Ein authentisches Bild des Alltags zu erschaffen, ist auch für gestandene Filmemacher eine schwierige Aufgabe. Für Nachwuchsregisseure, die sich mit winzigem Budget in der Branche etablieren wollen, bietet sich diese Realismus-Schiene trotz ihrer Haken und Ösen wiederum als eine der pragmatischsten Herangehensweisen an. „Treppe Aufwärts“, das Spielfilmdebüt von Mia Maariel Meyer, erinnert schon im Titel nicht von ungefähr an das Werk von Andreas Dresen („Halbe Treppe“), aber an dessen ungezwungene Kombination von sozialem Realismus und menschlicher Wahrhaftigkeit kommt die Regisseurin mit ihrem bemühten Drei-Generationen-Familiendrama nicht heran. Die von ihr porträtierte Halbwelt, in der tägliches Konservenessen, die „Bild“-Zeitung und ein paar Flaschen Bier schon so etwas wie Zufriedenheit und Heimat bedeuten sollen, wirkt dafür einfach zu konstruiert und fremd.
Sein mittlerweile von der Demenz bedrohter spielsüchtiger Vater (Christian Wolff) hat einen erstaunlichen Schuldenberg angehäuft, den Adam (Hanno Koffler) auf ungewöhnliche Weise zu tilgen versucht: Der angebliche Taxifahrer hat im Keller mehrere „einarmige Banditen“ stehen und meint, über einen Algorithmus ermitteln zu können, wann die Spielautomaten in diversen Berliner Spielstätten „fällig“ sind, einen größeren Geldgewinn auszuwerfen... Adam droht bald, die Kontrolle zu verlieren, aber er will auf keinen Fall die Fehler des Vaters wiederholen: Im Mittelpunkt stehen die persönlichen Konflikte, da ist es sinnfällig, wenn in „Treppe Aufwärts“ ganz ähnlich wie in den Filmen der Brüder Dardenne („Zwei Tage, eine Nacht“) die Kamera meist ganz nah bei den Figuren ist. Doch während die zweifachen belgischen Cannes-Gewinner so eine echte Intimität herstellen, fehlt hier für einen ähnlichen Effekt die erzählerische und inszenatorische Präzision.
Die Unschärfen im Bild finden ihre Entsprechung auf der Handlungsebene, gerade die dramatischeren Szenen wirken eher holprig, die (über-)komplexe Hintergrundgeschichte ist zudem wenig glaubwürdig. Denn die Sorgen um den Vater sind bei weitem nicht Adams einziges Problem. So steht auch noch sein 16-jähriger Sohn Benjamin (Matti Schmidt-Schaller) vor der Tür, der mit den Kleinganoven Bardo (Patrick Wolff) in Konflikt geraten ist. Wenn es dann um Geldeintreiben und einen zahlungsunwilligen Eigenbrötler (Ken Duken) geht, dann sind wir schon fast im Genrekino. Bei all dem beeindrucken die Darsteller mit ihren bodenständigen Leistungen und es ist trotz aller Schwächen eine kreative Energie spürbar, die durchaus neugierig macht auf kommende Arbeiten der Regisseurin.
Fazit: Das (zu) ambitionierte Erstlingswerk ist vor allem für seine respektablen schauspielerischen Darbietungen einen Blick wert.