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    Gottes Wege sind blutig
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Gottes Wege sind blutig
    Von Asokan Nirmalarajah

    Tom Holland befindet sich aktuell auf einem Höhenflug. Der 1,73 Meter große Brite mit dem kecken Grinsen absolvierte vergangenes Jahr seinen ersten Auftritt als Spider-Man in „The First Avenger: Civil War“ (2016) und stahl dabei mit flotten Sprüchen und waghalsigen Aktionen seinen etablierten Mitstreitern die Show. Sein erstes Marvel-Solo-Abenteuer „Spider-Man: Homecoming“ hat international ebenfalls voll an den Kinokassen eingeschlagen. Als wollte er selbst für ein möglichst krasses Kontrastprogramm zu dem knallbunten Superhelden-Abenteuer von Marvel sorgen, kommt mit „Gottes Wege sind blutig“ nun ein düsteres Mittelalter-Drama auf den Heimkino-Markt, in dem Holland einen idealistischen Novizen spielt, der aufgrund der Grausamkeit der Menschen um sich herum an seinem Glauben zweifelt. Regisseur Brendan Muldowney („Savage“) erzählt in entsättigten Braun- und Grautönen von der blutigen Pilgerfahrt (so auch der Originaltitel des Films: „Pilgrimage“) einer Gruppe von Mönchen durch die kargen Landschaften Irlands. Die hohe Detaildichte in der Gestaltung von Ort und Zeit sowie die solide Besetzung erfüllt die spannungsarme Handlung aber nicht immer mit genügend Leben.

    Ein heiliges Relikt soll bei einer Pilgerreise seinen Weg von einem irischen Kloster nach Rom finden. Der Transport zu Fuß ist ein besonders langer und beschwerlicher für die mit der Mission betrauten Mönche um Bruder Geraldus (Stanley Weber) – nicht nur aufgrund der fürchterlichen Wetterbedingungen (es pfeift ein eisiger Wind und es regnet andauernd) sowie der schwierigen Pfade, die zuvor kein Mensch betreten hat. Die kleine Männergruppe, darunter so verschiedene Typen wie der im Schwertkampf geübte Stumme (Jon Bernthal) und der blauäugige Novize Diarmuid (Tom Holland), muss sich auch an finsteren Zeitgenossen vorbeischlagen, die es auf das Relikt abgesehen haben...

    Was zunächst mal nach einem historischen Reisefilm mit gelegentlichen Schwertkämpfen klingt (etwas in die Richtung verspricht auch das DVD-Cover), entpuppt sich als nüchternes Drama, bei dem der Unterhaltungswert oft hinter dem verkopften Anspruch der Filmemacher zurücktritt, die Zuschauer so authentisch wie möglich in eine bedrückende Vergangenheit zu versetzen. Diese ferne Zeit wirkt allerdings so fremd und die ganze Welt des Films bleibt so unzugänglich und abgeschottet, dass sich das gesamte Filmgeschehen abgesehen vom rein Faktischen kaum wirklich erschließt, denn eine klare Dramaturgie oder interessant ausgearbeitete Figuren gibt es hier nicht. Das Projekt ist ein entschieden sperriges Unterfangen, bei dem die Filmemacher bewusst versuchen, sich den Genre-Konventionen des Mittelalter-Reisefilms zu entziehen.

    Erkennbare filmische Vorbilder sind am ehesten solche Survival-Geschichten vor berauschend-feindlicher Naturkulisse wie Werner Herzogs „Aguirre, der Zorn Gottes“ oder Nicolas Winding Refns „Valhalla Rising“, doch die unglaubliche Intensität dieser Filme erreicht „Gottes Wege sind blutig“ auch aufgrund einer Optik, die vor allem das geringe Produktionsbudget zu verschleiern versucht, nur selten. Am besten gelingt das noch in den vereinzelten ausgedehnten Kampfsequenzen in einem Wald und im Finale an einem gottverlassenen Strand, wo vor allem Jon Bernthal seine imposante Physis voll ausspielen kann. Der künftige Punisher hat sich übrigens während der Arbeit an „Gottes Wege sind blutig“ erfolgreich bei Marvel beworben, genau wie Tom Holland, der fast zeitgleich als neuer Spider-Man engagiert wurde.

    Holland und Bernthal führen die durchweg engagierte Besetzung an und mühen sich wie ihre Kollegen mit einem Skript ab, in dem Szene zu Szene zwischen Irisch-Gälisch, Latein, Französisch und modernem Englisch hin und her gesprungen wird. Das Ergebnis sind besonders schwerfällige Diskussionen über die Grausamkeit der Natur und die Indifferenz Gottes, die von einem solchen betonten Schwermut geprägt sind, dass man nicht unbedingt mitfiebert, ob diese melancholischen Gesellen ihre Mission erfolgreich abschließen werden. Da kann auch die ansonsten stimmige Kombination aus atmosphärisch dichter Inszenierung und unruhig brodelnder Musik nur bedingt drüber hinweghelfen. Am Ende ist man kaum schlauer als am Anfang, aber doch froh, dass man nicht in Irland um das Jahr 1300 nach Christus lebt.

    Fazit: „Gottes Wege sind blutig“ ist ein ambitioniertes, aber letztendlich unbefriedigendes Kleinod für Mittelalter-Fans – nur wer Atmosphäre und Detailverliebtheit sehr viel mehr schätzt als eine mitreißende Geschichte, wird sich in der düster-kargen Welt von Brendan Muldowney wohlfühlen.

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