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    Bullyparade - Der Film
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Bullyparade - Der Film
    Von Carsten Baumgardt

    Geht da noch was oder ist die glorreiche Zeit der Glücksritter der „Bullyparade“ 15 Jahre nach Einstellung der TV-Sketch-Comedy und zehn Jahre nach dem bisher letzten von insgesamt drei Kinofilmen endgültig vorbei? Lässt sich das Phänomen „Bullyparade“ nach zwei Monsterhits mit „Der Schuh des Manitu“ (11,7 Millionen Besucher) und „(T)Raumschiff Surprise“ (9,2 Millionen) sowie dem erfolgreichen Animationsfilm „Lissi und der wilde Kaiser“ (2,3 Millionen) tatsächlich noch einmal reaktivieren? Das ist nach dieser langen Pause die große Frage zum Kinostart von Michael „Bully“ Herbigs Parodie-Revue „Bullyparade - Der Film“, der die beliebtesten Figuren der Kultserie im Rahmen einer lose übergeordneten Spielfilmhandlung auf die große Leinwand bringt. Alte Fans der „Bullyparade“ werden mit dem neuen Kinofilm jedenfalls ansprechend unterhalten und bekommen genügend Möglichkeiten, in Nostalgie zu schwelgen. Für Neuankömmlinge wird es dagegen nicht einfach sich zurechtzufinden, selbst wenn parodistische Bezüge zu aktuelleren Kinohits wie „The Wolf Of Wall Street“ oder zur modernen Social-Media-Welt den Zugang erleichtern.

    Am 9. November 1989 singt David Hasselhoff die Berliner Mauer um und besiegelt damit den Untergang des Arbeiter- und Bauernstaats DDR. Den penetrant sächselnden Kasirske-Brüdern Jens (Christian Tramitz) und Jörg (Rick Kavanian) ist dieser schauderhafte Gesangsauftritt immer noch ein Graus, deswegen reisen sie „Zurück in die Zone“, um im entscheidenden Moment den Mauerfall zu verhindern. Im Wilden Westen trennen sich die Wege der Blutsbrüder Winnetou (Michael Herbig) und Old Shatterhand (Tramitz). Sie gehen nach einer Meinungsverschiedenheit 15 Jahre lang getrennte Wege. Winnetou hat inzwischen mit der netten Annette (Cornelia Ivancan) eine Squaw gefunden, doch als ihr Vater General Otto Motors (Sky du Mont) im Ehevertrag darauf pocht, dass der Indianerhäuptling das Land der Apachen an den weißen Mann abtritt, nimmt er gemeinsam mit Old Shatterhand Reißaus. In weiteren Episoden will das österreichische Kaiserpaar Franz (Tramitz) und Sissi (Herbig) ein Spukschloss in Bayern kaufen, Lutz (Herbig) und Löffler (Kavanian) versuchen an der New Yorker Wall Street Geld zu machen und die Besatzung der U.S.S. Hasselhoff erlebt unter dem Kommando von Captain Kork (Tramitz) und Mr. Spuck (Herbig) im Jahr 2280 neue Abenteuer…

    Der Erfolg der „Bullyparade“, die von 1997 bis 2002 (90 Episoden in sechs Staffeln) im deutschen Fernsehen lief, kam nicht gerade über Nacht. Zu Beginn, als Michael Herbig noch die Frisur von Grünen-Politiker Anton Hofreiter trug und sein Publikum mit Monsterkoteletten begeisterte bzw. verschreckte, war die schräge Sketch-Parade trotz des Senders Pro Sieben noch ein echter Insidertipp, der sich erst langsam eine treue Fangemeinde erspielte. Mit den ersten beiden Kinofilmen ging das Projekt der Masterminds Michael „Bully“ Herbig, Christian Tramitz und Rick Kavanian, die in der Show und auch in allen Kinofilmen immer wieder in multiplen Rollen auftreten, dann allerdings brutal durch die Decke („Der Schuh des Manitu“ ist bis heute der erfolgreichste deutsche Film seit Beginn der Zuschauerzählung). Nachdem „Lissi und der wilde Kaiser“ - überraschend als Animationsfilm umgesetzt – im Vergleich hinter den Erwartungen zurückblieb, wandten sich die drei Komiker erst einmal anderen Aufgaben zu.

    Nach den drei Solofilmen ist „Bullyparade - Der Film“ das erste Werk, das das ganze BCU (Bullyparade Cinematic Universe) zusammenbringt. Die größte Herausforderung, nämlich die vielen Figuren einigermaßen sinnvoll in einer halbwegs fortlaufenden Handlung zu vereinen, hat das Team Herbig ganz gut gelöst. Die fünf Episoden sind zwar nicht ineinander verwoben, aber die Übergänge holpern auch nicht. Geschickt bindet Herbig einige weniger bedeutende Charaktere der „Bullyparade“ wie die Journalisten Pavel und Bronko oder das Kastagnetten-Trio in die Haupthandlungsstränge ein. Herbigs Bildsprache mit Drehs in Bayern und Spanien ist wie bisher weiterhin kinotauglich und die Dichte der Gags über die gesamte Spielzeit von 100 Minuten unglaublich hoch. Das Autorenquartett Herbig, Tramitz, Kavanian und Alfons Biedermann feuert aus allen Rohren nach dem Motto: „Viel hilft viel!“ Einige Pointen landen als Volltreffer im Ziel, einige verenden im Nichts und die meisten nimmt man zumindest amüsiert-schmunzelnd zur Kenntnis.

    „Bullyparade - Der Film“ ist eine Mischung aus Neuem, Aufgewärmtem und ein bisschen New-Media-Zeitgeist. Die meiste Kreativität floss gleich in die erste gut gelungene Episode „Zurück in die Zone“, wo Herbig die Kasirske-Brüder, David Hasselhoff und die Wiedervereinigung in einer liebevollen „Zurück in die Zukunft“-Parodie zusammenbringt. Nicht ganz so überzeugend sind die beiden zentralen Geschichten, ein mittelprächtiger „Der Schuh des Manitu“-Aufguss (inzwischen dürfen rechtlich die Karl-May-Originalnamen verwendet werden) und eine fade „Sissi“-Episode, weil die Variationen hier kaum auffallen. Man könnte sich ebenso gut in einer alten TV-Folge wähnen. Hier wirkt „Bullyparade“ wie ein Film aus einer anderen Zeit, die weit weg scheint. „Lutz Of Wall Street“ haucht dem Unterfangen mit einer „The Wolf Of Wall Street“-Verballhornung zwar wieder ein wenig Leben ein, funktioniert aber nur teilweise, weil diese Typen Lutz und Löffler eher für kurze Sketche konzipiert sind. Erst ganz am Ende bläst in der „(T)Raumschiff Surprise“-Fortführung auf dem „Planet der Frauen“ dank vieler wirklich schräger Ideen wieder frischer Wind.

    In dieser Episode verbirgt sich auch der beste der zahllosen Cameos, wenn Peter Maffay (!) einen kleinen Gag ultratrocken ins Ziel hämmert. Bei den weiteren Gastauftritten etwa von Elyas M’Barek („Fack Ju Göhte“), Til Schweiger („Keinohrhasen“), Matthias Schweighöfer („Schlussmacher“), Chuck Norris („Missing In Action“) oder Jürgen Vogel („Der Mann aus dem Eis““) mangelt es zwar wahrlich nicht an Prominenz, aber bei den wenigsten erfüllen die Stars über ihre reine Präsenz hinaus eine Funktion. Sie sind einfach nur da, ohne tatsächlich wie im Fall von Maffay auch einen Gag zu präsentieren (ähnlich wie bei den Cameo-Gewittern in der „Sharknado“-Reihe). Da hätte man deutlich mehr rausholen können.

    Fazit: Stammfans der „Bullyparade“ werden sich mit dem vierten Kinofilm durchaus anfreunden können, für den Rest wird es schwer(er), sich in die dicht getaktete (Insider-)Gagparade einzufinden.

     

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