Wer in einem Kinderfilm einen möglichst großen Realismus anstrebt, der muss zuweilen einen erzählerischen Spagat vollführen: Man will das junge Zielpublikum nicht überfordern, zugleich gilt es aber auch, die Ansprüche der erwachsenen Begleitpersonen nicht ganz außer Acht zu lassen. Also werden gewisse Dinge vereinfacht und man versucht, ihnen in ihrem Kern dennoch gerecht zu werden. So geht es in Norbert Lechners Mädchenabenteuer „Ente gut! Mädchen allein zu Haus“ zwar um „schwierige“ Themen wie Integration oder den Unterschied zwischen Recht und Unrecht, aber dabei wird durchgehend die Perspektive der kindlichen Protagonistinnen eingenommen. Die Filmemacher finden dennoch einen durchaus überzeugenden Kompromiss zwischen naiv und komplex und damit gelingt ihnen der angesprochene Spagat recht gut.
Die wegen ihrer roten Haare und ihres Klempnervaters auf dem Gymnasium drangsalierte 11-jährige Pauline (Lisa Bahati Wihstutz) überwacht mit ihrem Fernglas die Nachbarschaft in einer Plattenbausiedlung in Halle. Dabei fällt ihr auf, dass in der Wohnung zweier vietnamesischer Mädchen die Mutter nicht mehr zu sehen ist. Als gewiefte Erpresserin drängt sich Pauline in das Leben von Linh (Lynn Dortschack) und Tien (Linda Phuong Anh Dang) und bringt den beiden Schwestern viel Ärger mit wohlmeinenden Polizisten und einer Vertreterin des Jugendamtes (Lena Stolze) ein. Zugleich entwickelt sich aber auch eine Freundschaft zwischen dem krimiverliebten Eindringling und den „Mädchen allein zu Haus“, in der auch der mysteriöse unbekannte Vater (ist es Andreas Schmidt?) der Geschwister eine Rolle spielt.
Nicht nur die kindliche Erzählperspektive, auch die bunte Farbskala und die prägnanten musikalischen Themen sind auf ein junges Zielpublikum im Grundschulalter zugeschnitten. Regisseur Norbert Lechner („Tom und Hacke“) konzentriert sich zudem nicht unbedingt auf einen zentralen Konflikt, sondern reißt seine kleinen Heldinnen durch aufeinander aufbauende, aber ganz unterschiedliche (Mini-)Probleme ins Schlamassel. Streit in der Schule, verschwundenes Geld, Ärger mit dem Jugendamt, die Suche nach dem Vater – es kommt einiges auf die Mädchen zu, und doch behält der Film eine gewisse Leichtigkeit und Unbeschwertheit (Stichwort: Glückskekse). Sehr gelungen ist auch das „vietnamesische Flair“ von „Ente gut!“ und wenn Linh und Tien vorzeitig in die Rollen einer strengen Mutter (mit 11) und eines rebellischen Teenagers (mit 8!) versetzt werden, dann ist das auch für erwachsene Zuschauer sehr amüsant.
Fazit: Emotional-bodenständige Freundschaftsgeschichte mit kleinen Krimielementen, die das Prädikat „Der besondere Kinderfilm“ (so heißt eine Förderinitiative der deutschen Filmwirtschaft) durchaus verdient.