Der beste "Transformers"-Film aller Zeiten!
Von Christoph PetersenAls 2014 zum ersten Mal die Idee aufkam, die Vorgeschichte der späteren Erzfeinde Optimus Prime und Megatron zu erzählen, ergaben erste Berechnungen ein benötigtes Budget von ca. 600 Millionen Dollar. Selbst für einen „Transformers“-Blockbuster viel zu viel. Also blieb nur die Möglichkeit, die auf Cybertron angesiedelte Story stattdessen in einem Animations-Abenteuer zu verarbeiten. Allerdings wusste damals noch niemand, wie das Publikum wohl auf ein vollständig animiertes Prequel zu einer fortlaufenden Live-Action-Reihe reagieren würde. Aber dann ließ der überragende Erfolg von „Spider-Man: A New Universe“ die verbliebenen Fragezeichen verschwinden. Nun kommt „Transformers One“ nach zehn Jahren tatsächlich auf die große Leinwand – und entpuppt sich dort als bislang bester „Transformers“-Kinofilm überhaupt.
Dabei braucht es nur wenige Sekunden, bis „Transformers One“ all jene, die damals mit der originalen Zeichentrickserie (1984 – 87) aufgewachsen sind, auf seine Seite zieht: Orion Pax bricht in ein gewaltiges Archiv ein, um mehr über die wahre Geschichte seines Heimatplaneten herauszufinden. Aber das Videomodul lässt sich nicht auf Anhieb abspielen, also bläst Orion erst einmal kräftig hinein – ein Gag für alle NES/SNES-Geplagten, den jüngere Fans womöglich gar nicht mitbekommen. Aber auch die Michael-Bay-Generation kommt voll auf ihre Kosten, sobald Regisseur Josh Cooley in den Action-Sequenzen ein temporeich-kreatives Spektakel-Feuerwerk entfacht. Und selbst wer bislang noch gar nichts mit den transformierbaren Alien-Robotern am Hut hatte, darf sich auf eine erstaunlich humorvolle und unerwartet emotionale Origin Story freuen.
Transformers brauchen ihre Bots, um sich verwandeln, Waffensysteme nutzen oder besondere Fähigkeiten aktivieren zu können. Aber längst nicht alle Bewohner*innen von Cybertron sind mit einem solchen Bot auf die Welt gekommen – und während die Transformers unter Führung von Sentinel Prime (Stimme im Original: Jon Hamm) in der Hauptstadt Iacon wie Superstars gefeiert werden, muss der Bot -lose Rest des Volkes in den Energon-Minen schuften, um die sich ständig erhöhenden Quoten zu erfüllen. Zu den unter sklavenartigen Umständen beschäftigten Arbeiter*innen zählen auch der rebellische Orion Pax (Chris Hemsworth) und der bei Ärger lieber den Kopf einziehende D-16 (Brian Tyree Henry).
Als die Kumpels gemeinsam mit dem in Einzelgewahrsam irre gewordenen B-127 (Keegan-Michael Key) und ihrer ehemaligen Vorarbeiterin Elita -1 (Scarlett Johansson) entgegen den Regeln an die Oberfläche von Cybertron reisen, stoßen sie dort auf eine gewaltige interplanetarische Verschwörung. Das gesamte Selbstverständnis von Orion Pax und D-16 wird in seinen Grundfesten erschüttert – nur in der Frage, mit welcher Härte man auf diesen Verrat reagieren sollte, driften die Ansichten der besten Freunde, die viele von uns vor allem unter ihren späteren Namen Optimus Prime und Megatron kennen, zunehmend auseinander…
Bei einem Fanscreening in London kündigte Produzent Lorenzo di Bonaventura seinen Film folgendermaßen an: „Wir haben heute einen ganz besonderen Leckerbissen für euch: einen ‚Transformers‘-Film ohne Menschen!“ Tatsächlich konzentrierte man sich zu Beginn der Reihe ja vor allem deshalb auf die Geschichte von Sam Witwicky (Shia LaBeouf), weil man befürchtete, den überdimensionierten Blechbüchsen nicht genügend Gefühle entlocken zu können. Aber Pustekuchen! Womöglich zumindest ein kleines bisschen bei den „X-Men“-Erzfeinden Professor X und Magneto abgekupfert, liefert „Transformers One“ eine hochemotionale Origin Story, bei der man wesentlich mehr mitfiebert als bei allen „Transformers“-Abenteuern zuvor.
Die Franchise-Verantwortlichen haben deshalb auch schon Lehren für die kommenden Live-Action-Filme angekündigt: Nun, da „Transformers One“ so positive Reaktionen eingefahren hat, hätte man endlich das nötige Selbstvertrauen, auch in zukünftigen Einträgen mehr auf die titelgebenden Alien-Roboter und weniger auf ihre menschlichen Co-Stars zu setzen. Wir können das nur unterstützen – zumal neben den Emotionen auch der Humor viel besser zündet als zuvor: Wirkten die Pointen bei Michael Bay oft eher angestrengt, ist „Transformers One“ tatsächlich verdammt lustig. Selbst der eingestreute Meta-Humor, wenn sich D-16 etwa einen Tattoo-Sticker seines Lieblings-Transformers aufklebt, wirkt hier liebenswert statt selbstverliebt.
Wo Michael Bay noch ständig die Grenzen in Sachen purem CGI-Bombast verschoben hat, lässt sich nun auch Josh Cooley nicht lumpen: Der bei Pixar ausgebildete „Toy Story 4“-Regisseur hat für „Transformers One“ einen völlig neuen Animations-Look entworfen. Wir geben zu: Nach den ersten Trailern waren auch wir – wie so viele – noch skeptisch, ob das wirklich so cool aussieht, wie es sich die Verantwortlichen vielleicht erhofft haben. Aber der erste Eindruck täuscht, denn über die volle Länge zahlt sich das Risiko definitiv aus – speziell in den Action-Szenen: Ein Transformers-Wettrennen einmal quer durch Iacon, bei dem Orion Pax und D-16 ohne Bots eigentlich nicht den Hauch einer Chance haben dürften, erweist sich dabei nur als erstes von mehreren Highspeed-Highlights.
Fazit: Vor zehn Jahren mag es noch wie eine Schnapsidee geklungen haben, eine aktive Live-Action-Blockbuster-Reihe parallel mit Animations-Kinofilmen zu begleiten. Aber nach „Spider-Man: A New Universe“, „Spider-Man: Across The Spider-Verse“ und „Transformers One“ steht fest: Was Besseres hätte den beiden Franchisen kaum passieren können!