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    Borderlands
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Borderlands

    Ein Fiasko mit Ansage

    Von Christoph Petersen

    Einige der Sets und Kostüme sind tatsächlich ganz cool. Aber das sind leider auch die letzten positiven Worte, die in dieser Kritik fallen werden. „Borderlands“ ist einer dieser Filme, wo erst in den Jahren nach dem Kinostart langsam ans Licht kommen wird, was bei der Produktion tatsächlich alles schiefgelaufen ist. Dabei ist die Liste schon jetzt lang genug: Nach den Dreharbeiten inmitten der Covid-Pandemie im Sommer 2021 dauerte es geschlagene drei Jahre, bis die ca. 115 Millionen Dollar teure Verfilmung der gleichnamigen Videospielreihe nun tatsächlich auf die Leinwand kommt. In der Zwischenzeit ließ nicht nur Drehbuchautor Craig Mazin („The Last Of Us“) seinen Namen entfernen, auch Regisseur Eli Roth stand – offiziell wegen Terminüberschneidungen mit seinem Feiertags-Slasher „Thanksgiving“ – für die angesetzten Nachdrehs nicht zur Verfügung. Stattdessen ist Produzent und „Deadpool“-Regisseur Tim Miller für den „Hostel“-Schöpfer eingesprungen.

    Aber hey, die zugrundeliegende Looter-Shooter-Reihe mit dem unverkennbaren Cel-Shading-Look ist ja vor allem für ihr anarchisches Chaos berühmt-berüchtigt. Da könnte sich ein gewisses Drunter und Drüber bei der Produktion durchaus auszahlen. Vielleicht springt ja sogar ein anachronistischer Kultfilm wie „Super Mario Bros.“ von 1993 dabei heraus? Aber Pustekuchen! Was alle Gamer*innen bereits nach der Ankündigung, dass die Verfilmung der ultrabrutalen und superzynischen Vorlage auf jugendfrei getrimmt werden soll, befürchtet haben, ist nun tatsächlich eingetreten: „Borderlands“ würde gerne der nächste „Guardians Of The Galaxy“ sein, entpuppt sich stattdessen aber als Kiddies-Version von „Mad Max“ – mit sinnbefreiter Story sowie Stars ohne Charme und Chemie. Aber der Tiefpunkt bleiben die vollständig verhackstückten Actionsequenzen, bei denen man jederzeit erkennen kann, dass beim Schnitt die nachträglich angestrebte Jugendfreigabe stets wichtiger war als die Kohärenz des Geschehens (oder der Spaß des Publikums).

    © Leonine
    Lilith (Cate Blanchett) erkennt schnell, dass hinter der vermeintlichen Entführung von Tiny Tina (Ariana Greenblatt) mehr steckt, als ein profanes Kidnapping.

    Die Eridianer sind eine längst ausgestorbene Alien-Rasse. Aber ihre hinterlassenen Waffen und Ausrüstungsgegenstände sind das Nonplusultra in den „Borderlands“-Spielen. Im Film wiederum dreht sich alles um eine versteckte Kammer auf dem Planeten Pandora, in der die Eridianer ihre wertvollsten Schätze für die Nachwelt versteckt haben sollen: Allerdings ist es alles andere als leicht, die Kammer zu finden, und noch schwerer, sie zu öffnen. Der ruchlose Geschäftsmann Atlas (Edgar Ramírez) hat sich deshalb extra eine Tochter mit eridianischen Genen klonen lassen – aber bevor er Tiny Tina (Ariana Greenblatt) wie geplant als Türöffner einsetzen kann, wird sie von Atlas‘ bestem Soldaten Roland (Kevin Hart) vermeintlich gekidnappt.

    Atlas‘ heuert Lilith (Cate Blanchett) an, um seine Tochter zurückzuholen. Zum ersten Mal seit ihrer Kindheit reist die berüchtigte Kopfgeldjägerin deshalb auf ihren Heimatplaneten Pandora, wo sie direkt auf einen dauerquasselnden Roboter namens Claptrap (Stimme im Original: Jack Black, in der deutschen Synchro: Chris Tall) trifft. Der blecherne Nervbolzen scheint aus einem unerfindlichen Grund darauf programmiert zu sein, Lilith bei ihrer Mission zu helfen. Und auch Lilith‘ einstige Ziehmutter Tannis (Jamie Lee Curtis), mit der sie seit vielen Jahren ganz bewusst keinen Kontakt mehr gehabt hat, scheint über essenzielles Wissen für das Aufspüren der Alien-Kammer zu verfügen…

    Inzwischen weiß man, wie’s besser geht

    Hinterher ist man immer schlauer. Deshalb finde ich es auch selten überzeugend, wenn ich irgendwo lese, dass es doch von vorneherein auf der Hand lag, dass ein Film aus Grund X oder Y zum Scheitern verurteilt war. Aber im Fall von „Borderlands“ fällt es schwer zu verstehen, warum sich das US-Studio Lionsgate ausgerechnet einen so superzynischen FSK-18-Titel mit einem sehr speziellen Nischen-Appeal ausgesucht hat, um daraus ein hoch budgetiertes Fantasy-Action-Abenteuer für die ganze Familie zu formen? Vielleicht wusste man es 2021 tatsächlich noch nicht besser. Aber es ist sicher, dass die Verantwortlichen diese Entscheidung spätestens nach dem Erfolg der „Fallout“-Serie, in der in Sachen Gore und Sarkasmus eben gerade keine Abstriche zugunsten einer vermeintlichen Mainstream-Tauglichkeit gemacht wurden, heute so ganz sicher nicht mehr treffen würden.

    Aber okay, dann ist „Borderlands“ eben kein Film für Gaming-Fans, sondern für alle, die nach dem Trilogie-Finale „Guardians Of The Galaxy 3“ noch immer Bock auf kunterbunt-temporeiches Weltall-Chaos haben. Nur versagt „Borderlands“ leider auch in diesem Genre völlig. Angesichts der vielen einzuführenden Figuren ist der Film mit nur 101 Minuten erstaunlich kurz geraten – und vieles deutet darauf hin, dass er in den drei Jahren seit Drehschluss mehr schlecht als recht auf diese Länge zurechtgestutzt wurde: Ein Großteil des Einstiegs geschieht per Off-Kommentar, der mit kurzen Ausschnitten aus Szenen unterlegt ist, die sicherlich ursprünglich mal komplett gedreht wurden. Das wirkt derart holprig, dass man von Beginn an keine nennenswerte Verbindung zu den Charakteren aufbaut – zumal der anarchische Humor der Vorlage im Film auch noch auf pubertäre Rohrkrepierer reduziert wird: Speziell Claptrap strapaziert mit seinem aggressiv-nervenden Geplapper die Geduld des Publikums – und das liegt nicht mal unbedingt zuallererst an der Synchro von Chris Tall.

    © Leonine
    In den Spielen ist Claptrap ein Fanfavorit – in der Verfilmung geht er einem vor allem auf die Nerven.

    Zudem wurde die Entscheidung für ein PG-13-Rating endgültig wohl erst nach den Dreharbeiten getroffen (warum sollte man sonst auch einen Gore-Spezialisten wie Eli Roth als Regisseur anheuern). So offenbarte erst vor kurzem einer der Stuntleute des Films, dass er auf eine ungeschnittene Version von „Borderlands“ hofft. Schließlich hätte man am Set auch Köpfe explodieren und Körperteile abschießen lassen, immer mit dem Ziel einer Freigabe nur für Erwachsene im Hinterkopf. Aber das größte Problem ist auch hier gar nicht, dass die Verfilmung so der Vorlage nicht gerecht wird, sondern im Schnitt so einfach das Material fehlte, um kohärente Actionszenen auf die Beine zu stellen.

    Alles wirkt komplett wirr: Immer wieder sieht man Leute, die mit ihren Knarren um sich ballern – aber viel seltener sieht man, auf wen sie eigentlich schießen oder gar treffen. Ist ja auch logisch: An diese Stellen hätten dann die platzenden Köpfe gehört, die nun aber nicht mehr verwendet werden durften. Ob die ursprüngliche Vision von Eli Roth etwas getaugt hätte oder nicht, lässt sich nicht sagen, insgesamt spricht wohl mehr dafür, dass sie ebenfalls alles andere als ein großer Wurf gewesen wäre. Aber die jetzige Fassung von „Borderlands“ fühlt sich an wie eine leere Hülle, die nur gerade so überhaupt als Kinofilm durchgeht.

    Fazit: Über den „Borderlands“-Kinofilm wird man noch in Generationen sprechen – aber leider aus den völlig falschen Gründen.

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