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    Chevalier
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Chevalier
    Von Harald Ringel

    „Chevalier“, der dritte Film der als Erneuerin des griechischen Films gefeierten Regisseurin Athina Rachel Tsangari („Attenberg“), könnte auf den ersten Blick eine lupenreine Komödie sein. Bei näherem Hinsehen handelt es sich aber um eine in ihrem Verlauf des Films immer absurder werdende Satire, in der dem männlichen Teil der (griechischen) Gesellschaft ein Spiegel vorgehalten wird – mit wenig schmeichelhaftem Ergebnis für die Entlarvten: Sechs Männer unterschiedlichen Alters und aus verschiedenen sozialen Schichten gehen an Bord einer Luxus-Yacht in der Ägäis, um ein verlängertes Wochenende mit Tiefseefischerei zu verbringen. Doch schnell verlieren sie das Interesse am Angeln und messen sich lieber bei immer härter und persönlicher werdenden Aufgaben. Das Spektrum der Wettbewerbe reicht von Bastelspielen wie dem Zusammenbauen eines Ikea-Pakets über physische Herausforderungen beim Tauchen bis zum Messen der Penislänge und dem medizinischen Vergleich der Blutwerte. Dem Besten in diesem zunehmend verbissen geführten Konkurrenzkampf winkt der Chevalier, ein wertvoller Siegelring aus dem Besitz des gastgebenden Doktors (Yorgos Kendros).

    Anhand der immer bösartigeren und brutaleren Aufgaben zeigt die Regisseurin, wie schnell Männer bereit sind, alle Skrupel über Bord zu werfen, auch wenn es nur um ein Spiel geht. Das ist anfangs durchaus amüsant anzusehen, aber je stärker die dunklen Seiten der männlichen Psyche zum Vorschein kommen, desto unangenehmer wird auch das Zusehen. Ungeachtet aller Zuspitzungen entsteht dabei ein durchaus schlüssiges kollektives Psychogramm des vermeintlich starken Geschlechts und ganz nebenbei macht Tsangari auch noch die wachsenden sozialen Kluften in der griechischen Gesellschaft sichtbar. Das überzeugende Schauspieler-Ensemble sorgt im Takt eines clever zusammengestellten Soundtracks - vom nostalgischen Petula-Clark-Oldie bis zu hämmernden Techno-Beats werden stets passende, wenn auch zuweilen allzu offensichtliche Akzente gesetzt - dafür, dass die Figuren und damit auch die Handlung nie vollständig die Bodenhaftung verlieren. So wird der schnörkellos und auf Dauer etwas eintönig inszenierte „Chevalier“ letztlich zu einer ambivalenten Seherfahrung voller bitterer, komischer und auch widersprüchlicher Wahrheiten.

    Fazit: Athina Rachel Tsangari entlarvt in ihrer Satire den schnell aus dem Ruder laufenden Machismo der männlichen Bevölkerung und richtet den Blick zugleich auf die immer weiter auseinanderklaffende soziale Schere in Griechenland.

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