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    What We Become
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    What We Become
    Von Gregor Torinus

    Der Schwedenkrimi ist unter kräftiger dänischer Beteiligung längst zu einem festen Begriff geworden und seit Filmen wie „Verblendung“ nicht mehr nur in der Literatur und im Fernsehen zu Hause. Aber nicht nur Wallander und Co. sorgen für Furore, auch auf dem Gebiet des Horrors tut sich so einiges im ehemaligen Land der Wikinger. So schuf der Schwede Thomas Alfredson mit „So finster die Nacht“ einen auch  psychologisch vielschichtigen Film über eine 12-jährige Vampirin, und mit „When Animals Dream“ gelang dem Dänen Jonas Alexander Arnby ein ungewohnt sensibler Arthouse-Werwolffilm. Deutlich klassischer und robuster fällt dagegen der bei den Fantasy Filmfest Nights 2016 präsentierte Zombie-Apokalypse-Schocker „What We Become“ aus, aber auch das Langfilmdebüt von Arnbys Landsmann Bo Mikkelsen besticht durch seine technisch perfekte Machart und durch seine sorgfältige Figurenzeichnung.

    Der Film mit dem dänischen Originaltitel „Sorgenfri“ ist in einer gleichnamigen Vorstadtsiedlung im Norden von Kopenhagen angesiedelt, die einem Bilderbuch entsprungen zu sein scheint: Es ist Sommer und man spaziert entweder in den nahe gelegenen Wäldern oder trifft sich mit Freunden zum Grillen im Garten. Nur sehr vereinzelt finden sich Hinweise, dass etwas weniger Schönes in der Luft liegt: Mal rauscht im Hintergrund ein Krankenwagen vorbei oder es verschwindet ein kranker Opa. Doch irgendwann ist es mit dem sorgenfreien Leben gänzlich vorbei und die Bevölkerung wird in ihre mittlerweile versiegelten Häuser eingesperrt. In einem dieser Häuser wohnt eine ganz normale vierköpfige Durchschnittsfamilie, aus deren Perspektive die sich zunehmend bedrohlich entwickelnden Ereignisse geschildert werden - in der Krise zeigt sich der wahre Charakter sämtlicher Beteiligter. Und immer häufiger sind draußen Schüsse zu hören.

    Der Staat zeigt vor allem durch schwer bewaffnete Soldaten in den Straßen Präsenz, dies gehört zu den radikalen Maßnahmen der Regierung zur Eindämmung der Seuche, die den Ort erfasst hat. Regisseur und Drehbuchautor Bo Mikkelsen inszeniert die beklemmende Situation mit größtmöglichem Realismus und Detailreichtum, die Sicherheitsvorkehrungen wirken bald ähnlich bedrohlich wie die seltsamen Geräusche, die von den Infizierten zu hören sind. Zu sehen sind diese dagegen sehr lange nicht: Ein Kratzen an der Tür oder ein vorbeihuschender Schatten kündigen das Unheil an, denn statt auf Blutfontänen und auf herausplatzende Gedärme setzt Mikkelsen mehr auf psychologischen Horror. Immer Die anfangs noch leichte Beklemmung steigert er kunstvoll zu einer rasenden Panik und zu nackter Todesangst. Das kulminiert im furiosen letzten Akt, in dem dann die blutrünstigen Zombierotten dann doch noch die Leinwand besudeln. Aber selbst im Angesicht der absoluten Katastrophe bleibt der Film psychologisch stimmig und bezieht gerade aus dem konsequenten Realismus manch bittere Pointe. Einzig das Ende ist nicht wirklich befriedigend. Doch wenn ganz am Schluss erneut der internationale Filmtitel eingeblendet wird und Mikkelsen dazu ein stroboskopartiges Bild- und Tongewitter entfesselt, dann ist dies ein denkwürdiger Moment, der nachhallt: Was aus uns wird.

    Fazit: „What We Become“ ist ein psychologisch stimmiger und atmosphärisch starker Zombiefilm mit Schönheitsfehlern.

    „What We Become“ läuft auf den Fantasy Filmfest Nights 2016 – hier geht’s zum vollständigen Programm.

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