Zum Zeitpunkt der Pressevorführung von „Emoji – Der Film“ kam das Animationsabenteuer bei den Kritikensammlern von Rotten Tomatoes auf sage und schreibe null (!) Prozent positive Rezensionen (bei immerhin 22 zitierten Texten), während die konkurrierende Plattform Metacritic, bei der jede einzelne Kritik mit einem Wert von bis zu 100 Punkten versehen wird, einen Durchschnitt von sieben errechnete. Und auch beim Publikum kommt der Film alles andere als gut an: Bei der Internet Movie Database, wo jeder Zuschauer seine persönliche Wertung abgeben kann, erreichte „Emoji – Der Film“ gerade einmal 1,5 von 10 Punkten. Nun gehen wir zwar immer so unbefangen wie möglich an eine Filmbesprechung heran, doch die Indizien sprachen ziemlich deutlich für einen Rohrkrepierer. Umso leichter hätten es Regisseur Tony Leondis („Igor“) und seine Co-Autoren Eric Siegel („Amateur Night“) und Mike White („Nacho Libre“) gehabt, uns positiv zu überraschen. Denn wo die Erwartungshaltung im Keller ist, reicht eben schon recht wenig, damit man den Kinosaal halbwegs zufrieden verlassen kann. Doch was sich bereits mit den an einen billigen Abklatsch der charmanten „Ralph reicht’s“-Idee erinnernden Trailern ankündigte, erweist sich bei der Betrachtung des Gesamtwerks als noch weitaus ernüchternder. Mit Ausnahme eines euphorischen Christoph Maria Herbst, der vermutlich auch das Telefonbuch so vorlesen könnte, dass vor der Leinwand alle ihren Spaß haben, dominieren in „Emoji –Der Film“ eine absolut lieblose Erzählung, nahezu durchgehend im Nichts verpuffende Gags und Figuren, die es eigentlich gar nicht verdienen, überhaupt als solche bezeichnet zu werden.
Im Smartphone des Teenagerjungen Alex herrscht reges Treiben. In einer Welt namens Textopolis leben alle Emojs friedlich zusammen und haben nur eine einzige Aufgabe: im richtigen Moment ausgewählt und in einer Textnachricht genutzt zu werden. Auch Gene (Stimme im Original: T.J. Miller / deutsche Stimme: Tim Oliver Schultz) ist einer von ihnen. Seine Aufgabe als „Mäh“-Emoji ist es, tagein, tagaus möglichst gelangweilt dreinzublicken. Das Problem: Gene wurde ohne Filter geboren und kann seine Mimik nicht kontrollieren. Wenn er glücklich ist, lacht er, wenn er traurig ist, weint er und wenn er wütend ist, verzieht sich sein Gesicht zu einer bösen Fratze. Als er durch diesen Programmierfehler eines Tages ganz Textopolis in Aufruhr versetzt, begibt er sich mit seinem besten Freund Hi-5 (James Corden / Christoph Maria Herbst) auf eine abenteuerliche Reise quer durch Alex‘ Smartphone, um jenen Code zu finden, der Genes „Defekt“ reparieren kann. Unterwegs treffen sie das Codebrecher-Emoji Jailbreak (Anna Faris / Joyce Ilg), das ihnen bei diesem gefährlichen Unterfangen helfen soll. Doch die Zeit drängt: Alex hat nämlich einen Termin im Handyladen gemacht, wo sämtliche Daten von seinem Smartphone gelöscht werden sollen.
Die auch in „Emoji – Der Film“ variierte Aussage „Sei stolz darauf, wer du bist und lass dich nicht verbiegen, nur um Anderen zu gefallen!“ ist zwar gerade im Familienfilmsegment nicht besonders originell. Aber gleichzeitig ist sie zeitlos und lässt sich universell verpacken. Stellt man den Individualitätsappell, der sich dahinter verbirgt, allerdings einmal die Prämisse von „Emoji – Der Film“ gegenüber, verliert er deutlich an Überzeugungskraft. Denn die einst in Japan erfundenen Smileys, mit denen wir in unserem täglichen Schriftverkehr den Ausdruck von unterschiedlichen Gefühlen imitieren, sind ja nun mal dazu da, exakt eine einzige Emotion zum Ausdruck zu bringen – und nichts anderes. In „Ralph reicht’s“ ließen die Macher ihre ebenfalls rein zweckmäßig gebrauchten Figuren ab dem Moment eine ganz eigene Persönlichkeit entwickeln, in denen die Spielekonsole ausgeschaltet wird. In „Emoji – Der Film“ hingegen bleiben die Charaktere auch abseits ihrer Verwendung eindimensional und definieren sich einzig und allein darüber, wofür sie programmiert wurden. Das hat zur Folge, dass man im Falle von solchen Nebenfiguren wie dem Kackhaufen (in der Originalfassung von Patrick Stewart gesprochen) oder Hi-5 versucht, die Nicht-Existenz von Charaktertiefe mit der Dauerbeschallung durch von zur Figur passenden Wortwitzen auszugleichen. Doch nachdem sich ganz zu Beginn noch ein wenig darüber schmunzeln lässt, wie oft man die Worte „Kacke“ oder „Scheiße“ im vermeintlichen inhaltlichen Zusammenhang verwenden kann, ohne sich dabei zu wiederholen, sind die „Pointen“ so zahnlos und das Timing so schlecht, dass einen diese Gags alsbald ermüden.
Am ehesten gefallen an „Emoji – Der Film“ noch eine Handvoll visueller Spielereien. Den Machern gelingt es, bekannte Apps wie Instagram, YouTube oder Candy Crush in ansprechende dreidimensionale Welten umzuwandeln. So paddeln Gene und seine Freunde schon mal auf den Musikströmen von Spotify von A nach B oder werden mit Spam und Internettrollen konfrontiert. Gleichzeitig hinterlässt das unverhohlene Product Placement einen schalen Beigeschmack – etwa wenn Jailbreak Spotify ungeniert als „beste Musikapp von allen“ vorstellt. Inhaltlich relevant sind ohnehin nur die Abstecher zu YouTube und zur Dropbox-App – und genau hier lassen sich in „Emoji – Der Film“ dann auch die wenigen gelungenen Momente innerhalb der Erzählung ausmachen. Wie Gene die ihn und seine Freunde jagenden Viren mit einem Katzenvideo ablenkt oder wie Hi-5 versucht, an das Passwort zur Firewall zu gelangen, ist kurzweilig und amüsant. Ansonsten schleppen sich die drei Protagonisten von Programm zu Programm, erleben jeweils ein kurzes Abenteuer und erreichen ihr Ziel schließlich mit der Erkenntnis, dass Gene fortan doch einfach weiterhin er selbst bleiben kann – nur eben als multiemotionales Emoji, das ganz nebenbei auch noch Handybesitzer Alex in die Arme seiner Traumfrau treibt.
Den Menschen wird in „Emoji – Der Film“ indes kaum Beachtung geschenkt. In einer kurzen Eröffnungssequenz erklärt Gene, wie wichtig seine Emoji-Kollegen und er für die Teenager von heute sind, das bleibt im Film aber letztlich reine Behauptung, denn anschließend kommen Alex und sein Umfeld nur noch für wenige Sekunden vor. Weder die Bedrohung durch die bevorstehende Neuinstallation, noch Alex‘ Schwärmerei für seine Klassenkameradin werden ausreichend in die sich im Smartphone selbst abspielende Handlung integriert. Mit Ausnahme von Lichtblick Christoph Maria Herbst („Stromberg – Der Film“) können auch die Sprecher die eklatanten erzählerischen Defizite nicht ausgleichen. So kommt auch der in „Die Schlümpfe – Das verlorene Dorf“ noch so überragende Tim Oliver Schultz als Gene nicht über ein hörbares Bemühen hinaus, während man Joyce Ilg als Jailbreak durchgehend anmerkt.
Fazit: Mit Ausnahme einiger schöner visueller Ideen ist „Emoji – Der Film“ der Inbegriff von witz- und seelenlosem Animationskino. Wir wissen genau, welchen Emoji wir dafür vergeben würden…