"Ich habe keine Ahnung, was ich da gerade gesehen habe, aber es war verdammt gut..."
Das waren meine Gedanken, als ich den Kinosaal von "mother!" verlassen habe. Der Film hat mich ab der ersten Minute gefesselt und die großartige Atmosphäre hat bei mir ständig ein eigenartiges Gefühl im Bauch erzeugt, ein Gefühl, dass hinter diesem Film mehr steckt als man zunächst denkt.
Auf jeden Fall stellt der Film die Sehgewohnheiten des Zuschauers komplett auf den Kopf; der Spruch "Nur wenn man es sieht, kann man es glauben" passt hier wie die Faust aufs Auge.
Ich kann verstehen, wenn man mit diesem Film nichts anfangen kann; wer hier wohl einen konventionellen Horrorthriller erwartet, wird mit ziemlicher Sicherheit enttäuscht werden (4 von 14 Besuchern haben bei der Vorstellung den Saal verlassen).
Doch wenn man sich auf diesen emotional durchrüttelnden Drogentrip einlässt und man am Ende des Films zum ersten Mal seit zwei Stunden einen anderen Gedanken als "What the Fuck passiert hier eigentlich?" fassen kann, sollte man mit dem Film noch nicht abschließen.
Denn Aronofsky verlangt vom Zuschauer mehr als das bloße Konsumieren des Films; man soll und muss sich über ihn Gedanken machen, um seine Intention besser verstehen zu können und so ein vollendetes Filmerlebnis zu haben. Wer hingegen von vornherein einen gut durchdachten, auf die Handlung fokussierenden und clever geschriebenen Thriller ohne allzu großen Tiefgang erwartet, der ist bei "mother!" falsch aufgehoben.
Wer sich jedoch auch nach dem Kinogang intensiv mit dem Film beschäftigt und Interviews mit dem Regisseur und Analysen zum Film anschaut, dem müsste der eigentliche Sinn des Films deutlicher werden.
Wenn man den Film als das betrachtet, was er sein will - eine Allegorie auf die Erde (=das Haus) und die Verbindung des Schöpfers (=der Dichter) und der Natur (=dessen Ehefrau) mit ihren Bewohnern (=die Eindringlinge), fügen sich alle zunächst unlogisch erscheinenden Details wie Puzzleteile zusammen:
- Die ersten Eindringlinge repräsentieren Adam und Eva; dessen Söhne (=Kain und Abel) sich streiten und Kain (der ältere Bruder) Abel erschlägt.
- Die Gastfreundschaft und das ständige Verzeihen des Dichters (Gottes) gegenüber dem rüpelhaften Benehmen der Eindringlinge (Menschen)
- Der Sündenfall, als die Eindringlinge schließlich den vom Dichter (Gott) geliebten Kristall zerstören
- Die späteren Eindringlinge, die das Haus (Erde) zunehmend verwüsten und den Sohn des Dichters (Jesus) schließlich töten u.s.w.
Natürlich gibt es keine "absolut" richtige Interpretation, aber es beweist, dass der Regisseur sich Gedanken bei diesem Film gemacht hat, die nicht auf den ersten Blick erkennbar sind. Das mag nicht für jeden Zuschauer geeignet sein (und dafür muss man sich auch nicht entschuldigen), aber es ist genauso falsch, den Film als sinnlosen Nonsens abzustempeln ohne sich tiefer damit beschäftigt zu haben.
Fazit: Sperriger Film, der aber durchweg fesselt und einem - wenn man sich darauf einlässt und sich
auch nach dem Kinogang mit ihm beschäftigt - ein außergewöhnliches und einzigartiges
Filmerlebnis bietet.