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    Männertag
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Männertag
    Von Antje Wessels

    Dennis Dugan hat es 2010 mit seiner Adam-Sandler-Komödie „Kindsköpfe“ vorgemacht: Einfach nur einem Haufen Männern dabei zuzuschauen, wie sie trotz ihres gehobenen Alters noch einmal so richtig die Sau rauslassen, kann im Kino durchaus richtig Spaß machen. Eine ausgeklügelte Story oder besonders gut ausgefeilte Charaktere braucht es da gar nicht. Ein ähnliches Szenario, sechs Jahre später: Der deutsche Regisseur Holger Haase („Da geht noch was!“) greift für seine Komödie „Männertag“ auf ein nahezu identisches Konzept zurück und vereint vier ehemalige Schulfreunde, die sich zehn Jahre nach ihrem letzten Treffen bei der Beerdigung ihres Kumpels Dieter wiedertreffen, der seinem Lebensstil entsprechend umgekommen ist (schon in Jugendtagen wäre er fast an einer Kröte erstickt, die er wegen ihrer berauschenden Wirkung ablecken wollte). Das Problem: Während die Eskapaden der Chaos-Truppe um Adam Sandler, Kevin James & Co. vor allem deshalb Spaß machen, weil man mit den von ihnen verkörperten Kumpel-Typen einfach gerne abhängt, besteht der „Männertag“-Trupp überwiegend aus wenig sympathischen Egozentrikern, deren Vatertags-Trip auch nur leidlich amüsant gerät. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Regisseur Haase nach rund der Hälfte des Films plötzlich eine ganz andere, wenig überzeugende neue Richtung einschlägt.

    Zu Schulzeiten waren Stevie (Milan Peschel), Chris (Tom Beck), Klaus-Maria (Axel Stein), Peter (Oliver Wnuk) und Dieter (Kida Khodr Ramadan) eine eingeschworene Clique. Seither sind zehn Jahre vergangen und ihre Wege haben sich getrennt. Als Dieter bei einem missglückten Selbstmordversuch ums Leben kommt, treibt es die ehemaligen Freunde zur Beerdigung ausgerechnet am Vatertag wieder zusammen. In seinem Testament hat Dieter ihnen ein selbst zusammengeschraubtes Bier-Bike vermacht und den Auftrag erteilt, seine Asche an einem See zu verstreuen, an dem die Truppe einst den schönsten Sommer ihres Lebens verbrachte. Auch Stevies schüchterner Sohn Paul (Chris Tall) und Chris‘ heimlich in ihn verknallte Managerin Andrea (Lavinia Wilson) schließen sich den Männern an. Was als feuchtfröhlicher Feiertagstrip beginnt, stellt die Beziehung zwischen den Freunden schon bald auf eine harte Probe. Und auch ein alter Feind kehrt zurück: Andi Mauz (Hannes Jaenicke) hat den Jungs schon zu Schulzeiten das Leben schwergemacht und zieht nun mit seiner germanischen Reenactment-Gruppe mit Schwertern, Schilden und selbstgemachtem Met durch den Wald…

    Nach 90 Filmminuten ist klar, dass „Männertag“ seinen komischen Höhepunkt bereits im Prolog erreicht hat, wenn sich der todkranke Dieter in seiner Garage aufzuhängen versucht: Ganz nach Murphys Gesetz, laut dem alles, was schiefgehen kann, auch schiefgehen wird, zerbricht erst der Stuhl, bevor der selbstgebastelte Galgen den Geist aufgibt und Dieter schließlich von vom Regal rollenden Weinfässern erschlagen wird. An dieses Slapstick-Highlight reicht „Männertag“ anschließend nie wieder heran. Stattdessen lässt der koksende Vorzeige-Macho Chris andauernd vulgäres Vokabular vom Stapel, der feminine Peter will seinen Freunden ein Geheimnis offenbaren, wird aber im letzten Moment immer wieder abgewürgt, und Lehrer Stevie versucht seine Umgebung mit trockenen Schulanekdoten zu unterhalten. Dass einen das alles nicht weiter interessiert, liegt gar nicht so sehr daran, dass die Figuren allesamt klischeehafte Abziehbilder bleiben und vom Zuschauer nach ihren ersten Auftritten durchschaut sind, sondern vielmehr daran, dass sie einfach nicht harmonieren. Heißt es doch eigentlich, dass sich Gegensätze anziehen, stoßen sich die grundverschiedenen Protagonisten hier tatsächlich ab: Dass seit dem letzten Treffen zehn Jahre vergangenen sind, glaubt man sofort. Nur dass die Freunde damals tatsächlich eine eingeschworene Gemeinschaft waren, das Gefühl bekommt man nie. Daran ändert sich selbst dann nichts, wenn der Film seinen Sauftag-Proletenhumor schließlich hinter sich lässt, um stattdessen den Wert wahrer Freundschaft zu unterstreichen.

    Von allen Figuren noch am ausführlichsten beleuchtet wird dabei TV-Star Chris, der in seiner Vorabendserie einen perfekten Familienvater verkörpert, aber in Wahrheit ein ziemliches Drogenwrack ist. Dabei spielt sich der ehemalige „Alarm für Cobra 11“-Star nicht nur mit seinem konsequenten Overacting unangenehm in den Vordergrund (es wirkt fast, als agiere er in einem anderen Film als die übrigen Schauspieler), auch seine schwulen- und frauenfeindlichen Parolen machen Chris sukzessive zu einem echten Ekel – und zwar in einem solchen Maße, dass wir ihn nicht einfach wieder liebhaben, nur weil der Film am Ende plötzlich einen auf Eitelsonnenschein macht. Chris' Opfer Nr. 1 ist der von „Stromberg“-Star Oliver Wnuk angenehm zurückhaltend verkörperte Peter, dem das Autorenduo Ilja Haller und Philip Voges („Irre sind männlich“) zumindest ein süß inszeniertes Coming-Out gönnt, bevor auch dieser intime Moment alsbald von dummen Späßen und wüsten Beleidigungen unterbrochen wird.

    Im finalen Drittel wird es dann deutlich ruhiger, wenn der Regisseur plötzlich versucht, die vorab versäumte Charakterzeichnung im Schlussakt nachzuholen – viel zu spät, um den Zuschauer noch emotional zu packen. Zumal man den Machern ein ehrliches Interesse an ihren Figuren eh nicht abkauft. Die schwere Drogenabhängigkeit von Chris wird für das obligatorische Happy End einfach fallengelassen und auch die übrigen Charaktere werden lediglich mit angeklatschten Allgemeinplätzen abgefertigt: Am überflüssigsten ist Stevies Wandlung zum Pädagogen-Indiana-Jones, während man die Lösung für die Schreibblockade von Möchtegern-Autor Klaus-Maria zwar schon nach fünf Minuten kommen sieht, was sie aber auch nicht besser macht. Dann doch lieber volle Kanne ehrlichen Saufhumor wie in „Voll normaaal“ als solche aufgesetzte, für keine Sekunde wahrhaftige Rührseligkeit.

    Fazit: Holger Haases Vatertags-Komödie „Männertag“ setzt zunächst auf die volle Packung Proletenhumor und wird im letzten Drittel plötzlich überraschend rührselig. Dazwischen sticht Tom Beck mit einer eher nervigen One-Man-Show heraus. Aber immerhin nimmt man von ihm wenigstens Notiz - anders als von seinen Kollegen Axel Stein und Milan Peschel, die sich hier weit unter Wert verkaufen.

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