische Grillfest mit viel Corona-Bier und noch mehr Plattitüden über Zusammenhalt dieses Mal zu Beginn und nicht wie sonst am Ende gefeiert wird, ist allerdings schon ein erstes Warnsignal. So richtig will das mit der Familie ohnehin nicht mehr verfangen, auch weil „Fast & Furious 10“ nach einem wirklich saustarken Beginn schnell zur Vin-Diesel-Show wird, bei der die zahlreichen alten und neuen Figuren das Geschehen nur mit ihren langweiligen Nebenquests ausbremsen. Aber immerhin einer hat mächtig Spaß dabei: Ein völlig entfesselter Jason Momoa, der als metrosexueller, Fliederfarben tragender Wiedergänger von Heath Ledgers Joker aus „The Dark Knight“ dem Affen so richtig Zucker gibt!

    Mit viel Spaß am Bösesein und dabei immer gut gekleidet: Jason Momoa als Dante.

    Endlich scheint im Haus der Großfamilie Toretto Frieden eingekehrt. Da kann man es sich sogar erlauben, dass der lange von allen nur belächelte Roman (Tyrese Gibson) die neueste Weltenretter-Mission für die mysteriöse Agency in Rom anführt. Doch als ihre schwerverletzte Erzfeindin Cipher (Charlize Theron) an die Tür von Dom (Vin Diesel) und Letty (Michelle Rodriguez) klopft, ist sofort klar, dass da neues Unheil aufzieht. Und tatsächlich erweist sich der neue Auftrag als Falle, an dessen Ende die halbe italienische Hauptstadt in Schutt und Asche liegt. Dom und sein Team werden als vermeintliche Terrorist*innen zu den meistgesuchten Menschen der Welt.

    Während Letty sogar in Haft landet und der Rest untertauchen muss, macht sich Dom auf nach Brasilien, um sich dem Verantwortlichen hinter ihrer misslichen Lage zu stellen: Dante Reyes (Jason Momoa), der Sohn des Drogenbosses Hernan Reyes (Joaquim de Almeida), den die Gang in „Fast & Furious Five“ einst entmachtet hat. Zehn Jahre hat er sich vorbereitet, nun verfolgt er gnadenlos und skrupellos ein einziges Ziel: Er will Doms Familie brennen und ihr angesichts von Zerstörung und Tod machtloses Oberhaupt leiden sehen…

    Ein Rückblick auf die beste Actionszene der Reihe!

    „Fast & Furious 10“ beginnt mit einem Blick zurück: In den ersten Minuten sehen wir teilweise bekanntes, teilweise neues Material davon, wie Doms Crew den Drogenbaron damals um sein Geld erleichtert hat. Die Szene legt die Messlatte natürlich unglaublich hoch, schließlich werden wir hier an die beste Action-Sequenz des gesamten Franchise erinnert: Nie gingen jede Physik missachtende Over-The-Top-Action und handgemachte Stunts besser Hand in Hand als bei der Raserei mit einem Riesensafe im Schlepptau durch die Straßen von Rio de Janeiro. Dass bei diesem Rückblick natürlich auch der verstorbene Paul Walker noch einmal zu sehen ist, dürfte manchem Fan zudem auch noch eine Träne in die Augen treiben.

    Zu Beginn scheint es noch so, als wäre diese Erinnerung an den Höhepunkt des Franchise kein Eigentor, sondern ein einzulösendes Versprechen! Nach dem zugegeben etwas zähen und mit dem ersten von vielen unnötigen Gastauftritten versehenen Grillabend folgt nämlich erst einmal hochklassige Action im Doppelpack: Eine Konfrontation von Charlize Theron und Jason Momoa festigt ihren Status als eine der allerbesten Action-Schauspielerinnen Hollywoods, während er als gefährlicher, weil ausgesprochen skrupelloser und weit vorausdenkender Bösewicht etabliert wird. Wie Theron hier ein ganzes Team auseinandernimmt, ist aber nur ein Vorgeschmack auf das kurz danach folgende Mega-Spektakel, wie man es seit einigen Teilen einfach von der Reihe erwartet.

    Eine Partie Rocket League auf den Straßen Roms.

    Die gewaltige Actionszene in Rom ist alles, was man sich von einem „Fast & Furious“-Blockbuster nur wünschen kann: Es beginnt mit einem Heist, bei dem unter anderem ein goldener Lamborghini als Blendwerkzeug eingesetzt wird, und entwickelt sich dann schnell zu einer abgefahrenen Zerstörungsorgie. Eine an „Indiana Jones - Jäger des verlorenen Schatzes“ erinnernde Metallkugel rollt durch die Hauptstadt und macht wirklich alles platt, was sich ihr in den Weg stellt. Natürlich befindet sich im Innern eine Bombe und irgendwann fängt das Ding auch noch Feuer. Dom und Co. müssen so in einer an das Videospiel „Rocket League“ erinnernden Art von Autofußball die tonnenschwere Kugel so durch die engen Gassen Rom bewegen, dass möglichst wenig zerstört wird und vor allem die Bombe am Ende nicht im Vatikan hochgeht und diesen komplett dem Erdboden gleichmacht.

    Die Actionszene ist mitreißend, spannend und entwickelt eine regelrecht greifbare physische Wucht! Das liegt auch daran, dass die gewaltige Schneise der Zerstörung nicht nur gut animiert ist, sondern auch immer wieder bekannte Orte in Rom glaubhaft zerstört werden. Zugleich steckt sie voller abgefahrener „Das machen die jetzt nicht wirklich!“-Ideen (wir sagen nur „Kran“). Es ist sicher kein Zufall, dass mit Second-Unit-Regisseur Alexander Witt einer der erfahrensten Hollywood-Experten für Auto-Action zum ersten Mal nach dem großartigen „Fast & Furious Five“ wieder ins Team des Franchise zurückkehrte. Die Szene trägt eindeutig die Handschrift des u.a. für „Speed“, „The Italian Job“ oder „James Bond – Keine Zeit zu sterben“ tätigen Spezialisten.

    Blechschäden von der Stange

    Das große Problem von „Fast & Furious 10“: Keine der späteren Szenen kann diesem frühen Highlight auch nur im Ansatz das Wasser reichen. Im Gegenteil: Die meisten sind langweilige Blechschaden-Orgien, bei denen mal hier schnell gerast wird, mal dort etwas explodiert, aber selten eine kreative oder spektakuläre Idee heraussticht. Als Bösewichte Dante sich die Frage stellt, wie man den legendären Dom wohl in einem Straßenrennen besiegen könnte, liefert er selbst die Antwort: „Indem man ihm die Straße nimmt!“ Da werden noch mal kurz die Erwartungen hochgeschraubt. Aber der u.a. zwei Helikopter umfassende Plan geht schon nach wenigen Sekunden schief und so geht es direkt doch ganz schnöde auf dem Asphalt weiter.

    Das große Finale, bei dem Dom einen Staudamm runterrast, hätte ebenfalls das Zeug zu irrwitziger Action, verliert aber inmitten eines CGI-Matsch-Feuerballs endgültig jede Spur von Bodenhaftung. Außerdem ist es einfach kein abschließender Höhepunkt, sondern irgendwie eine völlig gleichgültig wirkende Szene – was zusätzlich zur den hier eher miesen Effekten auch inhaltlich befeuert wird: Der Film hört einfach mittendrin auf! „Fast & Furious 10“ ist der erste von mindestens zwei (aktuelle Aussagen besagen sogar drei) die Reihe abschließenden Final-Filmen. Aber das Staudamm-Spektakel ist nicht mal ein richtiger Cliffhanger – denn statt einem gibt es gleich mehrere, weshalb mitten im großen Finale einfach an einen der anderen zahlreichen Schauplätze geschnitten wird.

    Auto in der Luft – leider nur ein kurzes Vergnügen.

    Zumindest bleibt sich der Film damit treu: Die Crew wird schließlich schon früh aufsplittet, um dann immer wieder und teilweise eher ungelenk von einem Schauplatz zum anderen zu wechseln. Letty erlebt in einem unterirdischen Knast ihr eigenes Abenteuer; Doms Bruder Jakob (John Cena) ist mit seinem Neffen Brian (Leo Abelo Perry) auf einem Road-Trip durch die USA; und Roman, Tej (Ludacris), Ramsey (Nathalie Emmanuel) und Han (Sung Kang) schlagen sich irgendwie durch Europa – die langweiligste aller Nebengeschichten. Da wird sich dauernd gekabbelt oder mal in einem Internet-Café aus den 2000ern ein Gaststar besucht. Bei einem dann auch schnell wieder spurlos aus dem Film verschwindenden Reihen-Rückkehrer klopft man an die Tür, woraus sich immerhin eine kurze Actionszene entwickelt.

    Wie ideenlos das alles ist, illustriert ein Moment, als Han trotz Warnung „Happy Muffins“ probiert. Einen sich andeutenden LSD-Trip kann er in seiner gefährlichen Lage auf der Flucht vor den Behörden natürlich gar nicht brauchen und so stellt er das Essen des kleinen Küchleins direkt ein – und irgendwie endet damit auch sofort die Drogenwirkung. Was die Szene dann überhaupt soll, wenn man Han nicht zumindest auf Drogen in die folgende knifflige Situation schickt? Keine Ahnung! Gleich mehrfach finden sich in „Fast & Furious 10“ solche angerissenen Ideen, die dann aber nicht weiter verfolgt werden.

    Super-Dom darf Captain Marvel über die Straße tragen

    Eigentlich sind die bereits in neun Filmen angesammelten, alle ihre eigene Geschichte und Leinwandzeit benötigten Figuren schon zu viel Ballast. Trotzdem gibt es zusätzlich noch reichlich Neuzugänge. MCU-Star Brie Larson („The Marvels“) scheint etwa nur im Film zu sein, damit Vin Diesel einen von mehreren grotesk überinszenierten Heldenmomenten bekommt: Mit ihn anstrahlender Sonne im Rücken trägt er die Oscargewinnerin mit Leichtigkeit auf seinen Armen in Slow-Motion die Straße entlang.

    „The Suicide Squad“-Star Daniela Melchior ist wohl vor allem dabei, weil es einfach fester Bestandteil der Reihe ist, dass irgendwer noch Verwandte hat, die auch noch in die Familie integriert werden (müssen). Alan Ritchson darf immerhin kurz mal so hart und knackig austeilen wie in seinem Serien-Hit „Reacher“, ist aber als neuer Boss der nach den Ereignissen in Rom Dom und Co. nicht mehr beschäftigenden, sondern jagenden Agency vor allem für die vielen selbstreferenziellen Kommentare des Films zuständig. So stellt er gleich mal fest, dass all die vorherigen Dom-Jäger*innen irgendwann selbst Teil der Familie wurden – was ihm aber ganz sicher nicht passieren wird...

    Superheld Dom ist als großer Beschützer voll in seinem Element.

    Aber dann gibt es da noch einen, der den Film nicht nur bereichert, sondern fast allein den Kinobesuch wert ist: Jason Momoa hat als Bösewicht Dante so unglaublich viel Spaß, dass es ansteckend ist. Der „Aquaman“-Star genießt es sichtlich, gegen sein Image anzuspielen. Trotz der imposanten Muskeln sucht Dante nicht wirklich die direkte Konfrontation mit Dom. Als es doch dazu kommt, lässt er sich in einem von mehreren an Heath Ledgers Joker erinnernden Momenten sogar freiwillig verprügeln. Dante ist zum einen der strategische, gleichzeitig aber Chaos stiftende Planer, der allen immer gleich mehrere Schritte voraus ist. Andererseits verbringt der psychopathische Widersacher seine Freizeit aber auch mal damit, seinen toten, bizarr entstellten Ex-Handlangern voller Liebe die Fußnägel zu lackieren.

    Ein klein wenig verpufft Momoas völlig entfesseltes, immer wieder verschmitztes Spiel aber durch die einfach nicht zu durchbrechende stoische Grimmigkeit seines Gegenübers: Da kann Dante noch so schön Kajal und Nagellack auftragen und darauf verweisen, dass er sein Outfit mal wieder farblich auf sein Auto abgestimmt hat, Vin Diesel grunzt auf die teils bedrohlichen, teils in den Flirt abdriftenden Konfrontationen doch immer nur dieselbe Leier von „Familie, alle retten, dich töten“ zurück. Vielleicht trifft Momoa im Sequel ja auf einen Widerpart, der ein wenig mehr auf sein teilweise improvisiertes Spiel einzugehen bereit ist – die Abspannszene eröffnet dafür zumindest den nötigen Raum…

    Fazit: „Fast & Furios 10“ lässt nach einem herausragenden Beginn in Rom schnell stark nach und wird dann fast nur noch interessant, wenn Jason Momoa die Bildfläche betritt. Dazwischen gibt es in einem mit zahlreichen altbekannten Nebenfiguren, Comebacks, Cast-Neuzugängen und unnötigen Cameo-Auftritten völlig überfrachteten Film allerdings viel zu viel Leerlauf.

     

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