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    Papillon
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Papillon
    Von Carsten Baumgardt

    Braucht die Filmwelt wirklich eine Neuauflage von Franklin J. Schaffners Knast-Klassiker „Papillon“ von 1973? Eigentlich nicht. Die dänische Regiehoffnung Michael Noer („Nordvest – Der Nordwesten“) versucht sich trotzdem an einer weiteren Verfilmung des Buches von Henri Charrière, der nach einem vermeintlichen Mord in der berüchtigten Strafkolonie in Französisch-Guayana ums Überleben gekämpft hat. Das Remake ist ein gefälliges und stimmig fotografiertes Gefängnis-Drama, bleibt aber im Schatten des berühmten Vorgängers. Und das liegt nicht zuletzt daran, dass die Hauptdarsteller Charlie Hunnam und Rami Malek bei allen Qualitäten nicht an die Leinwand-Legenden Steve McQueen und Dustin Hoffman heranreichen.

    1931: Der Dieb und Tresorknacker Henri „Papillon“ Charrière (Charlie Hunnam) gerät in der Pariser Unterwelt in ein Komplott und wird für einen Mord, den er nicht begangen hat, zu lebenslanger Haft verurteilt. Die soll er in der gefürchteten Strafkolonie St. Laurent in Französisch-Guyana verbringen. Schon auf der Überfahrt nach Südamerika schmiedet Papillon Fluchtpläne, im Gefängnislager angekommen schließt der kräftige Schläger einen Deal mit dem gerissenen, aber körperlich schwächlichen Fälscher Louis Dega (Rami Malek), der eine Menge Bargeld bei sich trägt: Papillon sorgt für Degas Sicherheit, dafür finanziert der die gemeinsame Flucht mit einem eingekauften Boot. Doch die inzwischen zu Freunden gewordenen Entflohenen werden verraten und schnell wieder eingefangen. Da Papillon eine Wache schwer verletzt, kommt er in Einzelhaft, wodurch sein Wille gebrochen werden soll.

    1969 veröffentlichte der ehemalige Gauner und Strafgefangene Henri „Papillon“ Charrière (er trug als Markenzeichen einen tätowierten Schmetterling auf der Brust) seinen autobiografisch geprägten Roman „Papillon“, der zum Weltbestseller wurde. Er vermischte Fakten und Fiktion zu einer mitreißenden Erzählung. Ur-„Planet der Affen“-Regisseur Franklin J. Schaffner (Oscar für „Patton – Rebell in Uniform“) traf mit seiner emotional überwältigenden Verfilmung vier Jahre später genau den Geist des Buches und landete nicht zuletzt dank seiner Superstar-Besetzung einen gigantischen Hit mit 8,5 Millionen Zuschauern allein in Deutschland.

    Während die Erstverfilmung ein echtes Kinoereignis war, kann Michael Noer nicht annähernd mit einem ähnlichen Erfolg rechnen, zumal kaum ersichtlich wird, warum er sich überhaupt an eine Neuauflage gemacht hat. Er hält sich allzu brav an die Eckpunkte der Vorlage und folgt in vielen Details zudem Schaffners Gewichtung der einzelnen Elemente. Das wirkt entsprechend zuweilen fast schon altbacken. Man hätte ruhig etwas mehr Veränderungen vornehmen können, als nur einige Etappen gegen Ende der Fluchtodyssee zu streichen, sodass der neue Film letztlich rund eine Viertelstunde kürzer ist als das Original.

    Was die Inszenierung angeht, liefert Noer immerhin grundsolides Handwerk ab. Neben den beeindruckenden Dschungelbildern des Berliner Kameramanns Hagen Bogdanski („Das Leben der Anderen“, „Der Medicus“) überzeugen vor allem die zu wichtigen Teilen an realen Schauplätzen gedrehten Gefängnisszenen – es entsteht ein faszinierender Gegensatz zwischen der betörend schönen Landschaft und dem durch die unmenschliche Härte sowie den puren Sadismus der Wärter und Offiziere geprägten Haftalltag. Der in der rauschhaften Unterwelt von Paris der 1930er Jahre angesiedelte Anfang des Films leidet dagegen unter arg künstlich wirkenden Studiokulissen.

    Wie auch schon im Original stehen in „Papillon“ nicht Gefängnisrituale und Machtspiele im Vordergrund, sondern die individuelle Figurenzeichnung. Freiheitsliebe und Freundschaft – das sind die zeitlosen zentralen Themen. Wenn der harte Hund Papillon auch dieses Mal selbst mit brutalsten Mitteln nicht zu bändigen ist, dann verfehlt das auch 2018 nicht völlig den gewünschten Effekt, aber insgesamt bleiben die Emotionen eher an der Oberfläche. Nur ganz selten erzielt Regisseur Noer eine solch schockierende Wirkung wie in einer Szene zu Beginn, als einem reichen Gefangenen im nächtlichen Halbdunkel die Gedärme herausgedreht werden, weil er dort sein Geld versteckt – und Dega vor Angst fast ebenfalls umkommt.

    Die Hauptdarsteller leisten unterdessen, was zu leisten ist und überzeugen als „Muskel und Hirn“-Kombo. Charlie Hunnam („Pacific Rim“, „King Arthur: Legend Of The Sword“) besitzt zwar nicht das Charisma des King of Cool Steve McQueen, zeigt aber in einigen Einstellungen eine frappierende äußere Ähnlichkeit mit seinem Vorgänger und setzt seine beeindruckende Muckibuden-Physis ein, um der Titelfigur Stärke, Willenskraft und Präsenz zu verleihen. Für ihn wurde auch der Actionanteil im Film durch einige Kampfszenen leicht erhöht. Der auf Underdogs spezialisierte Shooting-Star Rami Malek („Mr. Robot“, „Bohemian Rhapsody“) übernimmt von Dustin Hoffman dagegen nur die runde Nickelbrille und legt dem verschroben-intelligenten Kriminellen Dega vergleichsweise eigenständig an.

    Fazit: Hollywood-Debütant Michael Noer legt mit „Papillon“ ein handwerklich solides und ansprechend gespieltes, aber ansonsten arg zahmes Remake des gleichnamigen Gefängnisflucht-Klassikers vor. Die episch-emotionale Wucht des Originals wird hier nie erreicht.

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