Die Enthüllungen von Edward Snowden und die anschließende NSA-Affäre sensibilisierten die breite europäische Öffentlichkeit im Sommer 2013 so stark wie nie zuvor für das Thema Datenschutz, insbesondere im Internet. So kam auch die in Brüssel geführte Diskussion um ein EU-weites Datenschutzgesetz wieder in Schwung. Die zuständige Kommissarin Viviane Reding hatte bereits im Januar 2012 eine europäische Datenschutzreform angestoßen, nach der unter anderem auch US-amerikanische Firmen, die ihre Daten außerhalb der EU verarbeiten, aber ihre Dienste auch dort anbieten, dem EU-Recht unterstellt werden sollten. Von diesem Moment an begleitete der Filmemacher David Bernet („Raising Resistance“) den zähen demokratischen Prozess der Gesetzgebung über einen Zeitraum von zwei Jahren. Im Verlauf der Verhandlungen zwischen dem Europäischen Parlament und dem EU-Ministerrat prallen nicht nur verschiedene politische und juristische Ansichten aufeinander, sondern auch die Interessen von Wirtschaftslobbyisten und Bürgerrechtlern. Vertreter aller beteiligten und interessierten Gruppen kommen im Film zu Wort und es ist nicht zuletzt diesen Zeugnissen aus erster Hand zu verdanken, dass die Dokumentation „Democracy – Im Rausch der Daten“ mehr als nur einen informativen Einblick ins Innere der EU liefert. Durch die geschickte Anordnung und Verdichtung des üppigen Materials macht Regisseur Bernet aus dem Film einen fesselnden Politkrimi.
Als Protagonisten konnte David Bernet den Grünen-Europaabgeordneten Jan Philipp Albrecht gewinnen, dem der Regisseur hier gleichsam über die Schulter guckt. Der junge Parlamentarier ist ein engagierter Fürsprecher einer Stärkung des Datenschutzes. Das von ihm geforderte Gesetz soll zum Beispiel deutlich die Weitergabe von persönlichen Daten an Dritte und die Nutzung der Daten für Werbezwecke erschweren. Um sein Ziel zu erreichen, führt Albrecht Verhandlungen, geht Kompromisse ein und verzweifelt bisweilen an den schwerfälligen Prozessen in Brüssel. Somit stehen die Erfahrungen des Protagonisten, mit dem Bernet zweifelsohne sympathisiert, auch pars pro toto für die verzwickten Widrigkeiten und Widersprüche auf dem politischen Parkett in Brüssel. Indem er sich mit sachlichen Schwarz-Weiß-Aufnahmen bewusst von den üblichen Nachrichtenbildern abhebt, findet David Bernet die passende filmische Form für seine vielstimmige Dokumentation. Er hat immer mehrere Kameras zugleich im Einsatz und fängt auf diese Weise erstaunlich viele entscheidende Momente ein. Somit ist „Democracy“ ein lebendiges Dokument politischen Handelns und zugleich ein Lehrstück über die demokratische Entscheidungsfindung im Allgemeinen.
Fazit: Aufschlussreicher und spannender Dokumentarfilm über die Mechanismen und die Arbeitsweise von EU-Institutionen am Beispiel der Datenschutzreform.